Wenn man die Menschenmilch ihres Rams beraubt, so bekömmt man eine süsse Wadikke, welche weder was alkalisches noch saures an sich hat, da man doch auch an einer frischen Kuhmilch Merkmale von Säure findet(a), und endlich wird auch die Menschenmilch, wie wir an- derswo erwähnt haben (b), nach langer Zeit erst sauer. Sie bekömmt diese Kraft von der thierischen Nahrung her.
Man will, daß auf den shetlandischen Jnseln (c) die Schaafmilch, welche man in Kellern aufbehält, zu einem rauschenden Getränke werden soll. Jch lese eben dieses von der sauren Wadikke der Pferdemilch (d), und von der Smaragdenfärbigen Wadikke der Jtaliäner(e).
Es hat die Wadikke eine geringere Schwere, als die Milch, und beide stehen in einem Verhältnisse, wie 1016 zu 1030 (f) gegen einander. Man begreift unter diesen Namen nicht blos eine einzige Flüßigkeit, denn sie behält, nachdem man sie einmal gereiniget, wie bey der Bereitung des fetten Käses geschieht, noch einen ziem- lichen Antheil von Käse in sich. Sie wird, wenn man das käsige zum zweyten male durch den Laab nieder stür- zet, schon reiner und durchsichtiger (g), und dennoch bleibt auch in einer dergleichen mageren Wadikke noch etwas leimiges und zähes übrig, welches endlich mit der Zeit in einer temperirten Wärme niedersinkt, nach und nach wiederum zärter und weicher wird (h), und dieses bleibt,
wenn
(a)[Spaltenumbruch]NAVIER. observat. sur l'amolissemens des Os. p. 52. 53.
(b)Idem ebendaselbst.
(c)Tour. trough. Brit. t. 4. p. 312.
(d) Bei dem Ant. JENKIN- SON. Tom. I. collect. HAW- KLUYTIANAE.
(e)[Spaltenumbruch]HOFMAN. Instit. p. 689.
(f)MUSCHENBR. p. 363.
(g)GEIMULLER. de sero la- ctis p. 19.
(h)Idem auch aus der Wadeke der Menschenmilch, nach ausge- zognem Milchzukker. War sauer und urinöse NAVIER. p. 53.
I. Abſchn. Die Bruͤſte.
§. 20. Analiſirung der Wadikke.
Wenn man die Menſchenmilch ihres Rams beraubt, ſo bekoͤmmt man eine ſuͤſſe Wadikke, welche weder was alkaliſches noch ſaures an ſich hat, da man doch auch an einer friſchen Kuhmilch Merkmale von Saͤure findet(a), und endlich wird auch die Menſchenmilch, wie wir an- derswo erwaͤhnt haben (b), nach langer Zeit erſt ſauer. Sie bekoͤmmt dieſe Kraft von der thieriſchen Nahrung her.
Man will, daß auf den ſhetlandiſchen Jnſeln (c) die Schaafmilch, welche man in Kellern aufbehaͤlt, zu einem rauſchenden Getraͤnke werden ſoll. Jch leſe eben dieſes von der ſauren Wadikke der Pferdemilch (d), und von der Smaragdenfaͤrbigen Wadikke der Jtaliaͤner(e).
Es hat die Wadikke eine geringere Schwere, als die Milch, und beide ſtehen in einem Verhaͤltniſſe, wie 1016 zu 1030 (f) gegen einander. Man begreift unter dieſen Namen nicht blos eine einzige Fluͤßigkeit, denn ſie behaͤlt, nachdem man ſie einmal gereiniget, wie bey der Bereitung des fetten Kaͤſes geſchieht, noch einen ziem- lichen Antheil von Kaͤſe in ſich. Sie wird, wenn man das kaͤſige zum zweyten male durch den Laab nieder ſtuͤr- zet, ſchon reiner und durchſichtiger (g), und dennoch bleibt auch in einer dergleichen mageren Wadikke noch etwas leimiges und zaͤhes uͤbrig, welches endlich mit der Zeit in einer temperirten Waͤrme niederſinkt, nach und nach wiederum zaͤrter und weicher wird (h), und dieſes bleibt,
wenn
(a)[Spaltenumbruch]NAVIER. obſervat. ſur l’amoliſſemens des Oſ. p. 52. 53.
(b)Idem ebendaſelbſt.
(c)Tour. trough. Brit. t. 4. p. 312.
(d) Bei dem Ant. JENKIN- SON. Tom. I. collect. HAW- KLUYTIANAE.
(e)[Spaltenumbruch]HOFMAN. Inſtit. p. 689.
(f)MUSCHENBR. p. 363.
(g)GEIMULLER. de ſero la- ctis p. 19.
