Natur ist, die meisten Menschen entgehen auch den mei- sten Krankheiten, Blattern und Masern ausgenommen, und es giebt also sehr viele, welche ein hohes Alter er- langen, und dennoch von Krankheit nichts wissen. Man ersiehet aus dieser offenbaren Anzeige, daß diese Krank- heiten nicht Folgen des menschlichen Baues sind, ohnge- achtet sie über theil Menschen wegraffen, und sie verhindern, Greise zu werden; sie rissen auch noch die meisten Greise fort, und sie erlauben nicht, daß man blos durch die Last der Jahre niedergedrükkt werde.
Jn diesen Himmelsstrichen herrschen diese, in andern andere Krankheiten, welche unsern Faden abreissen.
Jn Norden wütet der Scorbut, die Kolik unter den Lappen, und die meisten werden durch langwierige Brust- krankheiten erstikkt. Diese Einwohner des kalten Him- melsstrich kennen kaum die hizzigen Fieber, und zwar aus eben demjenigen Grunde, weswegen die Pest der Greise (z) des viertägigen Fiebers und der Schwindsüch- tigen verschont (z*).
Jn den gemäßigten Himmelsstrichen, wie derjenige ist, in welchem ich wohne, verwüstet gemeiniglich die Wassersucht (a) den ersten Eintritt in das Alter, und diese Krankheit ist gemeiniglich für beiderlei Geschlechter der Termin, wenn sie der Gefahr der hizzigen Krank- heiten entgangen sind.
Bei uns ist das Flekkfieber und der Friesel überhaupt eine ausländische Krankheit, und man hat sie erst vor kurzen bei uns eingeführt. Unter den hizzigen Krankhei- ten aber fieng das faule Fieber erst vor kurzem an, ver- derblich zu werden, indem dasselbe mit allerlei Zufällen,
und
(z)[Spaltenumbruch]RHUMEL obs. 18. Receuil. sur la peste. p. 372. SCHREIBER de peste p. 19. 20.
(z*) Zu Dresden, Leipzig, Halle die Pestjahre, die sonst gesund wa- ren, VATER de pestil. p. 28.
(a)[Spaltenumbruch]
Auf innerhalb dem Wende- zirkeln TOWNE p. 10. in einer feuchten Luft. Greife auch zu Lon- den um sich, nebst der Schwind- sucht. STAHL de novit. med.
Leben u Tod der Menſchen. XXX. B.
Natur iſt, die meiſten Menſchen entgehen auch den mei- ſten Krankheiten, Blattern und Maſern ausgenommen, und es giebt alſo ſehr viele, welche ein hohes Alter er- langen, und dennoch von Krankheit nichts wiſſen. Man erſiehet aus dieſer offenbaren Anzeige, daß dieſe Krank- heiten nicht Folgen des menſchlichen Baues ſind, ohnge- achtet ſie uͤber theil Menſchen wegraffen, und ſie verhindern, Greiſe zu werden; ſie riſſen auch noch die meiſten Greiſe fort, und ſie erlauben nicht, daß man blos durch die Laſt der Jahre niedergedruͤkkt werde.
Jn dieſen Himmelsſtrichen herrſchen dieſe, in andern andere Krankheiten, welche unſern Faden abreiſſen.
Jn Norden wuͤtet der Scorbut, die Kolik unter den Lappen, und die meiſten werden durch langwierige Bruſt- krankheiten erſtikkt. Dieſe Einwohner des kalten Him- melsſtrich kennen kaum die hizzigen Fieber, und zwar aus eben demjenigen Grunde, weswegen die Peſt der Greiſe (z) des viertaͤgigen Fiebers und der Schwindſuͤch- tigen verſchont (z*).
Jn den gemaͤßigten Himmelsſtrichen, wie derjenige iſt, in welchem ich wohne, verwuͤſtet gemeiniglich die Waſſerſucht (a) den erſten Eintritt in das Alter, und dieſe Krankheit iſt gemeiniglich fuͤr beiderlei Geſchlechter der Termin, wenn ſie der Gefahr der hizzigen Krank- heiten entgangen ſind.
