wenn wir schlafen, zu wirken fortfährt, und zugleich hin- dert, daß der Urin nicht aus der Harnröhre tropfenwei- se tröpfelt, so wie er aus den Harngängen tröpflend her- vorkömmt.
Man wird diese Ursache nicht in irgend einem Schliesmuskel suchen wollen, welcher sich nach unserm Willen richten müste, weil der Urin, auch bei Kin- dern, die von allen Gesezzen der Gesellschaft und des Wohlstandes nichts wissen, so wie in jungen Thieren, die nicht eben zur Reinlichkeit angehalten worden, dennoch nicht beständig, sondern nach langen Zwischenzeiten fort- fließt, wenn gleich weder das Kind, noch das junge Thier unterrichtet worden, den Ausfluß des Urins an sich zu halten, oder sich anstrengt, solches für sich zu thun. Bei- de harnen nach Zwischenzeiten nach den Gesezzen des Rei- zes, dessen Endigung die Natur verlangt. Doch es fliest auch der Urin nicht aus todten Körpern(k), wenn gleich die Blase noch so voll ist, ja nicht einmal, wenn man die Blase drükkt (l).
Man könnte auch hier einwenden (m), daß der Urin nicht nur nicht von selbsten bei gesunden Personen, son- dern auch nicht einmal ohne einige Anstrengung fortgeht, da nemlich das Gedärme (n) senkrecht auf die Blase drükkt, indem ein liegender Mensch schwerlich harnen kann.
Doch es ist auch diese Aufgabe an sich schwer, und man könnte sich wundern, wie sie so neu sei, da sie doch zu einer, dem Leben so unentbehrlichen Verrichtung mit gehöret.
Der Mensch würde nemlich unreinlich werden, und einen übeln Geruch von sich geben, wenn seine Kleider
und
(k)[Spaltenumbruch]
Läßt auch Wasser langsam durch die Harnröhre SAUVAGES. Theor. tum. p. 20.
(l)BIANCHI apud MANGE- TUM p. 417. 419. auch MORG. sed. et caus. morb. T. II. p. 259. [Spaltenumbruch]Non. valde: habe nicht sehr von sich gegeben.
(m) Der Sphincter sey nicht hinlänglich WALTHER. l. c. p. 13.
(n)WALTHER. coll. vesic. n. 3.
Die Harnwege, XXVI. Buch.
wenn wir ſchlafen, zu wirken fortfaͤhrt, und zugleich hin- dert, daß der Urin nicht aus der Harnroͤhre tropfenwei- ſe troͤpfelt, ſo wie er aus den Harngaͤngen troͤpflend her- vorkoͤmmt.
Man wird dieſe Urſache nicht in irgend einem Schliesmuſkel ſuchen wollen, welcher ſich nach unſerm Willen richten muͤſte, weil der Urin, auch bei Kin- dern, die von allen Geſezzen der Geſellſchaft und des Wohlſtandes nichts wiſſen, ſo wie in jungen Thieren, die nicht eben zur Reinlichkeit angehalten worden, dennoch nicht beſtaͤndig, ſondern nach langen Zwiſchenzeiten fort- fließt, wenn gleich weder das Kind, noch das junge Thier unterrichtet worden, den Ausfluß des Urins an ſich zu halten, oder ſich anſtrengt, ſolches fuͤr ſich zu thun. Bei- de harnen nach Zwiſchenzeiten nach den Geſezzen des Rei- zes, deſſen Endigung die Natur verlangt. Doch es flieſt auch der Urin nicht aus todten Koͤrpern(k), wenn gleich die Blaſe noch ſo voll iſt, ja nicht einmal, wenn man die Blaſe druͤkkt (l).
Man koͤnnte auch hier einwenden (m), daß der Urin nicht nur nicht von ſelbſten bei geſunden Perſonen, ſon- dern auch nicht einmal ohne einige Anſtrengung fortgeht, da nemlich das Gedaͤrme (n) ſenkrecht auf die Blaſe druͤkkt, indem ein liegender Menſch ſchwerlich harnen kann.
