Warnung verborgen, den Beischlaf nicht auf eine schand- bare, und der Bevölkerung schädliche Art nachzuahmen.
Es hängt die Vorhaut gerade zu unterst der Harn- röhre, an der Bekleidung des schwammigen Körpers, vermittelst einer häutigen Falte feste, welche sich in ein Fadengewebe verliert, so daß sie über die Eichel gezogen werden, sie bedekken, von ihr zurükke geschoben werden, und die Eichel entblössen kann: sie bedekkt sie aber in Kin- dern mehr, hingegen bei widerholten Beischlafe weniger(e). Es ist dieses das Bändchen (frenulum)(f), wovon die Vorhaut, als ein Zaum angehalten wird, damit sie sich nicht zu weit zurükke ziehen lassen möge; übrigens läßt sich selbige ungemein bewegen.
Es läuft auch vom Bändchen, bis zur Mündung der Harnröhre, ein Faden fort (f*), und dieser hemmt den Rükkzug der Vorhaut, ja er vermag im ersten Bei- schlafe Schmerzen zu verursachen (f+). Wenn die Vor- haut an der Eichel anhängt (g), oder gar zu feste ist, oder das Bändchen zu kurz ist (h), so hat dieses Män- ner unvermögend gemacht.
Es ist die Eichel ungemein empfindlich: ihr Schuzz ist die gesunde Vorhaut; läßt sich die Eichel nicht entblös- sen, so hindert solche das Reiben, und von diesem Rei- ben hängt der Ausfluß des Saamens ab.
Da wo die Haut der Vorhaut, und der übrigen Ruthe in der Mitte dikker, und fester ist, hat man An- laß genommen, ihr den Namen raphes (Doppelhaut) zu geben.
§. 39.
(e)[Spaltenumbruch]
Man hielte daher für ein Zeichen der Jungferschaft, wenn das Bändchen die Vorhaut bis zur Harnmündung heranzog VALEN- TIN. Pandect. med. leg. p. 32. LINDEN. Physiol. reform. p. 293. eine weit ausgedehnte Entzündung der Eichel vom Beischlafe bei einer spröden Jungfer ROLFINK. meth. gener. p. 105.
(f)[Spaltenumbruch]LITTRE p. 313. WINS- LOW. n. 561.
(f*)WEITBRECHT. syndesm. p. 229.
(f+)BAUER. secund. gent. cir- cumcis. caus. p. 23.
(g)HILDAN. Cent. III. obs. 54. hypospadiaoi. GALEN. util. part. L. XV. c. 3.
(h)HILDAN. Cent. VI. obs. 60.
Y y 4
I. Abſchn. und deren Saamen.
Warnung verborgen, den Beiſchlaf nicht auf eine ſchand- bare, und der Bevoͤlkerung ſchaͤdliche Art nachzuahmen.
Es haͤngt die Vorhaut gerade zu unterſt der Harn- roͤhre, an der Bekleidung des ſchwammigen Koͤrpers, vermittelſt einer haͤutigen Falte feſte, welche ſich in ein Fadengewebe verliert, ſo daß ſie uͤber die Eichel gezogen werden, ſie bedekken, von ihr zuruͤkke geſchoben werden, und die Eichel entbloͤſſen kann: ſie bedekkt ſie aber in Kin- dern mehr, hingegen bei widerholten Beiſchlafe weniger(e). Es iſt dieſes das Baͤndchen (frenulum)(f), wovon die Vorhaut, als ein Zaum angehalten wird, damit ſie ſich nicht zu weit zuruͤkke ziehen laſſen moͤge; uͤbrigens laͤßt ſich ſelbige ungemein bewegen.
Es laͤuft auch vom Baͤndchen, bis zur Muͤndung der Harnroͤhre, ein Faden fort (f*), und dieſer hemmt den Ruͤkkzug der Vorhaut, ja er vermag im erſten Bei- ſchlafe Schmerzen zu verurſachen (f†). Wenn die Vor- haut an der Eichel anhaͤngt (g), oder gar zu feſte iſt, oder das Baͤndchen zu kurz iſt (h), ſo hat dieſes Maͤn- ner unvermoͤgend gemacht.
