hat, keine geringe Kraft, die Gegenwart des rohen Chi- lus in der Milch erweislich zu machen. Jch habe mit meinen Augen eine mir sehr werthgeschäzzte Frau, welche am Frieseln tödtlich krank lag, ganzer vierzehn Tage ihr Kind säugen gesehen, ohne daß es den armen Kinde im geringsten geschadet hätte. So fand ich auch einige ade- liche Kinder(c), deren Amme die venerische Seuche an sich gehabt hatte, vollkommen gesund. Doch man hat auch bey andern Gelegenheiten sogar die Pest (d), und das fürchterliche Gift der Raserey (e) bey gesäugten Kin- dern unschädlich befunden. Und so zweifelte auch vor kurzem ein berühmter Leibarzt(f) daran, daß die Milch der Ammen auf die Sitten der Kinder einen Einfluß haben sollen (g).
Es verlieret aber dieser Grund seine Stärke nicht, ob man gleich weiß, daß die venerische Seuche (h) und andere Krankheiten (i) ein andermal dem säugenden Kin- de mitgetheilt worden. Denn in diesen Fällen scheinet das Verderben der Säfte bey den Müttern den höchsten Grad erreicht zu haben. So wird die Kuhmilch, wenn die Kühe von der Rinderseuche angegriffen worden, in den spätern Tagen schädlich und stinkend, ob sie gleich den zweyten Tag noch gut, ja vielmehr noch fetter als sonst ist (k). Es ist also eine Vermuthung, daß sich die Lebensgeister mit der Milch vermischen müssen.
§. 16.
(c)[Spaltenumbruch]
Es geht nicht die Kraft des Quekksilbers, oder der Purganzen in die Milch über, nach dem be- rühmten YOUNG. p. 51.
(d)STALPAART. van der WIEL. Cent. I. obs. 99. Traite de la Peste p. 47. 300. auch ostmals MURALT. chir. Schrift. p. 586.
(e)Eph. Nat. Cur. Dec. Vol. VI. p. 321.
(f)[Spaltenumbruch]G. v. SWIETEN Comm. t. 4. p. 668.
(g)SCHLICHTING. mnemo- syn. p. 163. STAHL. requisit. bon. nutric.
(h) Die Raserei TIMAEUS I. VII. cas. 23.
(i)De HAEN Verhandel. p. 4.
(k)WHARTON. p. 269. NUCK, adenogr. p. 16. MAZIN. med. meth. inst. p. 231.
Weibliche Theile. XXVIII. Buch.
hat, keine geringe Kraft, die Gegenwart des rohen Chi- lus in der Milch erweislich zu machen. Jch habe mit meinen Augen eine mir ſehr werthgeſchaͤzzte Frau, welche am Frieſeln toͤdtlich krank lag, ganzer vierzehn Tage ihr Kind ſaͤugen geſehen, ohne daß es den armen Kinde im geringſten geſchadet haͤtte. So fand ich auch einige ade- liche Kinder(c), deren Amme die veneriſche Seuche an ſich gehabt hatte, vollkommen geſund. Doch man hat auch bey andern Gelegenheiten ſogar die Peſt (d), und das fuͤrchterliche Gift der Raſerey (e) bey geſaͤugten Kin- dern unſchaͤdlich befunden. Und ſo zweifelte auch vor kurzem ein beruͤhmter Leibarzt(f) daran, daß die Milch der Ammen auf die Sitten der Kinder einen Einfluß haben ſollen (g).
Es verlieret aber dieſer Grund ſeine Staͤrke nicht, ob man gleich weiß, daß die veneriſche Seuche (h) und andere Krankheiten (i) ein andermal dem ſaͤugenden Kin- de mitgetheilt worden. Denn in dieſen Faͤllen ſcheinet das Verderben der Saͤfte bey den Muͤttern den hoͤchſten Grad erreicht zu haben. So wird die Kuhmilch, wenn die Kuͤhe von der Rinderſeuche angegriffen worden, in den ſpaͤtern Tagen ſchaͤdlich und ſtinkend, ob ſie gleich den zweyten Tag noch gut, ja vielmehr noch fetter als ſonſt iſt (k). Es iſt alſo eine Vermuthung, daß ſich die Lebensgeiſter mit der Milch vermiſchen muͤſſen.
