durch die Gekröseblutadern, weil die Milchstrasse noch un- bekannt war, nach der Leber zu führen (c). Hier, hieß es, wird der Chilus, von der besondern Kraft der Leber, gleichsam gekocht, und der abgeschiedne Auswurf dessel- ben gehe endlich unter den Namen von Galle ins Ge- därme. Der nuzzbare Theil, werde von dem höchstro- then Fleische dieses Eingeweides zu Blut gemacht (d); dieses Blut übergiebt, nach der Galenischen Hipothe- se, die Leber ferner, theils dem Herzen, vermittelst der Holader, die sich durch das Zwerchfell hindurchbohre; theils sendet sie es abwärts durch die untere Holader den Eingeweiden und übrigen Gliedmassen zu. Folglich versehe die Leber die Blutadern mit Blut (e), und sie sei die Stammwurzel des Blutadersystems (f).
Diese Hipothese verschwand auch nicht so bald, ob man gleich die Milchgefässe entdekkte, welche den Chilus einsogen; denn Asellius betete noch immer den Alten nach.
Darinnen gieng Aristoteles von den Vorfahren ab (g), daß er den Ursprung der Blutadern, eben so wie der Schlagadern, aus dem Herzen herleitete und so stellte sich auch Erasistrat, und unter den Neuern Andreas Cäsalpinus(h), und C. Hofmann die Sache vor (i).
Es geschahe indessen, daß Willhelm Harvey einen Theil dieser Theorie zu Grunde richtete, indem er zwar gestattete, daß das Blut aus der Leber nach dem Herzen durch die Holader komme, das Blut aber, der unter- halb der Leber liegenden Theile so wenig von der Leber ent-
ste-
(c)[Spaltenumbruch]De usu part. L. V. c. 19. 20.
(d)ibid. c. 12.
(e)ARETAEUS Acut. Cur. II. c. 7.
(f)ARETAEUS ibid. diuturn. I. c. 13. GALEN. hipp. & PLAT. decret. L. VI. und anderswo ORI- [Spaltenumbruch]
BAS p. 116. HIPP. peri trophes. die Leber ist der Quell des Blutes ARETAEUS cur. diuturn. I. c. 5.
(g)Hist. anim. L. III. c. 4. &c. POLLUX p. 261.
(h)Quaest. peripatet. L. V. c. 3.
(i)Thorac. L. II. c. 23. 26. &c.
Die Leber. XXIII. Buch.
durch die Gekroͤſeblutadern, weil die Milchſtraſſe noch un- bekannt war, nach der Leber zu fuͤhren (c). Hier, hieß es, wird der Chilus, von der beſondern Kraft der Leber, gleichſam gekocht, und der abgeſchiedne Auswurf deſſel- ben gehe endlich unter den Namen von Galle ins Ge- daͤrme. Der nuzzbare Theil, werde von dem hoͤchſtro- then Fleiſche dieſes Eingeweides zu Blut gemacht (d); dieſes Blut uͤbergiebt, nach der Galeniſchen Hipothe- ſe, die Leber ferner, theils dem Herzen, vermittelſt der Holader, die ſich durch das Zwerchfell hindurchbohre; theils ſendet ſie es abwaͤrts durch die untere Holader den Eingeweiden und uͤbrigen Gliedmaſſen zu. Folglich verſehe die Leber die Blutadern mit Blut (e), und ſie ſei die Stammwurzel des Blutaderſyſtems (f).
Dieſe Hipotheſe verſchwand auch nicht ſo bald, ob man gleich die Milchgefaͤſſe entdekkte, welche den Chilus einſogen; denn Aſellius betete noch immer den Alten nach.
Darinnen gieng Ariſtoteles von den Vorfahren ab (g), daß er den Urſprung der Blutadern, eben ſo wie der Schlagadern, aus dem Herzen herleitete und ſo ſtellte ſich auch Eraſiſtrat, und unter den Neuern Andreas Caͤſalpinus(h), und C. Hofmann die Sache vor (i).
Es geſchahe indeſſen, daß Willhelm Harvey einen Theil dieſer Theorie zu Grunde richtete, indem er zwar geſtattete, daß das Blut aus der Leber nach dem Herzen durch die Holader komme, das Blut aber, der unter- halb der Leber liegenden Theile ſo wenig von der Leber ent-
ſte-
(c)[Spaltenumbruch]De uſu part. L. V. c. 19. 20.
(d)ibid. c. 12.
(e)ARETÆUS Acut. Cur. II. c. 7.
(f)ARETÆUS ibid. diuturn. I. c. 13. GALEN. hipp. & PLAT. decret. L. VI. und anderswo ORI- [Spaltenumbruch]
BAS p. 116. HIPP. peri trophes. die Leber iſt der Quell des Blutes ARETÆUS cur. diuturn. I. c. 5.
(g)Hiſt. anim. L. III. c. 4. &c. POLLUX p. 261.
(h)Quæſt. peripatet. L. V. c. 3.
(i)Thorac. L. II. c. 23. 26. &c.
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Die Leber. XXIII. Buch.
durch die Gekroͤſeblutadern, weil die Milchſtraſſe noch un-
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es, wird der Chilus, von der beſondern Kraft der Leber,
gleichſam gekocht, und der abgeſchiedne Auswurf deſſel-
ben gehe endlich unter den Namen von Galle ins Ge-
daͤrme. Der nuzzbare Theil, werde von dem hoͤchſtro-
then Fleiſche dieſes Eingeweides zu Blut gemacht (d);
dieſes Blut uͤbergiebt, nach der Galeniſchen Hipothe-
ſe, die Leber ferner, theils dem Herzen, vermittelſt der
Holader, die ſich durch das Zwerchfell hindurchbohre;
theils ſendet ſie es abwaͤrts durch die untere Holader den
Eingeweiden und uͤbrigen Gliedmaſſen zu. Folglich
verſehe die Leber die Blutadern mit Blut (e), und ſie
ſei die Stammwurzel des Blutaderſyſtems (f).
Dieſe Hipotheſe verſchwand auch nicht ſo bald, ob
man gleich die Milchgefaͤſſe entdekkte, welche den Chilus
einſogen; denn Aſellius betete noch immer den Alten nach.
Darinnen gieng Ariſtoteles von den Vorfahren
ab (g), daß er den Urſprung der Blutadern, eben ſo
wie der Schlagadern, aus dem Herzen herleitete und
ſo ſtellte ſich auch Eraſiſtrat, und unter den Neuern
Andreas Caͤſalpinus (h), und C. Hofmann die
Sache vor (i).
Es geſchahe indeſſen, daß Willhelm Harvey einen
Theil dieſer Theorie zu Grunde richtete, indem er zwar
geſtattete, daß das Blut aus der Leber nach dem Herzen
durch die Holader komme, das Blut aber, der unter-
halb der Leber liegenden Theile ſo wenig von der Leber ent-
ſte-
(c)
De uſu part. L. V. c. 19. 20.
(d) ibid. c. 12.
(e) ARETÆUS Acut. Cur. II.
c. 7.
(f) ARETÆUS ibid. diuturn.
I. c. 13. GALEN. hipp. & PLAT.
decret. L. VI. und anderswo ORI-
BAS p. 116. HIPP. peri trophes.
die Leber iſt der Quell des Blutes
ARETÆUS cur. diuturn. I. c. 5.
(g) Hiſt. anim. L. III. c. 4.
&c. POLLUX p. 261.
(h) Quæſt. peripatet. L. V. c. 3.
(i) Thorac. L. II. c. 23. 26. &c.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 906. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/926>, abgerufen am 24.11.2024.
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