Es iſt die Eichel ungemein empfindlich: ihr Schuzz iſt die geſunde Vorhaut; laͤßt ſich die Eichel nicht entbloͤſ- ſen, ſo hindert ſolche das Reiben, und von dieſem Rei- ben haͤngt der Ausfluß des Saamens ab.
Da wo die Haut der Vorhaut, und der uͤbrigen Ruthe in der Mitte dikker, und feſter iſt, hat man An- laß genommen, ihr den Namen raphes (Doppelhaut) zu geben.
§. 39.
(e)[Spaltenumbruch]
Man hielte daher fuͤr ein Zeichen der Jungferſchaft, wenn das Baͤndchen die Vorhaut bis zur Harnmuͤndung heranzog VALEN- TIN. Pandect. med. leg. p. 32. LINDEN. Phyſiol. reform. p. 293. eine weit ausgedehnte Entzuͤndung der Eichel vom Beiſchlafe bei einer ſproͤden Jungfer ROLFINK. meth. gener. p. 105.
(f)[Spaltenumbruch]LITTRE p. 313. WINS- LOW. n. 561.
(f*)WEITBRECHT. ſyndesm. p. 229.
(f†)BAUER. ſecund. gent. cir- cumciſ. cauſ. p. 23.
(g)HILDAN. Cent. III. obſ. 54. hypoſpadiaoi. GALEN. util. part. L. XV. c. 3.
(h)HILDAN. Cent. VI. obſ. 60.
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bare, und der Bevoͤlkerung ſchaͤdliche Art nachzuahmen.
Es haͤngt die Vorhaut gerade zu unterſt der Harn-
roͤhre, an der Bekleidung des ſchwammigen Koͤrpers,
vermittelſt einer haͤutigen Falte feſte, welche ſich in ein
Fadengewebe verliert, ſo daß ſie uͤber die Eichel gezogen
werden, ſie bedekken, von ihr zuruͤkke geſchoben werden,
und die Eichel entbloͤſſen kann: ſie bedekkt ſie aber in Kin-
dern mehr, hingegen bei widerholten Beiſchlafe weniger (e).
Es iſt dieſes das Baͤndchen (frenulum) (f), wovon
die Vorhaut, als ein Zaum angehalten wird, damit ſie
ſich nicht zu weit zuruͤkke ziehen laſſen moͤge; uͤbrigens
laͤßt ſich ſelbige ungemein bewegen.
Es laͤuft auch vom Baͤndchen, bis zur Muͤndung
der Harnroͤhre, ein Faden fort (f*), und dieſer hemmt
den Ruͤkkzug der Vorhaut, ja er vermag im erſten Bei-
ſchlafe Schmerzen zu verurſachen (f†). Wenn die Vor-
haut an der Eichel anhaͤngt (g), oder gar zu feſte iſt,
oder das Baͤndchen zu kurz iſt (h), ſo hat dieſes Maͤn-
ner unvermoͤgend gemacht.
Es iſt die Eichel ungemein empfindlich: ihr Schuzz
iſt die geſunde Vorhaut; laͤßt ſich die Eichel nicht entbloͤſ-
ſen, ſo hindert ſolche das Reiben, und von dieſem Rei-
ben haͤngt der Ausfluß des Saamens ab.
Da wo die Haut der Vorhaut, und der uͤbrigen
Ruthe in der Mitte dikker, und feſter iſt, hat man An-
laß genommen, ihr den Namen raphes (Doppelhaut)
zu geben.
§. 39.
(e)
Man hielte daher fuͤr ein
Zeichen der Jungferſchaft, wenn
das Baͤndchen die Vorhaut bis zur
Harnmuͤndung heranzog VALEN-
TIN. Pandect. med. leg. p. 32.
LINDEN. Phyſiol. reform. p. 293.
eine weit ausgedehnte Entzuͤndung
der Eichel vom Beiſchlafe bei einer
ſproͤden Jungfer ROLFINK. meth.
gener. p. 105.
(f)
LITTRE p. 313. WINS-
LOW. n. 561.
(f*) WEITBRECHT. ſyndesm.
p. 229.
(f†) BAUER. ſecund. gent. cir-
cumciſ. cauſ. p. 23.
(g) HILDAN. Cent. III. obſ. 54.
hypoſpadiaoi. GALEN. util. part.
L. XV. c. 3.
(h) HILDAN. Cent. VI. obſ. 60.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 711. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/747>, abgerufen am 01.02.2025.
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