Der erste Nuzzen, der sich einem Erforscher darbie- tet, ist überhaupt die Erzeugung der Galle, als eines Saftes, ohne den keine Speisen verdauet werden können.
Es erhellet auch leicht, daß die Leber das Zwerchfell ausfülle, und unterstüzze, damit ein Ausatmen das Ge- wölbe vollständig, und wärend des Einatmens der Drukk des niedersinkenden Zwerchfells aufgefangen werden mö- ge, und zu dem übrigen, darunter liegenden Eingeweide, dem Magen, dem Grimmdarm, den Nieren u. s. w. gelangen könne.
Wir haben auch bereits gesagt, daß die Leber mit der Hizze ihres Blutes, welche allerdings gros ist, den Magen und den Grimmdarm erwärmt (a). Und den- noch kann sich unsre Vorstellungskraft bei diesen, so zu reden, geringen Verrichtungen nicht völlig befriedigen, indem man sich ungezwungen einbildet, ein so grosses Eingeweide, welches sich durch so viele Gattungen und Arten der Thiere erstrekkt, sei zu dem wichtigsten Dien- sten des menschlichen Körpers bestimmt.
Und daher haben Galen(b), und das ganze Alter- thum, bis auf die Zeiten eines Rudbekks, und Bar- tholins, dem grösten Eingeweide das alleredelste Amt aufgetragen. Es war, den Chilus aus dem Gedärme
durch
(a)[Spaltenumbruch]p. 295.
(b)[Spaltenumbruch]HIPP. & PLAT decret. L. VI. c. 4.
L l l 5
Vierter Abſchnitt. Der Nuzzen der Leber.
§. 1.
Der erſte Nuzzen, der ſich einem Erforſcher darbie- tet, iſt uͤberhaupt die Erzeugung der Galle, als eines Saftes, ohne den keine Speiſen verdauet werden koͤnnen.
Es erhellet auch leicht, daß die Leber das Zwerchfell ausfuͤlle, und unterſtuͤzze, damit ein Ausatmen das Ge- woͤlbe vollſtaͤndig, und waͤrend des Einatmens der Drukk des niederſinkenden Zwerchfells aufgefangen werden moͤ- ge, und zu dem uͤbrigen, darunter liegenden Eingeweide, dem Magen, dem Grimmdarm, den Nieren u. ſ. w. gelangen koͤnne.
Wir haben auch bereits geſagt, daß die Leber mit der Hizze ihres Blutes, welche allerdings gros iſt, den Magen und den Grimmdarm erwaͤrmt (a). Und den- noch kann ſich unſre Vorſtellungskraft bei dieſen, ſo zu reden, geringen Verrichtungen nicht voͤllig befriedigen, indem man ſich ungezwungen einbildet, ein ſo groſſes Eingeweide, welches ſich durch ſo viele Gattungen und Arten der Thiere erſtrekkt, ſei zu dem wichtigſten Dien- ſten des menſchlichen Koͤrpers beſtimmt.
Und daher haben Galen(b), und das ganze Alter- thum, bis auf die Zeiten eines Rudbekks, und Bar- tholins, dem groͤſten Eingeweide das alleredelſte Amt aufgetragen. Es war, den Chilus aus dem Gedaͤrme
durch
(a)[Spaltenumbruch]p. 295.
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Vierter Abſchnitt.
Der Nuzzen der Leber.
§. 1.
Der erſte Nuzzen, der ſich einem Erforſcher darbie-
tet, iſt uͤberhaupt die Erzeugung der Galle, als
eines Saftes, ohne den keine Speiſen verdauet werden
koͤnnen.
Es erhellet auch leicht, daß die Leber das Zwerchfell
ausfuͤlle, und unterſtuͤzze, damit ein Ausatmen das Ge-
woͤlbe vollſtaͤndig, und waͤrend des Einatmens der Drukk
des niederſinkenden Zwerchfells aufgefangen werden moͤ-
ge, und zu dem uͤbrigen, darunter liegenden Eingeweide,
dem Magen, dem Grimmdarm, den Nieren u. ſ. w.
gelangen koͤnne.
Wir haben auch bereits geſagt, daß die Leber mit
der Hizze ihres Blutes, welche allerdings gros iſt, den
Magen und den Grimmdarm erwaͤrmt (a). Und den-
noch kann ſich unſre Vorſtellungskraft bei dieſen, ſo zu
reden, geringen Verrichtungen nicht voͤllig befriedigen,
indem man ſich ungezwungen einbildet, ein ſo groſſes
Eingeweide, welches ſich durch ſo viele Gattungen und
Arten der Thiere erſtrekkt, ſei zu dem wichtigſten Dien-
ſten des menſchlichen Koͤrpers beſtimmt.
Und daher haben Galen (b), und das ganze Alter-
thum, bis auf die Zeiten eines Rudbekks, und Bar-
tholins, dem groͤſten Eingeweide das alleredelſte Amt
aufgetragen. Es war, den Chilus aus dem Gedaͤrme
durch
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 905. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/925>, abgerufen am 23.11.2024.
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