Selbst die Eselsmilch behielt in dem Urine der Per- son, welche sie getrunken hatte, ihre völlige Natur, und es fielen in demselben käsige Klümpchen, mit dem Ge- ruche nach frischem Käse, zu Boden [Spaltenumbruch](q+).
Nicht selten bemerkt man am Schweisse einen sauren Geruch (r), und es fühlte Jemand, welcher sich der Vi- triolsäure bediente, aller Orten gleichsam stechende Spiz- zen (s). Leute empfinden bisweilen bei den so genannten Fontenellen von den Speisen eine jukkende Säure(t). Eine Frauensperson hatte eine so saure Ausdünstung, daß alles Mehl, welches sie verbakkte, eine verdorbene Säure an sich nahm (u). Vom Genusse des Vitriol- öls schälte sich die Haut am ganzen Körper rindenweise ab (w), und ich erinnre mich, da ich mich der chemischen Säure stark bediene, als ich zur Verbesserung der lau- genhaften Schärfe bei einem Menschen, der Flechten hatte, den Gebrauch desselben vorschrieb, daß ich mich genöthigt gefunden, meine Rathschläge zu ändern, weil ich von diesem Arzeneimittel offenbare Reize an der Haut bemerkte.
Es kann auch nach und nach ein saures Verderben in die Säfte des Menschen eingeführet werden, welches so zunimmt, daß alle Säfte, und der Schweis selbst dar- an Theil nehmen (x). Bei einer skorbutischen Frauens- person war der Speichel und der Koth sauer (x*).
Am wenigsten unter allen läst sich das Meersalz (y), welches in dem fixen, aus den Säften der vierfüßigen
Thiere
(q+)L. XXVI.
(r)HOMBERG Mem. de l'Acad. 1712. p. 274. er habe viel Schwe- fel gebraucht. Add. L. V. p. 93. 94. L. XII. p. 49.
(s)CRATON Epist. L. V. p. 305.
(t)[Spaltenumbruch]NEUMAN Oper. p. 210. HOFMAN de remed. benign. abusu.
(u)VIRIDET bon chyle p. 95.
(w)TULP. L. III. c. 43.
(x)LUDWIG pathol. p. 64. 122.
(x*)ALBIN I. c.
(y)MACQUER Chem. prat. p. 459.
Das Gedaͤrme. XXIV. Buch.
Selbſt die Eſelsmilch behielt in dem Urine der Per- ſon, welche ſie getrunken hatte, ihre voͤllige Natur, und es fielen in demſelben kaͤſige Kluͤmpchen, mit dem Ge- ruche nach friſchem Kaͤſe, zu Boden [Spaltenumbruch](q†).
Nicht ſelten bemerkt man am Schweiſſe einen ſauren Geruch (r), und es fuͤhlte Jemand, welcher ſich der Vi- triolſaͤure bediente, aller Orten gleichſam ſtechende Spiz- zen (s). Leute empfinden bisweilen bei den ſo genannten Fontenellen von den Speiſen eine jukkende Saͤure(t). Eine Frauensperſon hatte eine ſo ſaure Ausduͤnſtung, daß alles Mehl, welches ſie verbakkte, eine verdorbene Saͤure an ſich nahm (u). Vom Genuſſe des Vitriol- oͤls ſchaͤlte ſich die Haut am ganzen Koͤrper rindenweiſe ab (w), und ich erinnre mich, da ich mich der chemiſchen Saͤure ſtark bediene, als ich zur Verbeſſerung der lau- genhaften Schaͤrfe bei einem Menſchen, der Flechten hatte, den Gebrauch deſſelben vorſchrieb, daß ich mich genoͤthigt gefunden, meine Rathſchlaͤge zu aͤndern, weil ich von dieſem Arzeneimittel offenbare Reize an der Haut bemerkte.
Es kann auch nach und nach ein ſaures Verderben in die Saͤfte des Menſchen eingefuͤhret werden, welches ſo zunimmt, daß alle Saͤfte, und der Schweis ſelbſt dar- an Theil nehmen (x). Bei einer ſkorbutiſchen Frauens- perſon war der Speichel und der Koth ſauer (x*).
Am wenigſten unter allen laͤſt ſich das Meerſalz (y), welches in dem fixen, aus den Saͤften der vierfuͤßigen
Thiere
(q†)L. XXVI.
(r)HOMBERG Mém. de l’Acad. 1712. p. 274. er habe viel Schwe- fel gebraucht. Add. L. V. p. 93. 94. L. XII. p. 49.
(s)CRATON Epiſt. L. V. p. 305.
(t)[Spaltenumbruch]NEUMAN Oper. p. 210. HOFMAN de remed. benign. abuſu.
(u)VIRIDET bon chyle p. 95.
(w)TULP. L. III. c. 43.
(x)LUDWIG pathol. p. 64. 122.
(x*)ALBIN I. c.
(y)MACQUER Chem. prat. p. 459.
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Das Gedaͤrme. XXIV. Buch.
Selbſt die Eſelsmilch behielt in dem Urine der Per-
ſon, welche ſie getrunken hatte, ihre voͤllige Natur, und
es fielen in demſelben kaͤſige Kluͤmpchen, mit dem Ge-
ruche nach friſchem Kaͤſe, zu Boden
(q†).
Nicht ſelten bemerkt man am Schweiſſe einen ſauren
Geruch (r), und es fuͤhlte Jemand, welcher ſich der Vi-
triolſaͤure bediente, aller Orten gleichſam ſtechende Spiz-
zen (s). Leute empfinden bisweilen bei den ſo genannten
Fontenellen von den Speiſen eine jukkende Saͤure (t).
Eine Frauensperſon hatte eine ſo ſaure Ausduͤnſtung,
daß alles Mehl, welches ſie verbakkte, eine verdorbene
Saͤure an ſich nahm (u). Vom Genuſſe des Vitriol-
oͤls ſchaͤlte ſich die Haut am ganzen Koͤrper rindenweiſe
ab (w), und ich erinnre mich, da ich mich der chemiſchen
Saͤure ſtark bediene, als ich zur Verbeſſerung der lau-
genhaften Schaͤrfe bei einem Menſchen, der Flechten
hatte, den Gebrauch deſſelben vorſchrieb, daß ich mich
genoͤthigt gefunden, meine Rathſchlaͤge zu aͤndern, weil
ich von dieſem Arzeneimittel offenbare Reize an der Haut
bemerkte.
Es kann auch nach und nach ein ſaures Verderben
in die Saͤfte des Menſchen eingefuͤhret werden, welches
ſo zunimmt, daß alle Saͤfte, und der Schweis ſelbſt dar-
an Theil nehmen (x). Bei einer ſkorbutiſchen Frauens-
perſon war der Speichel und der Koth ſauer (x*).
Am wenigſten unter allen laͤſt ſich das Meerſalz (y),
welches in dem fixen, aus den Saͤften der vierfuͤßigen
Thiere
(q†) L. XXVI.
(r) HOMBERG Mém. de l’Acad.
1712. p. 274. er habe viel Schwe-
fel gebraucht. Add. L. V. p. 93.
94. L. XII. p. 49.
(s) CRATON Epiſt. L. V.
p. 305.
(t)
NEUMAN Oper. p. 210.
HOFMAN de remed. benign.
abuſu.
(u) VIRIDET bon chyle p. 95.
(w) TULP. L. III. c. 43.
(x) LUDWIG pathol. p. 64. 122.
(x*) ALBIN I. c.
(y) MACQUER Chem. prat.
p. 459.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/118>, abgerufen am 25.11.2024.
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