langt, und wir haben gezeigt, wie ansehnlich das Regi- ster der Greise von London sey (i).
Hier können wir uns auch derjenigen Anmerkung bedienen, welche uns lehrt (k), daß das Verhältniß der Verstorbenen zu den Lebendigen in den Städten viel grös- ser, und in den Dörfern oft sehr klein sey. Diese Sache hat ihre völlige Richtigkeit, sie hängt aber von andern Ursachen ab. Jch lebe nunmehr auf meinem Felsen bereits ins sechste Jahr, der Ort ist gesund, und ich habe innerhalb eines Jahres, ob er gleich sechs und vier- zig Feuerstellen enthält, niemand mit Tode abgehen ge- sehen, nicht weil die Einwohner dieses kleinen Landstri- ches unsterblich sind, sondern weil das Land die Solda- ten, Bediente, Künstler liefert, und die Bauerssöhne in den Städten, bei den Armeen und Flotten angewandt werden, sie sterben in denjenigen Ländern, wo sie ihr Brodt finden, und man trägt also ihre Namen nicht in die Register ihres Kirchspiels ein. Dieser Gewohnheit folgen nicht die Städte, sie geben keinen Menschen dem Dorfe ab, wenn ich die obrigkeitlichen Personen und die Landprediger ausnehme, deren es überhaupt doch nur wenig giebt. Folglich wachsen die Stadtregister vom Verluste der Dörfer.
Daß zwischen den Gemüthsgaben, und einem lan- gen Leben keine Verbindung sey, erinnert Franz Bacon hin und wieder (l), und es machen die neuern Amster-
dam-
(i)[Spaltenumbruch]p. 98 99.
(k) Jn den Städten stirbt der dreißigste, auf den Dörfern der sechszigste. MENANDER abostat. p. 22. 23. Auf dem Dorfe Brigh- thelmstone, so sehr gesund, stirbt von Lebenden . RELHAM p. 36. Zu London , und auf den Dör- fern der Lebenden alle Jahre SVSSMILCH. Jn der Stadt Gi- [Spaltenumbruch]
theo waren bei 3453 zugleich leben- den Bürgern, 80 Leichen, oder 1 zu 43. welches das gröste Ver- hältniß bei den Lebenden ist. BER- GIUS sörsök. diese Proportion ist auch in der Schweiz, und zu To- louse. Mem. de savans etrang. IV. p. 121.
(l)p. 155.
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
langt, und wir haben gezeigt, wie anſehnlich das Regi- ſter der Greiſe von London ſey (i).
Hier koͤnnen wir uns auch derjenigen Anmerkung bedienen, welche uns lehrt (k), daß das Verhaͤltniß der Verſtorbenen zu den Lebendigen in den Staͤdten viel groͤſ- ſer, und in den Doͤrfern oft ſehr klein ſey. Dieſe Sache hat ihre voͤllige Richtigkeit, ſie haͤngt aber von andern Urſachen ab. Jch lebe nunmehr auf meinem Felſen bereits ins ſechſte Jahr, der Ort iſt geſund, und ich habe innerhalb eines Jahres, ob er gleich ſechs und vier- zig Feuerſtellen enthaͤlt, niemand mit Tode abgehen ge- ſehen, nicht weil die Einwohner dieſes kleinen Landſtri- ches unſterblich ſind, ſondern weil das Land die Solda- ten, Bediente, Kuͤnſtler liefert, und die Bauersſoͤhne in den Staͤdten, bei den Armeen und Flotten angewandt werden, ſie ſterben in denjenigen Laͤndern, wo ſie ihr Brodt finden, und man traͤgt alſo ihre Namen nicht in die Regiſter ihres Kirchſpiels ein. Dieſer Gewohnheit folgen nicht die Staͤdte, ſie geben keinen Menſchen dem Dorfe ab, wenn ich die obrigkeitlichen Perſonen und die Landprediger ausnehme, deren es uͤberhaupt doch nur wenig giebt. Folglich wachſen die Stadtregiſter vom Verluſte der Doͤrfer.
