in ihrer Höhe erhielte, in das Reich der Vergessenheit wieder zurükk.
Es geschieht nemlich selten, jedoch auch bisweilen wohl, daß die Wahrheit auch in dem Freystaate der Ar- zeneikunst den Vorurtheilen zur Beute überlassen wird.
So machen berühmte Männer gegen die Theorie des Monatblutes, Kraft welcher man diese Ausführung durch die Vollblütigkeit erklärt, vielfältige Einwürfe. Erstlich könnte man den weichern Bau des weiblichen Geschlechts in so fern leugnen, weil es weichliche Män- ner und bärtige und sehr starke Frauenspersonen giebt, ohne daß jene die monatliche Reinigung hätten, noch diese dem allgemeinen Gesezze ihres Geschlechts ausweichen könnten. Man finde auch bey Mannspersonen eben solche histerische Zufälle, es empfänden Mannspersonen das Erstikken ebenfalls (b), und sogar bemerkten sie eine im Schlunde in die Höhe steigende Kugel, sie bekämen ebenfalls vom Bibergeil Erleichterung, und könnten den Ambra eben so wenig vertragen (c).
Es thue aber eine verminderte Ausdünstung zum Ausbruche der monatlichen Reinigung nichts. Denn es habe ein vollkommen gesundes Mägdchen vor, und nach ihrer Reinigung, einerley Gewicht gehabt(d).
Das Wachsthum sey bey vielen nach dem Ausbruche der Reinigung ziemlich ansehnlich (e).
Einige berühmte Männer geben überhaupt auch keine weibliche Vollblütigkeit zu. Es sey nicht wahrscheinlich, sagen sie, daß alle Mägdchens seit sechszig Jahrhunder- ten an der Vollblütigkeit krank gewesen wären (f), und [Spaltenumbruch](a)
es
(b)HOECHSTETTER. cas. 2. Dec. V. add. cas. 4. Dec. IV. PECHLIN. L. I. obs. 31.
(c)SPINDLER. obs. 8.
(d)[Spaltenumbruch]SAMSON. l. c. p. 51.
(e)G. v. SWIETEN. Comm. IV. p. 421.
(f)EMETT. p. 41.
(a)J. SYLVIUS tr. X. p. 864.
Weibliche Theile. XXVIII. Buch.
in ihrer Hoͤhe erhielte, in das Reich der Vergeſſenheit wieder zuruͤkk.
Es geſchieht nemlich ſelten, jedoch auch bisweilen wohl, daß die Wahrheit auch in dem Freyſtaate der Ar- zeneikunſt den Vorurtheilen zur Beute uͤberlaſſen wird.
So machen beruͤhmte Maͤnner gegen die Theorie des Monatblutes, Kraft welcher man dieſe Ausfuͤhrung durch die Vollbluͤtigkeit erklaͤrt, vielfaͤltige Einwuͤrfe. Erſtlich koͤnnte man den weichern Bau des weiblichen Geſchlechts in ſo fern leugnen, weil es weichliche Maͤn- ner und baͤrtige und ſehr ſtarke Frauensperſonen giebt, ohne daß jene die monatliche Reinigung haͤtten, noch dieſe dem allgemeinen Geſezze ihres Geſchlechts ausweichen koͤnnten. Man finde auch bey Mannsperſonen eben ſolche hiſteriſche Zufaͤlle, es empfaͤnden Mannsperſonen das Erſtikken ebenfalls (b), und ſogar bemerkten ſie eine im Schlunde in die Hoͤhe ſteigende Kugel, ſie bekaͤmen ebenfalls vom Bibergeil Erleichterung, und koͤnnten den Ambra eben ſo wenig vertragen (c).
Es thue aber eine verminderte Ausduͤnſtung zum Ausbruche der monatlichen Reinigung nichts. Denn es habe ein vollkommen geſundes Maͤgdchen vor, und nach ihrer Reinigung, einerley Gewicht gehabt(d).
Das Wachsthum ſey bey vielen nach dem Ausbruche der Reinigung ziemlich anſehnlich (e).
Einige beruͤhmte Maͤnner geben uͤberhaupt auch keine weibliche Vollbluͤtigkeit zu. Es ſey nicht wahrſcheinlich, ſagen ſie, daß alle Maͤgdchens ſeit ſechszig Jahrhunder- ten an der Vollbluͤtigkeit krank geweſen waͤren (f), und [Spaltenumbruch](a)
es
(b)HOECHSTETTER. caſ. 2. Dec. V. add. caſ. 4. Dec. IV. PECHLIN. L. I. obſ. 31.
(c)SPINDLER. obſ. 8.
(d)[Spaltenumbruch]SAMSON. l. c. p. 51.
(e)G. v. SWIETEN. Comm. IV. p. 421.
(f)EMETT. p. 41.
(a)J. SYLVIUS tr. X. p. 864.
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Weibliche Theile. XXVIII. Buch.
in ihrer Hoͤhe erhielte, in das Reich der Vergeſſenheit
wieder zuruͤkk.
Es geſchieht nemlich ſelten, jedoch auch bisweilen
wohl, daß die Wahrheit auch in dem Freyſtaate der Ar-
zeneikunſt den Vorurtheilen zur Beute uͤberlaſſen wird.
So machen beruͤhmte Maͤnner gegen die Theorie
des Monatblutes, Kraft welcher man dieſe Ausfuͤhrung
durch die Vollbluͤtigkeit erklaͤrt, vielfaͤltige Einwuͤrfe.
Erſtlich koͤnnte man den weichern Bau des weiblichen
Geſchlechts in ſo fern leugnen, weil es weichliche Maͤn-
ner und baͤrtige und ſehr ſtarke Frauensperſonen giebt,
ohne daß jene die monatliche Reinigung haͤtten, noch dieſe
dem allgemeinen Geſezze ihres Geſchlechts ausweichen
koͤnnten. Man finde auch bey Mannsperſonen eben
ſolche hiſteriſche Zufaͤlle, es empfaͤnden Mannsperſonen
das Erſtikken ebenfalls (b), und ſogar bemerkten ſie eine
im Schlunde in die Hoͤhe ſteigende Kugel, ſie bekaͤmen
ebenfalls vom Bibergeil Erleichterung, und koͤnnten den
Ambra eben ſo wenig vertragen (c).
Es thue aber eine verminderte Ausduͤnſtung zum
Ausbruche der monatlichen Reinigung nichts. Denn
es habe ein vollkommen geſundes Maͤgdchen vor, und
nach ihrer Reinigung, einerley Gewicht gehabt (d).
Das Wachsthum ſey bey vielen nach dem Ausbruche
der Reinigung ziemlich anſehnlich (e).
Einige beruͤhmte Maͤnner geben uͤberhaupt auch keine
weibliche Vollbluͤtigkeit zu. Es ſey nicht wahrſcheinlich,
ſagen ſie, daß alle Maͤgdchens ſeit ſechszig Jahrhunder-
ten an der Vollbluͤtigkeit krank geweſen waͤren (f), und
es
(a)
(b) HOECHSTETTER. caſ. 2.
Dec. V. add. caſ. 4. Dec. IV.
PECHLIN. L. I. obſ. 31.
(c) SPINDLER. obſ. 8.
(d)
SAMSON. l. c. p. 51.
(e) G. v. SWIETEN. Comm.
IV. p. 421.
(f) EMETT. p. 41.
(a) J. SYLVIUS tr. X. p. 864.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 1126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/1162>, abgerufen am 27.11.2024.
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