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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

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IV. Abschn. die der Harn nimmt.

Wenn bisweilen der Urin in einer Vereiterung der
Niere, dennoch in die Blase durchgeseicht worden(g),
so geschahe hier eben das, was auch im Magen, in den
Wegen des Schweisses, an den Gehirnkammern, und
endlich mehrmalen geschicht (h), so oft die scharfen Theile,
welche aus dem Körper durch die Niere, und Blase aus-
geführt werden mußten, auf diesem rechtmäßigen Wege
nicht weggeschaft werden konnten. Es leget nämlich das
Blut, welches mit dergleichen Bestandtheilen des Urins
beladen ist, in alle diese Höhlungen eine Flüßigkeit nie-
der, welche Geruch und Farbe vom Urine an sich hat,
obgleich diese Theile keine solche Durchseichmaschine, als
die Niere haben.

Was endlich das neuere Exempel betrift, da der
Urin durch die entblößte Harngänge getröpfelt ist, so er-
innert der berühmte Cenon mit gutem Nuzzen, daß
dennoch der Urin weggeflossen, ob schon kaum etwas
von der Blase mehr übrig gewesen, so wie man die Ver-
schiedenheit zwischen einem ungefärbten und gefärbten
Urine noch immer bemerkt habe, so wie sie bei einem ge-
sunden Menschen vorzukommen pflegt (h*).

Wenn man also dieses alles überlegt, so haben sowohl
vormals, als heut zu Tage, alle berühmte Männer,
deren Urtheile wichtig sind, solche besondere Harnwege
verworfen. Diese sind, Erasistratus, als der erste (i),
ferner Galen (l), Cälius Aurelianus(m), hierauf
Fernelius (n), J. Bohn (o), P. Verheyen (p), der

berühm-
(g) [Spaltenumbruch] p. 309.
(h) Conf. n. 12.
(h*) Memoir de l'Acad. 1761.
(i) Apud GALENUM. Fac.
nat. L. II. c.
8.
(l) Ibid. et L. I. c. 13. L. IV.
c.
2.
(m) [Spaltenumbruch] Von den unbekannten We-
gen, die ein Abceß von einem Theil
zum andern gieng. Cronic. V. p.
587.
(n) L. I.
(o) Progymn. 14. p. 188.
(p) Fr. I. Supplem. c. 29.
N n 2
IV. Abſchn. die der Harn nimmt.

Wenn bisweilen der Urin in einer Vereiterung der
Niere, dennoch in die Blaſe durchgeſeicht worden(g),
ſo geſchahe hier eben das, was auch im Magen, in den
Wegen des Schweiſſes, an den Gehirnkammern, und
endlich mehrmalen geſchicht (h), ſo oft die ſcharfen Theile,
welche aus dem Koͤrper durch die Niere, und Blaſe aus-
gefuͤhrt werden mußten, auf dieſem rechtmaͤßigen Wege
nicht weggeſchaft werden konnten. Es leget naͤmlich das
Blut, welches mit dergleichen Beſtandtheilen des Urins
beladen iſt, in alle dieſe Hoͤhlungen eine Fluͤßigkeit nie-
der, welche Geruch und Farbe vom Urine an ſich hat,
obgleich dieſe Theile keine ſolche Durchſeichmaſchine, als
die Niere haben.

Was endlich das neuere Exempel betrift, da der
Urin durch die entbloͤßte Harngaͤnge getroͤpfelt iſt, ſo er-
innert der beruͤhmte Cenon mit gutem Nuzzen, daß
dennoch der Urin weggefloſſen, ob ſchon kaum etwas
von der Blaſe mehr uͤbrig geweſen, ſo wie man die Ver-
ſchiedenheit zwiſchen einem ungefaͤrbten und gefaͤrbten
Urine noch immer bemerkt habe, ſo wie ſie bei einem ge-
ſunden Menſchen vorzukommen pflegt (h*).

Wenn man alſo dieſes alles uͤberlegt, ſo haben ſowohl
vormals, als heut zu Tage, alle beruͤhmte Maͤnner,
deren Urtheile wichtig ſind, ſolche beſondere Harnwege
verworfen. Dieſe ſind, Eraſiſtratus, als der erſte (i),
ferner Galen (l), Caͤlius Aurelianus(m), hierauf
Fernelius (n), J. Bohn (o), P. Verheyen (p), der

beruͤhm-
(g) [Spaltenumbruch] p. 309.
(h) Conf. n. 12.
(h*) Mémoir de l’Acad. 1761.
(i) Apud GALENUM. Fac.
nat. L. II. c.
8.
(l) Ibid. et L. I. c. 13. L. IV.
c.
2.
(m) [Spaltenumbruch] Von den unbekannten We-
gen, die ein Abceß von einem Theil
zum andern gieng. Cronic. V. p.
587.
(n) L. I.
(o) Progymn. 14. p. 188.
(p) Fr. I. Supplem. c. 29.
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[563/0599] IV. Abſchn. die der Harn nimmt. Wenn bisweilen der Urin in einer Vereiterung der Niere, dennoch in die Blaſe durchgeſeicht worden (g), ſo geſchahe hier eben das, was auch im Magen, in den Wegen des Schweiſſes, an den Gehirnkammern, und endlich mehrmalen geſchicht (h), ſo oft die ſcharfen Theile, welche aus dem Koͤrper durch die Niere, und Blaſe aus- gefuͤhrt werden mußten, auf dieſem rechtmaͤßigen Wege nicht weggeſchaft werden konnten. Es leget naͤmlich das Blut, welches mit dergleichen Beſtandtheilen des Urins beladen iſt, in alle dieſe Hoͤhlungen eine Fluͤßigkeit nie- der, welche Geruch und Farbe vom Urine an ſich hat, obgleich dieſe Theile keine ſolche Durchſeichmaſchine, als die Niere haben. Was endlich das neuere Exempel betrift, da der Urin durch die entbloͤßte Harngaͤnge getroͤpfelt iſt, ſo er- innert der beruͤhmte Cenon mit gutem Nuzzen, daß dennoch der Urin weggefloſſen, ob ſchon kaum etwas von der Blaſe mehr uͤbrig geweſen, ſo wie man die Ver- ſchiedenheit zwiſchen einem ungefaͤrbten und gefaͤrbten Urine noch immer bemerkt habe, ſo wie ſie bei einem ge- ſunden Menſchen vorzukommen pflegt (h*). Wenn man alſo dieſes alles uͤberlegt, ſo haben ſowohl vormals, als heut zu Tage, alle beruͤhmte Maͤnner, deren Urtheile wichtig ſind, ſolche beſondere Harnwege verworfen. Dieſe ſind, Eraſiſtratus, als der erſte (i), ferner Galen (l), Caͤlius Aurelianus (m), hierauf Fernelius (n), J. Bohn (o), P. Verheyen (p), der beruͤhm- (g) p. 309. (h) Conf. n. 12. (h*) Mémoir de l’Acad. 1761. (i) Apud GALENUM. Fac. nat. L. II. c. 8. (l) Ibid. et L. I. c. 13. L. IV. c. 2. (m) Von den unbekannten We- gen, die ein Abceß von einem Theil zum andern gieng. Cronic. V. p. 587. (n) L. I. (o) Progymn. 14. p. 188. (p) Fr. I. Supplem. c. 29. N n 2

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/599>, abgerufen am 22.11.2024.