§. 16.
(c)[Spaltenumbruch]
Es geht nicht die Kraft des Quekkſilbers, oder der Purganzen in die Milch uͤber, nach dem be- ruͤhmten YOUNG. p. 51.
(d)STALPAART. van der WIEL. Cent. I. obſ. 99. Traité de la Peſte p. 47. 300. auch oſtmals MURALT. chir. Schrift. p. 586.
(e)Eph. Nat. Cur. Dec. Vol. VI. p. 321.
(f)[Spaltenumbruch]G. v. SWIETEN Comm. t. 4. p. 668.
(g)SCHLICHTING. mnemo- ſyn. p. 163. STAHL. requiſit. bon. nutric.
(h) Die Raſerei TIMAEUS I. VII. caſ. 23.
(i)De HAEN Verhandel. p. 4.
(k)WHARTON. p. 269. NUCK, adenogr. p. 16. MAZIN. med. meth. inſt. p. 231.
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meinen Augen eine mir ſehr werthgeſchaͤzzte Frau, welche
am Frieſeln toͤdtlich krank lag, ganzer vierzehn Tage ihr
Kind ſaͤugen geſehen, ohne daß es den armen Kinde im
geringſten geſchadet haͤtte. So fand ich auch einige ade-
liche Kinder (c), deren Amme die veneriſche Seuche an
ſich gehabt hatte, vollkommen geſund. Doch man hat
auch bey andern Gelegenheiten ſogar die Peſt (d), und
das fuͤrchterliche Gift der Raſerey (e) bey geſaͤugten Kin-
dern unſchaͤdlich befunden. Und ſo zweifelte auch vor
kurzem ein beruͤhmter Leibarzt (f) daran, daß die Milch
der Ammen auf die Sitten der Kinder einen Einfluß
haben ſollen (g).
Es verlieret aber dieſer Grund ſeine Staͤrke nicht,
ob man gleich weiß, daß die veneriſche Seuche (h) und
andere Krankheiten (i) ein andermal dem ſaͤugenden Kin-
de mitgetheilt worden. Denn in dieſen Faͤllen ſcheinet
das Verderben der Saͤfte bey den Muͤttern den hoͤchſten
Grad erreicht zu haben. So wird die Kuhmilch, wenn
die Kuͤhe von der Rinderſeuche angegriffen worden, in
den ſpaͤtern Tagen ſchaͤdlich und ſtinkend, ob ſie gleich
den zweyten Tag noch gut, ja vielmehr noch fetter als
ſonſt iſt (k). Es iſt alſo eine Vermuthung, daß ſich
die Lebensgeiſter mit der Milch vermiſchen muͤſſen.
§. 16.
(c)
Es geht nicht die Kraft des
Quekkſilbers, oder der Purganzen
in die Milch uͤber, nach dem be-
ruͤhmten YOUNG. p. 51.
(d) STALPAART. van der
WIEL. Cent. I. obſ. 99. Traité de
la Peſte p. 47. 300. auch oſtmals
MURALT. chir. Schrift. p. 586.
(e) Eph. Nat. Cur. Dec. Vol.
VI. p. 321.
(f)
G. v. SWIETEN Comm.
t. 4. p. 668.
(g) SCHLICHTING. mnemo-
ſyn. p. 163. STAHL. requiſit. bon.
nutric.
(h) Die Raſerei TIMAEUS I.
VII. caſ. 23.
(i) De HAEN Verhandel. p. 4.
(k) WHARTON. p. 269.
NUCK, adenogr. p. 16. MAZIN.
med. meth. inſt. p. 231.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 892. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/928>, abgerufen am 22.11.2024.
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