(h)Idem auch aus der Wadeke der Menſchenmilch, nach ausge- zognem Milchzukker. War ſauer und urinoͤſe NAVIER. p. 53.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0943"n="907"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I.</hi> Abſchn. Die Bruͤſte.</hi></fw><lb/><divn="4"><head>§. 20.<lb/><hirendition="#b">Analiſirung der Wadikke.</hi></head><lb/><p>Wenn man die Menſchenmilch ihres Rams beraubt,<lb/>ſo bekoͤmmt man eine ſuͤſſe Wadikke, welche weder was<lb/>
alkaliſches noch ſaures an ſich hat, da man doch auch an<lb/>
einer friſchen Kuhmilch Merkmale von Saͤure findet<noteplace="foot"n="(a)"><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">NAVIER.</hi> obſervat. ſur<lb/>
l’amoliſſemens des Oſ. p.</hi> 52. 53.</note>,<lb/>
und endlich wird auch die Menſchenmilch, wie wir an-<lb/>
derswo erwaͤhnt haben <noteplace="foot"n="(b)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Idem</hi></hi> ebendaſelbſt.</note>, nach langer Zeit erſt ſauer.<lb/>
Sie bekoͤmmt dieſe Kraft von der thieriſchen Nahrung<lb/>
her.</p><lb/><p>Man will, daß auf den ſhetlandiſchen Jnſeln <noteplace="foot"n="(c)"><hirendition="#aq">Tour. trough. Brit. t. 4.<lb/>
p.</hi> 312.</note><lb/>
die Schaafmilch, welche man in Kellern aufbehaͤlt, zu<lb/>
einem rauſchenden Getraͤnke werden ſoll. Jch leſe eben<lb/>
dieſes von der ſauren Wadikke der Pferdemilch <noteplace="foot"n="(d)">Bei dem <hirendition="#aq">Ant. JENKIN-<lb/>
SON. Tom. I. collect. HAW-<lb/>
KLUYTIANAE.</hi></note>, und<lb/>
von der Smaragdenfaͤrbigen Wadikke der Jtaliaͤner<noteplace="foot"n="(e)"><cb/><hirendition="#aq">HOFMAN. Inſtit. p.</hi> 689.</note>.</p><lb/><p>Es hat die Wadikke eine geringere Schwere, als<lb/>
die Milch, und beide ſtehen in einem Verhaͤltniſſe, wie<lb/>
1016 zu 1030 <noteplace="foot"n="(f)"><hirendition="#aq">MUSCHENBR. p.</hi> 363.</note> gegen einander. Man begreift unter<lb/>
dieſen Namen nicht blos eine einzige Fluͤßigkeit, denn<lb/>ſie behaͤlt, nachdem man ſie einmal gereiniget, wie bey<lb/>
der Bereitung des fetten Kaͤſes geſchieht, noch einen ziem-<lb/>
lichen Antheil von Kaͤſe in ſich. Sie wird, wenn man<lb/>
das kaͤſige zum zweyten male durch den Laab nieder ſtuͤr-<lb/>
zet, ſchon reiner und durchſichtiger <noteplace="foot"n="(g)"><hirendition="#aq">GEIMULLER. de ſero la-<lb/>
ctis p.</hi> 19.</note>, und dennoch bleibt<lb/>
auch in einer dergleichen mageren Wadikke noch etwas<lb/>
leimiges und zaͤhes uͤbrig, welches endlich mit der Zeit<lb/>
in einer temperirten Waͤrme niederſinkt, nach und nach<lb/>
wiederum zaͤrter und weicher wird <noteplace="foot"n="(h)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Idem</hi></hi> auch aus der Wadeke<lb/>
der Menſchenmilch, nach ausge-<lb/>
zognem Milchzukker. War ſauer<lb/>
und urinoͤſe <hirendition="#aq">NAVIER. p.</hi> 53.</note>, und dieſes bleibt,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wenn</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[907/0943]
I. Abſchn. Die Bruͤſte.
§. 20.
Analiſirung der Wadikke.
Wenn man die Menſchenmilch ihres Rams beraubt,
ſo bekoͤmmt man eine ſuͤſſe Wadikke, welche weder was
alkaliſches noch ſaures an ſich hat, da man doch auch an
einer friſchen Kuhmilch Merkmale von Saͤure findet (a),
und endlich wird auch die Menſchenmilch, wie wir an-
derswo erwaͤhnt haben (b), nach langer Zeit erſt ſauer.
Sie bekoͤmmt dieſe Kraft von der thieriſchen Nahrung
her.
Man will, daß auf den ſhetlandiſchen Jnſeln (c)
die Schaafmilch, welche man in Kellern aufbehaͤlt, zu
einem rauſchenden Getraͤnke werden ſoll. Jch leſe eben
dieſes von der ſauren Wadikke der Pferdemilch (d), und
von der Smaragdenfaͤrbigen Wadikke der Jtaliaͤner (e).
Es hat die Wadikke eine geringere Schwere, als
die Milch, und beide ſtehen in einem Verhaͤltniſſe, wie
1016 zu 1030 (f) gegen einander. Man begreift unter
dieſen Namen nicht blos eine einzige Fluͤßigkeit, denn
ſie behaͤlt, nachdem man ſie einmal gereiniget, wie bey
der Bereitung des fetten Kaͤſes geſchieht, noch einen ziem-
lichen Antheil von Kaͤſe in ſich. Sie wird, wenn man
das kaͤſige zum zweyten male durch den Laab nieder ſtuͤr-
zet, ſchon reiner und durchſichtiger (g), und dennoch bleibt
auch in einer dergleichen mageren Wadikke noch etwas
leimiges und zaͤhes uͤbrig, welches endlich mit der Zeit
in einer temperirten Waͤrme niederſinkt, nach und nach
wiederum zaͤrter und weicher wird (h), und dieſes bleibt,
wenn
(a)
NAVIER. obſervat. ſur
l’amoliſſemens des Oſ. p. 52. 53.
(b) Idem ebendaſelbſt.
(c) Tour. trough. Brit. t. 4.
p. 312.
(d) Bei dem Ant. JENKIN-
SON. Tom. I. collect. HAW-
KLUYTIANAE.
(e)
HOFMAN. Inſtit. p. 689.
(f) MUSCHENBR. p. 363.
(g) GEIMULLER. de ſero la-
ctis p. 19.
(h) Idem auch aus der Wadeke
der Menſchenmilch, nach ausge-
zognem Milchzukker. War ſauer
und urinoͤſe NAVIER. p. 53.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 907. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/943>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.