Es erinnert uns nemlich schon die Natur, diese weise Mutter, welche für alle moralische und phisische Bedürfnisse gesorgt hat, daß wir uns auch in den An- nehmlichkeiten des Lebens mäßig verhalten sollen. Das Vergnügen ladet uns zum Beischlafe ein, der uns nüzz- lich, und dem ganzen Geschlechte nothwendig ist. Um nun einer gefälligen Liebe nicht zu sehr nachzugehen, so sezzt die Natur derselben den Schmerz zum Wächter, welcher nach dem Beischlafe das ganze System der Er- zeugung überfällt, und welcher um desto lebhafter wird, je hizziger der Liebeskampf gewesen, ja nach einigen schnel- len Wiederholungen den Zeugungsquell dergestalt er- schöpft, daß er endlich heftig wird, und der Geilheit zum Waffenstillstande nöthigt. Eine zuverläßige Schwach- heit, sonderlich an den Augen, die man eine Zeitlang ohne Beschwerlichkeiten kaum zum Lesen geschikkt findet, wenn die Liebe gesättigt worden, ruft uns bald vom Po- sten wieder ab. Dieses thut auch die Wenigkeit des Saa- mens, und das mühsame Auspressen desselben im wieder- holten Beischlafe, so daß nunmehr in der That die Ar- beit die Wollust übertrift.
Man kann Beispiele oder Fabeln von Personen, welche aus einer heftigen Liebe, oder in Krankheiten eine ausserordentliche Mannheit bewiesen, bei andern Schrift- stellern nachlesen(c).
Doch auch diese finden ihre gewisse und baldige Stra- fe; indem einige plözzlich das Leben (d) einbüssen, andre
von
(c)[Spaltenumbruch]
Von Krankheiten, ein Was- serscheuer AMAT Ent. VII. Cur. 41. von Tollheit PFEIFFER. de mania p. 18. von eingenommenen spanischen Fliegen CABROL. obs. 17. von blosser Begierde MUSITA- NUS. HUBNER. remed. merc. [Spaltenumbruch]TISSEN. l. c. p. 250. 251. 256. Journ. de medec. T. II. HOFM. de nimia venere n 18. Journ. de medec. vom Jahre 1757. und April- monate BIRCH. T. I. p. 474. COL- LE cosmet. p. 151. &c.
(d)p. 567.
Zeugungstheile. XXVII. Buch.
Es erinnert uns nemlich ſchon die Natur, dieſe weiſe Mutter, welche fuͤr alle moraliſche und phiſiſche Beduͤrfniſſe geſorgt hat, daß wir uns auch in den An- nehmlichkeiten des Lebens maͤßig verhalten ſollen. Das Vergnuͤgen ladet uns zum Beiſchlafe ein, der uns nuͤzz- lich, und dem ganzen Geſchlechte nothwendig iſt. Um nun einer gefaͤlligen Liebe nicht zu ſehr nachzugehen, ſo ſezzt die Natur derſelben den Schmerz zum Waͤchter, welcher nach dem Beiſchlafe das ganze Syſtem der Er- zeugung uͤberfaͤllt, und welcher um deſto lebhafter wird, je hizziger der Liebeskampf geweſen, ja nach einigen ſchnel- len Wiederholungen den Zeugungsquell dergeſtalt er- ſchoͤpft, daß er endlich heftig wird, und der Geilheit zum Waffenſtillſtande noͤthigt. Eine zuverlaͤßige Schwach- heit, ſonderlich an den Augen, die man eine Zeitlang ohne Beſchwerlichkeiten kaum zum Leſen geſchikkt findet, wenn die Liebe geſaͤttigt worden, ruft uns bald vom Po- ſten wieder ab. Dieſes thut auch die Wenigkeit des Saa- mens, und das muͤhſame Auspreſſen deſſelben im wieder- holten Beiſchlafe, ſo daß nunmehr in der That die Ar- beit die Wolluſt uͤbertrift.
Man kann Beiſpiele oder Fabeln von Perſonen, welche aus einer heftigen Liebe, oder in Krankheiten eine auſſerordentliche Mannheit bewieſen, bei andern Schrift- ſtellern nachleſen(c).
Doch auch dieſe finden ihre gewiſſe und baldige Stra- fe; indem einige ploͤzzlich das Leben (d) einbuͤſſen, andre
von
(c)[Spaltenumbruch]
Von Krankheiten, ein Waſ- ſerſcheuer AMAT Ent. VII. Cur. 41. von Tollheit PFEIFFER. de mania p. 18. von eingenommenen ſpaniſchen Fliegen CABROL. obſ. 17. von bloſſer Begierde MUSITA- NUS. HUBNER. remed. merc. [Spaltenumbruch]TISSEN. l. c. p. 250. 251. 256. Journ. de medec. T. II. HOFM. de nimia venere n 18. Journ. de mèdec. vom Jahre 1757. und April- monate BIRCH. T. I. p. 474. COL- LE coſmet. p. 151. &c.