Doch es iſt auch dieſe Aufgabe an ſich ſchwer, und man koͤnnte ſich wundern, wie ſie ſo neu ſei, da ſie doch zu einer, dem Leben ſo unentbehrlichen Verrichtung mit gehoͤret.
Der Menſch wuͤrde nemlich unreinlich werden, und einen uͤbeln Geruch von ſich geben, wenn ſeine Kleider
und
(k)[Spaltenumbruch]
Laͤßt auch Waſſer langſam durch die Harnroͤhre SAUVAGES. Theor. tum. p. 20.
(l)BIANCHI apud MANGE- TUM p. 417. 419. auch MORG. ſed. et cauſ. morb. T. II. p. 259. [Spaltenumbruch]Non. valde: habe nicht ſehr von ſich gegeben.
(m) Der Sphincter ſey nicht hinlaͤnglich WALTHER. l. c. p. 13.
(n)WALTHER. coll. veſic. n. 3.
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Die Harnwege, XXVI. Buch.
wenn wir ſchlafen, zu wirken fortfaͤhrt, und zugleich hin-
dert, daß der Urin nicht aus der Harnroͤhre tropfenwei-
ſe troͤpfelt, ſo wie er aus den Harngaͤngen troͤpflend her-
vorkoͤmmt.
Man wird dieſe Urſache nicht in irgend einem
Schliesmuſkel ſuchen wollen, welcher ſich nach unſerm
Willen richten muͤſte, weil der Urin, auch bei Kin-
dern, die von allen Geſezzen der Geſellſchaft und des
Wohlſtandes nichts wiſſen, ſo wie in jungen Thieren,
die nicht eben zur Reinlichkeit angehalten worden, dennoch
nicht beſtaͤndig, ſondern nach langen Zwiſchenzeiten fort-
fließt, wenn gleich weder das Kind, noch das junge Thier
unterrichtet worden, den Ausfluß des Urins an ſich zu
halten, oder ſich anſtrengt, ſolches fuͤr ſich zu thun. Bei-
de harnen nach Zwiſchenzeiten nach den Geſezzen des Rei-
zes, deſſen Endigung die Natur verlangt. Doch es
flieſt auch der Urin nicht aus todten Koͤrpern (k), wenn
gleich die Blaſe noch ſo voll iſt, ja nicht einmal, wenn
man die Blaſe druͤkkt (l).
Man koͤnnte auch hier einwenden (m), daß der Urin
nicht nur nicht von ſelbſten bei geſunden Perſonen, ſon-
dern auch nicht einmal ohne einige Anſtrengung fortgeht,
da nemlich das Gedaͤrme (n) ſenkrecht auf die Blaſe druͤkkt,
indem ein liegender Menſch ſchwerlich harnen kann.
Doch es iſt auch dieſe Aufgabe an ſich ſchwer, und
man koͤnnte ſich wundern, wie ſie ſo neu ſei, da ſie doch
zu einer, dem Leben ſo unentbehrlichen Verrichtung mit
gehoͤret.
Der Menſch wuͤrde nemlich unreinlich werden, und
einen uͤbeln Geruch von ſich geben, wenn ſeine Kleider
und
(k)
Laͤßt auch Waſſer langſam
durch die Harnroͤhre SAUVAGES.
Theor. tum. p. 20.
(l) BIANCHI apud MANGE-
TUM p. 417. 419. auch MORG.
ſed. et cauſ. morb. T. II. p. 259.
Non. valde: habe nicht ſehr von
ſich gegeben.
(m) Der Sphincter ſey nicht
hinlaͤnglich WALTHER. l. c. p. 13.
(n) WALTHER. coll. veſic. n. 3.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/618>, abgerufen am 22.11.2024.
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