oder Schärfe uns beschwerlich geworden, an [Spaltenumbruch](a*). Jn- dessen kann die Ursache doch auch anderswo anzutreffen seyn, daß sich die Seele irrig überredet, der Mastdarm leide, ob gleich die Ursache des Reizes eigentlich in der Blase ist. Leute, die mit Steinen behaftet sind, em- pfinden mehr als zu oft einen Stuhlzwang, eben so kömmt uns der Schmerz der blinden güldnen Ader vor(c), im Gegentheile stellet sich bei dem Stuhlzwange ein Harn- zwang ein (d), so wie bei der Ruhr (e), und bei der güldnen Ader (f).
Es weis nämlich, wie wir vorlängst gezeigt haben, unsere Seele nicht vollkommen genau den Ort, wo der Schmerz ist, sondern sie erräth dieses gemeiniglich nur so obenhin.
Diesem Reize gehorchen nun die Kinder, die Fische und Vögel, sobald sie solchen empfinden; die vierfüßigen Thiere, welche unter den Menschen leben, und gesittete Menschen halten damit etwas an sich, und wissen, nach den Gesezzen des Wohlstandes, die Ausleerung und Blähungen zu verschieben.
Es ist aber glaublich, daß der inwendige Schlies- muskel, der sonst eine schwächere Kraft hat, bei dem häufigen Gebrauche des willkührlichen äussern Schlies- muskels, endlich so herrschend wird, daß er sein Amt allein zu verrichten, hinreicht.
Jn diesem Verstande sind die Schliesmuskeln dem Befehle des Willens unterworfen (h).
Allein plözzlich zwinget uns, eine unwiderstehlige Nothwendigkeit, wegen der Menge, Härte und Schärfe (b)
des
(a*) Daher ist der Stuhlzwang im Oriente gemein, und tödlich den druyploop. BONT. Med. Indor. L. II. c. 16.
(c)[Spaltenumbruch]BAGLIO l. c.
(d)BENEVOLI Diss. II.
(e)HARDER. exerc. p. 62.
(f)AMAT. C. VI. cur. 84.
(h) Besiehe L. XI. p. 527.
(b)ROBINSON. stone p. 129. TENYS. de calculo p. 47. BA- GLIO Prax. I. p. 117. TOLET. p. 54.
Das Gedaͤrme. XXIV. Buch.
oder Schaͤrfe uns beſchwerlich geworden, an [Spaltenumbruch](a*). Jn- deſſen kann die Urſache doch auch anderswo anzutreffen ſeyn, daß ſich die Seele irrig uͤberredet, der Maſtdarm leide, ob gleich die Urſache des Reizes eigentlich in der Blaſe iſt. Leute, die mit Steinen behaftet ſind, em- pfinden mehr als zu oft einen Stuhlzwang, eben ſo koͤmmt uns der Schmerz der blinden guͤldnen Ader vor(c), im Gegentheile ſtellet ſich bei dem Stuhlzwange ein Harn- zwang ein (d), ſo wie bei der Ruhr (e), und bei der guͤldnen Ader (f).
Es weis naͤmlich, wie wir vorlaͤngſt gezeigt haben, unſere Seele nicht vollkommen genau den Ort, wo der Schmerz iſt, ſondern ſie erraͤth dieſes gemeiniglich nur ſo obenhin.
Dieſem Reize gehorchen nun die Kinder, die Fiſche und Voͤgel, ſobald ſie ſolchen empfinden; die vierfuͤßigen Thiere, welche unter den Menſchen leben, und geſittete Menſchen halten damit etwas an ſich, und wiſſen, nach den Geſezzen des Wohlſtandes, die Ausleerung und Blaͤhungen zu verſchieben.
Es iſt aber glaublich, daß der inwendige Schlies- muſkel, der ſonſt eine ſchwaͤchere Kraft hat, bei dem haͤufigen Gebrauche des willkuͤhrlichen aͤuſſern Schlies- muſkels, endlich ſo herrſchend wird, daß er ſein Amt allein zu verrichten, hinreicht.
Jn dieſem Verſtande ſind die Schliesmuſkeln dem Befehle des Willens unterworfen (h).
Allein ploͤzzlich zwinget uns, eine unwiderſtehlige Nothwendigkeit, wegen der Menge, Haͤrte und Schaͤrfe (b)
des
(a*) Daher iſt der Stuhlzwang im Oriente gemein, und toͤdlich den druyploop. BONT. Med. Indor. L. II. c. 16.
(c)[Spaltenumbruch]BAGLIO l. c.
(d)BENEVOLI Diſſ. II.
(e)HARDER. exerc. p. 62.
(f)AMAT. C. VI. cur. 84.
(h) Beſiehe L. XI. p. 527.
(b)ROBINSON. ſtone p. 129. TENYS. de calculo p. 47. BA- GLIO Prax. I. p. 117. TOLET. p. 54.
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Das Gedaͤrme. XXIV. Buch.
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(a*). Jn-
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leide, ob gleich die Urſache des Reizes eigentlich in der
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uns der Schmerz der blinden guͤldnen Ader vor (c), im
Gegentheile ſtellet ſich bei dem Stuhlzwange ein Harn-
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Es weis naͤmlich, wie wir vorlaͤngſt gezeigt haben,
unſere Seele nicht vollkommen genau den Ort, wo der
Schmerz iſt, ſondern ſie erraͤth dieſes gemeiniglich nur
ſo obenhin.
Dieſem Reize gehorchen nun die Kinder, die Fiſche
und Voͤgel, ſobald ſie ſolchen empfinden; die vierfuͤßigen
Thiere, welche unter den Menſchen leben, und geſittete
Menſchen halten damit etwas an ſich, und wiſſen, nach
den Geſezzen des Wohlſtandes, die Ausleerung und
Blaͤhungen zu verſchieben.
Es iſt aber glaublich, daß der inwendige Schlies-
muſkel, der ſonſt eine ſchwaͤchere Kraft hat, bei dem
haͤufigen Gebrauche des willkuͤhrlichen aͤuſſern Schlies-
muſkels, endlich ſo herrſchend wird, daß er ſein Amt
allein zu verrichten, hinreicht.
Jn dieſem Verſtande ſind die Schliesmuſkeln dem
Befehle des Willens unterworfen (h).
Allein ploͤzzlich zwinget uns, eine unwiderſtehlige
Nothwendigkeit, wegen der Menge, Haͤrte und Schaͤrfe
des
(b)
(a*) Daher iſt der Stuhlzwang
im Oriente gemein, und toͤdlich
den druyploop. BONT. Med.
Indor. L. II. c. 16.
(c)
BAGLIO l. c.
(d) BENEVOLI Diſſ. II.
(e) HARDER. exerc. p. 62.
(f) AMAT. C. VI. cur. 84.
(h) Beſiehe L. XI. p. 527.
(b) ROBINSON. ſtone p. 129.
TENYS. de calculo p. 47. BA-
GLIO Prax. I. p. 117. TOLET.
p. 54.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/320>, abgerufen am 22.11.2024.
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