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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

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Weibliche Theile. XXVIII. Buch.

Oft hat die Milch eine solche Kraft, daß sie von selbst
wegsprizzt(k), und dieses rühret von den vollen Gefässen
her, welche sich durch enge Mündungen ausleeren. Man
muß hier nicht eine gewisse Liebe zum Kinde, zur Sym-
pathie machen, denn es saugen nicht nur Weiber durch
Röhren, sondern auch angelegte Hunde, die Milch aus (l).

Da man aber nach der heutigen Lebensart von seiner
Gestalt, von der Reinlichkeit, von der Ruhe, und end-
lich von der Wollust mehr Wesens zu machen pflegt;
so sind Mütter gewohnt, ihre Kinder nicht anzuliegen.
Und auf solche Art senken sich nach den Ungemächlich-
keiten von einigen Tagen die Brüste allmählig nieder:
indessen bleibt doch lange Zeit und Jahre lang etwas Milch
in den Brüsten übrig, welches sich ausdrükken läßt, oder
wenigstens findet der Zergliederer in der geöfneten Brust,
oder deren Gängen, ein dickes, gelbes (m) und käsiges
Wesen (n).

Mit demjenigen Alter, darinnen die monatliche Rei-
nigung ausbleibt(o), nehmen auch die Brüste nach und
nach ab, sie werden weich, und hören endlich auf, Milch
von sich zu geben. Jndessen weiß man doch auch von
diesem Alter (p), daß bisweilen die Großmutter (q) ih-
ren Enkel mit ihrer Milch gesäugt, und daß eine andere
Alte von funfzig (r) oder sechszig (s) oder acht und sech-

zig
(k) [Spaltenumbruch] FANTON. p. 266. auch bei
einem Manne CARDAN. subtilit.
p.
366.
(l) Ueber des berühmten BIK-
KER. Zoog. p.
69.
(m) Dies ist das Gelbe, wel-
ches durch sein Verhalten uner-
trägliche Schmerzen machte, bis
es durch untergehaltne Kohlen
und Reiben aus der Warze gelokkt
wurde. Verhand. der maatschapp.
t. 3. p.
42.
(n) Von Tabaksfarbe aus den
Brüsten MORGAGN. sed. et eaus.
morb. I. p.
224.
(o) [Spaltenumbruch] Von Alten hat Exempel
ARISTOT. l. c.
(p) Milch in einer funfzigjähri-
gen Frau L. BOURGEOIS. Eph.
Nat. Cur. Dec. III. 7. 8. obs.
86.
(q) DIMERBROECK.
(r) H. ab HEERS. obs. 64.
BORGARUCCI p.
208.
(s) J. M. HOFMANN. Eph. Nat.
Cur. Cent. X. app. obs.
44. in die-
fem Alter stellte sich wieder Milch
ein BARICELL. hort. genial. p.
350. An einer Frau von 64 Jah-
ren MURALT. Coll. anat. p. 56.
Weibliche Theile. XXVIII. Buch.

Oft hat die Milch eine ſolche Kraft, daß ſie von ſelbſt
wegſprizzt(k), und dieſes ruͤhret von den vollen Gefaͤſſen
her, welche ſich durch enge Muͤndungen ausleeren. Man
muß hier nicht eine gewiſſe Liebe zum Kinde, zur Sym-
pathie machen, denn es ſaugen nicht nur Weiber durch
Roͤhren, ſondern auch angelegte Hunde, die Milch aus (l).

Da man aber nach der heutigen Lebensart von ſeiner
Geſtalt, von der Reinlichkeit, von der Ruhe, und end-
lich von der Wolluſt mehr Weſens zu machen pflegt;
ſo ſind Muͤtter gewohnt, ihre Kinder nicht anzuliegen.
Und auf ſolche Art ſenken ſich nach den Ungemaͤchlich-
keiten von einigen Tagen die Bruͤſte allmaͤhlig nieder:
indeſſen bleibt doch lange Zeit und Jahre lang etwas Milch
in den Bruͤſten uͤbrig, welches ſich ausdruͤkken laͤßt, oder
wenigſtens findet der Zergliederer in der geoͤfneten Bruſt,
oder deren Gaͤngen, ein dickes, gelbes (m) und kaͤſiges
Weſen (n).