Daß zwiſchen den Gemuͤthsgaben, und einem lan- gen Leben keine Verbindung ſey, erinnert Franz Bacon hin und wieder (l), und es machen die neuern Amſter-
dam-
(i)[Spaltenumbruch]p. 98 99.
(k) Jn den Staͤdten ſtirbt der dreißigſte, auf den Doͤrfern der ſechszigſte. MENANDER aboſtat. p. 22. 23. Auf dem Dorfe Brigh- thelmſtone, ſo ſehr geſund, ſtirbt von Lebenden . RELHAM p. 36. Zu London , und auf den Doͤr- fern der Lebenden alle Jahre SVSSMILCH. Jn der Stadt Gi- [Spaltenumbruch]
theo waren bei 3453 zugleich leben- den Buͤrgern, 80 Leichen, oder 1 zu 43. welches das groͤſte Ver- haͤltniß bei den Lebenden iſt. BER- GIUS ſörſök. dieſe Proportion iſt auch in der Schweiz, und zu To- louſe. Mem. de ſavans etrang. IV. p. 121.
(l)p. 155.
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langt, und wir haben gezeigt, wie anſehnlich das Regi-
ſter der Greiſe von London ſey (i).
Hier koͤnnen wir uns auch derjenigen Anmerkung
bedienen, welche uns lehrt (k), daß das Verhaͤltniß der
Verſtorbenen zu den Lebendigen in den Staͤdten viel groͤſ-
ſer, und in den Doͤrfern oft ſehr klein ſey. Dieſe Sache
hat ihre voͤllige Richtigkeit, ſie haͤngt aber von andern
Urſachen ab. Jch lebe nunmehr auf meinem Felſen
bereits ins ſechſte Jahr, der Ort iſt geſund, und ich
habe innerhalb eines Jahres, ob er gleich ſechs und vier-
zig Feuerſtellen enthaͤlt, niemand mit Tode abgehen ge-
ſehen, nicht weil die Einwohner dieſes kleinen Landſtri-
ches unſterblich ſind, ſondern weil das Land die Solda-
ten, Bediente, Kuͤnſtler liefert, und die Bauersſoͤhne
in den Staͤdten, bei den Armeen und Flotten angewandt
werden, ſie ſterben in denjenigen Laͤndern, wo ſie ihr
Brodt finden, und man traͤgt alſo ihre Namen nicht in
die Regiſter ihres Kirchſpiels ein. Dieſer Gewohnheit
folgen nicht die Staͤdte, ſie geben keinen Menſchen dem
Dorfe ab, wenn ich die obrigkeitlichen Perſonen und die
Landprediger ausnehme, deren es uͤberhaupt doch nur
wenig giebt. Folglich wachſen die Stadtregiſter vom
Verluſte der Doͤrfer.
Daß zwiſchen den Gemuͤthsgaben, und einem lan-
gen Leben keine Verbindung ſey, erinnert Franz Bacon
hin und wieder (l), und es machen die neuern Amſter-
dam-
(i)
p. 98 99.
(k) Jn den Staͤdten ſtirbt der
dreißigſte, auf den Doͤrfern der
ſechszigſte. MENANDER aboſtat.
p. 22. 23. Auf dem Dorfe Brigh-
thelmſtone, ſo ſehr geſund, ſtirbt
von Lebenden [FORMEL]. RELHAM p. 36.
Zu London [FORMEL], und auf den Doͤr-
fern [FORMEL] der Lebenden alle Jahre
SVSSMILCH. Jn der Stadt Gi-
theo waren bei 3453 zugleich leben-
den Buͤrgern, 80 Leichen, oder
1 zu 43. welches das groͤſte Ver-
haͤltniß bei den Lebenden iſt. BER-
GIUS ſörſök. dieſe Proportion iſt
auch in der Schweiz, und zu To-
louſe. Mem. de ſavans etrang. IV.
p. 121.
(l) p. 155.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 969[971]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/1023>, abgerufen am 22.11.2024.
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