(d)p. 567.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0874"n="838"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Zeugungstheile. <hirendition="#aq">XXVII.</hi> Buch.</hi></fw><lb/><p>Es erinnert uns nemlich ſchon die Natur, dieſe<lb/>
weiſe Mutter, welche fuͤr alle moraliſche und phiſiſche<lb/>
Beduͤrfniſſe geſorgt hat, daß wir uns auch in den An-<lb/>
nehmlichkeiten des Lebens maͤßig verhalten ſollen. Das<lb/>
Vergnuͤgen ladet uns zum Beiſchlafe ein, der uns nuͤzz-<lb/>
lich, und dem ganzen Geſchlechte nothwendig iſt. Um<lb/>
nun einer gefaͤlligen Liebe nicht zu ſehr nachzugehen, ſo<lb/>ſezzt die Natur derſelben den Schmerz zum Waͤchter,<lb/>
welcher nach dem Beiſchlafe das ganze Syſtem der Er-<lb/>
zeugung uͤberfaͤllt, und welcher um deſto lebhafter wird,<lb/>
je hizziger der Liebeskampf geweſen, ja nach einigen ſchnel-<lb/>
len Wiederholungen den Zeugungsquell dergeſtalt er-<lb/>ſchoͤpft, daß er endlich heftig wird, und der Geilheit zum<lb/>
Waffenſtillſtande noͤthigt. Eine zuverlaͤßige Schwach-<lb/>
heit, ſonderlich an den Augen, die man eine Zeitlang<lb/>
ohne Beſchwerlichkeiten kaum zum Leſen geſchikkt findet,<lb/>
wenn die Liebe geſaͤttigt worden, ruft uns bald vom Po-<lb/>ſten wieder ab. Dieſes thut auch die Wenigkeit des Saa-<lb/>
mens, und das muͤhſame Auspreſſen deſſelben im wieder-<lb/>
holten Beiſchlafe, ſo daß nunmehr in der That die Ar-<lb/>
beit die Wolluſt uͤbertrift.</p><lb/><p>Man kann Beiſpiele oder Fabeln von Perſonen,<lb/>
welche aus einer heftigen Liebe, oder in Krankheiten eine<lb/>
auſſerordentliche Mannheit bewieſen, bei andern Schrift-<lb/>ſtellern nachleſen<noteplace="foot"n="(c)"><cb/>
Von Krankheiten, ein Waſ-<lb/>ſerſcheuer <hirendition="#aq">AMAT Ent. VII. Cur.</hi><lb/>
41. von Tollheit <hirendition="#aq">PFEIFFER. de<lb/>
mania p.</hi> 18. von eingenommenen<lb/>ſpaniſchen Fliegen <hirendition="#aq">CABROL. obſ.</hi><lb/>
17. von bloſſer Begierde <hirendition="#aq">MUSITA-<lb/>
NUS. <hirendition="#g">HUBNER.</hi> remed. merc.<lb/><cb/><hirendition="#g">TISSEN.</hi> l. c. p. 250. 251. 256.<lb/>
Journ. de medec. T. II. HOFM.<lb/>
de nimia venere n 18. Journ. de<lb/>
mèdec.</hi> vom Jahre 1757. und April-<lb/>
monate <hirendition="#aq">BIRCH. T. I. p. 474. COL-<lb/>
LE coſmet. p. 151. &c.</hi></note>.</p><lb/><p>Doch auch dieſe finden ihre gewiſſe und baldige Stra-<lb/>
fe; indem einige ploͤzzlich das Leben <noteplace="foot"n="(d)"><hirendition="#aq">p.</hi> 567.</note> einbuͤſſen, andre<lb/><fwplace="bottom"type="catch">von</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[838/0874]
Zeugungstheile. XXVII. Buch.
Es erinnert uns nemlich ſchon die Natur, dieſe
weiſe Mutter, welche fuͤr alle moraliſche und phiſiſche
Beduͤrfniſſe geſorgt hat, daß wir uns auch in den An-
nehmlichkeiten des Lebens maͤßig verhalten ſollen. Das
Vergnuͤgen ladet uns zum Beiſchlafe ein, der uns nuͤzz-
lich, und dem ganzen Geſchlechte nothwendig iſt. Um
nun einer gefaͤlligen Liebe nicht zu ſehr nachzugehen, ſo
ſezzt die Natur derſelben den Schmerz zum Waͤchter,
welcher nach dem Beiſchlafe das ganze Syſtem der Er-
zeugung uͤberfaͤllt, und welcher um deſto lebhafter wird,
je hizziger der Liebeskampf geweſen, ja nach einigen ſchnel-
len Wiederholungen den Zeugungsquell dergeſtalt er-
ſchoͤpft, daß er endlich heftig wird, und der Geilheit zum
Waffenſtillſtande noͤthigt. Eine zuverlaͤßige Schwach-
heit, ſonderlich an den Augen, die man eine Zeitlang
ohne Beſchwerlichkeiten kaum zum Leſen geſchikkt findet,
wenn die Liebe geſaͤttigt worden, ruft uns bald vom Po-
ſten wieder ab. Dieſes thut auch die Wenigkeit des Saa-
mens, und das muͤhſame Auspreſſen deſſelben im wieder-
holten Beiſchlafe, ſo daß nunmehr in der That die Ar-
beit die Wolluſt uͤbertrift.
Man kann Beiſpiele oder Fabeln von Perſonen,
welche aus einer heftigen Liebe, oder in Krankheiten eine
auſſerordentliche Mannheit bewieſen, bei andern Schrift-
ſtellern nachleſen (c).
Doch auch dieſe finden ihre gewiſſe und baldige Stra-
fe; indem einige ploͤzzlich das Leben (d) einbuͤſſen, andre
von
(c)
Von Krankheiten, ein Waſ-
ſerſcheuer AMAT Ent. VII. Cur.
41. von Tollheit PFEIFFER. de
mania p. 18. von eingenommenen
ſpaniſchen Fliegen CABROL. obſ.
17. von bloſſer Begierde MUSITA-
NUS. HUBNER. remed. merc.
TISSEN. l. c. p. 250. 251. 256.
Journ. de medec. T. II. HOFM.
de nimia venere n 18. Journ. de
mèdec. vom Jahre 1757. und April-
monate BIRCH. T. I. p. 474. COL-
LE coſmet. p. 151. &c.
(d) p. 567.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 838. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/874>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.