Bei uns iſt das Flekkfieber und der Frieſel uͤberhaupt eine auslaͤndiſche Krankheit, und man hat ſie erſt vor kurzen bei uns eingefuͤhrt. Unter den hizzigen Krankhei- ten aber fieng das faule Fieber erſt vor kurzem an, ver- derblich zu werden, indem daſſelbe mit allerlei Zufaͤllen,
und
(z)[Spaltenumbruch]RHUMEL obſ. 18. Receuil. ſur la peſte. p. 372. SCHREIBER de peſte p. 19. 20.
(z*) Zu Dresden, Leipzig, Halle die Peſtjahre, die ſonſt geſund wa- ren, VATER de peſtil. p. 28.
(a)[Spaltenumbruch]
Auf innerhalb dem Wende- zirkeln TOWNE p. 10. in einer feuchten Luft. Greife auch zu Lon- den um ſich, nebſt der Schwind- ſucht. STAHL de novit. med.
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[946[948]/1000]
Leben u Tod der Menſchen. XXX. B.
Natur iſt, die meiſten Menſchen entgehen auch den mei-
ſten Krankheiten, Blattern und Maſern ausgenommen,
und es giebt alſo ſehr viele, welche ein hohes Alter er-
langen, und dennoch von Krankheit nichts wiſſen. Man
erſiehet aus dieſer offenbaren Anzeige, daß dieſe Krank-
heiten nicht Folgen des menſchlichen Baues ſind, ohnge-
achtet ſie uͤber [FORMEL]theil Menſchen wegraffen, und ſie
verhindern, Greiſe zu werden; ſie riſſen auch noch die
meiſten Greiſe fort, und ſie erlauben nicht, daß man
blos durch die Laſt der Jahre niedergedruͤkkt werde.
Jn dieſen Himmelsſtrichen herrſchen dieſe, in andern
andere Krankheiten, welche unſern Faden abreiſſen.
Jn Norden wuͤtet der Scorbut, die Kolik unter den
Lappen, und die meiſten werden durch langwierige Bruſt-
krankheiten erſtikkt. Dieſe Einwohner des kalten Him-
melsſtrich kennen kaum die hizzigen Fieber, und zwar
aus eben demjenigen Grunde, weswegen die Peſt der
Greiſe (z) des viertaͤgigen Fiebers und der Schwindſuͤch-
tigen verſchont (z*).
Jn den gemaͤßigten Himmelsſtrichen, wie derjenige
iſt, in welchem ich wohne, verwuͤſtet gemeiniglich die
Waſſerſucht (a) den erſten Eintritt in das Alter, und
dieſe Krankheit iſt gemeiniglich fuͤr beiderlei Geſchlechter
der Termin, wenn ſie der Gefahr der hizzigen Krank-
heiten entgangen ſind.
Bei uns iſt das Flekkfieber und der Frieſel uͤberhaupt
eine auslaͤndiſche Krankheit, und man hat ſie erſt vor
kurzen bei uns eingefuͤhrt. Unter den hizzigen Krankhei-
ten aber fieng das faule Fieber erſt vor kurzem an, ver-
derblich zu werden, indem daſſelbe mit allerlei Zufaͤllen,
und
(z)
RHUMEL obſ. 18. Receuil.
ſur la peſte. p. 372. SCHREIBER
de peſte p. 19. 20.
(z*) Zu Dresden, Leipzig, Halle
die Peſtjahre, die ſonſt geſund wa-
ren, VATER de peſtil. p. 28.
(a)
Auf innerhalb dem Wende-
zirkeln TOWNE p. 10. in einer
feuchten Luft. Greife auch zu Lon-
den um ſich, nebſt der Schwind-
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 946[948]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/1000>, abgerufen am 25.11.2024.
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