Mit demjenigen Alter, darinnen die monatliche Rei-
nigung ausbleibt(o), nehmen auch die Bruͤſte nach und
nach ab, ſie werden weich, und hoͤren endlich auf, Milch
von ſich zu geben. Jndeſſen weiß man doch auch von
dieſem Alter (p), daß bisweilen die Großmutter (q) ih-
ren Enkel mit ihrer Milch geſaͤugt, und daß eine andere
Alte von funfzig (r) oder ſechszig (s) oder acht und ſech-

zig
(k) [Spaltenumbruch] FANTON. p. 266. auch bei
einem Manne CARDAN. ſubtilit.
p.
366.
(l) Ueber des beruͤhmten BIK-
KER. Zoog. p.
69.
(m) Dies iſt das Gelbe, wel-
ches durch ſein Verhalten uner-
traͤgliche Schmerzen machte, bis
es durch untergehaltne Kohlen
und Reiben aus der Warze gelokkt
wurde. Verhand. der maatſchapp.
t. 3. p.
42.
(n) Von Tabaksfarbe aus den
Bruͤſten MORGAGN. ſed. et eauſ.
morb. I. p.
224.
(o) [Spaltenumbruch] Von Alten hat Exempel
ARISTOT. l. c.
(p) Milch in einer funfzigjaͤhri-
gen Frau L. BOURGEOIS. Eph.
Nat. Cur. Dec. III. 7. 8. obſ.
86.
(q) DIMERBROECK.
(r) H. ab HEERS. obſ. 64.
BORGARUCCI p.
208.
(s) J. M. HOFMANN. Eph. Nat.
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44. in die-
fem Alter ſtellte ſich wieder Milch
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ren MURALT. Coll. anat. p. 56.
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[878/0914] Weibliche Theile. XXVIII. Buch. Oft hat die Milch eine ſolche Kraft, daß ſie von ſelbſt wegſprizzt (k), und dieſes ruͤhret von den vollen Gefaͤſſen her, welche ſich durch enge Muͤndungen ausleeren. Man muß hier nicht eine gewiſſe Liebe zum Kinde, zur Sym- pathie machen, denn es ſaugen nicht nur Weiber durch Roͤhren, ſondern auch angelegte Hunde, die Milch aus (l). Da man aber nach der heutigen Lebensart von ſeiner Geſtalt, von der Reinlichkeit, von der Ruhe, und end- lich von der Wolluſt mehr Weſens zu machen pflegt; ſo ſind Muͤtter gewohnt, ihre Kinder nicht anzuliegen. Und auf ſolche Art ſenken ſich nach den Ungemaͤchlich- keiten von einigen Tagen die Bruͤſte allmaͤhlig nieder: indeſſen bleibt doch lange Zeit und Jahre lang etwas Milch in den Bruͤſten uͤbrig, welches ſich ausdruͤkken laͤßt, oder wenigſtens findet der Zergliederer in der geoͤfneten Bruſt, oder deren Gaͤngen, ein dickes, gelbes (m) und kaͤſiges Weſen (n). Mit demjenigen Alter, darinnen die monatliche Rei- nigung ausbleibt (o), nehmen auch die Bruͤſte nach und nach ab, ſie werden weich, und hoͤren endlich auf, Milch von ſich zu geben. Jndeſſen weiß man doch auch von dieſem Alter (p), daß bisweilen die Großmutter (q) ih- ren Enkel mit ihrer Milch geſaͤugt, und daß eine andere Alte von funfzig (r) oder ſechszig (s) oder acht und ſech- zig (k) FANTON. p. 266. auch bei einem Manne CARDAN. ſubtilit. p. 366. (l) Ueber des beruͤhmten BIK- KER. Zoog. p. 69. (m) Dies iſt das Gelbe, wel- ches durch ſein Verhalten uner- traͤgliche Schmerzen machte, bis es durch untergehaltne Kohlen und Reiben aus der Warze gelokkt wurde. Verhand. der maatſchapp. t. 3. p. 42. (n) Von Tabaksfarbe aus den Bruͤſten MORGAGN. ſed. et eauſ. morb. I. p. 224. (o) Von Alten hat Exempel ARISTOT. l. c. (p) Milch in einer funfzigjaͤhri- gen Frau L. BOURGEOIS. Eph. Nat. Cur. Dec. III. 7. 8. obſ. 86. (q) DIMERBROECK. (r) H. ab HEERS. obſ. 64. BORGARUCCI p. 208. (s) J. M. HOFMANN. Eph. Nat. Cur. Cent. X. app. obſ. 44. in die- fem Alter ſtellte ſich wieder Milch ein BARICELL. hort. genial. p. 350. An einer Frau von 64 Jah- ren MURALT. Coll. anat. p. 56.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 878. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/914>, abgerufen am 25.11.2024.