Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Galle. XXIII. Buch.
§. 32.
Der Nuzzen der Galle.

Notwendig mus ein so grosses Eingeweide (a), und
eine besondre Blutader, welche einzig und allein zu die-
sem Endzwekke bestimmt (b), und von einer besondern
Bauart ist, und welche man fast in allen Thieren an-
trift (c), von der Natur zu einem grossen Nuzzen ge-
schaffen worden seyn.

Der erste Nuzzen scheinet dieser zu seyn, daß sie zur
Auflösung der Speisen dienen soll. Es vermischt sich
nämlich eine, mit Speisen vermengte Galle, vermöge
der wechselnden peristaltischen Bewegung, mit dem
Schleime, mit dem Oele, und mit dem Wasser (d), und
sie löset diese, welche sich ausserdem wiedersinnig von ein-
ander trennen würden, in ein einziges gleichartiges Meng-
sel auf. Sie macht die Milch, welche im Magen sauer
wird und gerinnt, vollkommen flüßig, so daß man in
der Jnsertion des Gallenganges keine Gerinnungen mehr
antrift. Sie macht aber auch, daß aus Wasser und
Fett eine Emulsion entstehen kann, die man Chilus nennt.
Fische, die weder ein Zwerchfell, noch Bauchmuskeln,
noch eine Wärme, noch einen muskulösen starken Ma-
gen haben, verdauen doch die schwereste Speisen (e); sie
haben aber grosse Lebern, und eine sehr scharfe Galle (f).
Der berümte Doßie glaubt, daß sich in den Hunden
so gar Knochen von der Galle auflösen lassen, indem ih-
re Galle von der beigemischten Säure weniger geschwä-
chet wird (f*).

Doch man weis auch aus der Erfarung, daß vor
dem Beitritte der Galle, die im Gedärm stekkende Ma-

terie
(a) [Spaltenumbruch] p. 454. 455.
(b) p. 495.
(c) ibid.
(d) p. 549.
(e) [Spaltenumbruch] p. 312 313.
(f) p. 547.
(f*) I. p. 488.
Die Galle. XXIII. Buch.
§. 32.
Der Nuzzen der Galle.

Notwendig mus ein ſo groſſes Eingeweide (a), und
eine beſondre Blutader, welche einzig und allein zu die-
ſem Endzwekke beſtimmt (b), und von einer beſondern
Bauart iſt, und welche man faſt in allen Thieren an-
trift (c), von der Natur zu einem groſſen Nuzzen ge-
ſchaffen worden ſeyn.

Der erſte Nuzzen ſcheinet dieſer zu ſeyn, daß ſie zur
Aufloͤſung der Speiſen dienen ſoll. Es vermiſcht ſich
naͤmlich eine, mit Speiſen vermengte Galle, vermoͤge
der wechſelnden periſtaltiſchen Bewegung, mit dem
Schleime, mit dem Oele, und mit dem Waſſer (d), und
ſie loͤſet dieſe, welche ſich auſſerdem wiederſinnig von ein-
ander trennen wuͤrden, in ein einziges gleichartiges Meng-
ſel auf. Sie macht die Milch, welche im Magen ſauer
wird und gerinnt, vollkommen fluͤßig, ſo daß man in
der Jnſertion des Gallenganges keine Gerinnungen mehr
antrift. Sie macht aber auch, daß aus Waſſer und
Fett eine Emulſion entſtehen kann, die man Chilus nennt.
Fiſche, die weder ein Zwerchfell, noch Bauchmuſkeln,
noch eine Waͤrme, noch einen muſkuloͤſen ſtarken Ma-
gen haben, verdauen doch die ſchwereſte Speiſen (e); ſie
haben aber groſſe Lebern, und eine ſehr ſcharfe Galle (f).
Der beruͤmte Doßie glaubt, daß ſich in den Hunden
ſo gar Knochen von der Galle aufloͤſen laſſen, indem ih-
re Galle von der beigemiſchten Saͤure weniger geſchwaͤ-
chet wird (f*).

Doch man weis auch aus der Erfarung, daß vor
dem Beitritte der Galle, die im Gedaͤrm ſtekkende Ma-

terie
(a) [Spaltenumbruch] p. 454. 455.
(b) p. 495.
(c) ibid.
(d) p. 549.
(e) [Spaltenumbruch] p. 312 313.
(f) p. 547.
(f*) I. p. 488.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0914" n="894"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Galle. <hi rendition="#aq">XXIII.</hi> Buch.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 32.<lb/><hi rendition="#b">Der Nuzzen der Galle.</hi></head><lb/>
            <p>Notwendig mus ein &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;es Eingeweide <note place="foot" n="(a)"><cb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 454. 455.</note>, und<lb/>
eine be&#x017F;ondre Blutader, welche einzig und allein zu die-<lb/>
&#x017F;em Endzwekke be&#x017F;timmt <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 495.</note>, und von einer be&#x017F;ondern<lb/>
Bauart i&#x017F;t, und welche man fa&#x017F;t in allen Thieren an-<lb/>
trift <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">ibid.</hi></note>, von der Natur zu einem gro&#x017F;&#x017F;en Nuzzen ge-<lb/>
&#x017F;chaffen worden &#x017F;eyn.</p><lb/>
            <p>Der er&#x017F;te Nuzzen &#x017F;cheinet die&#x017F;er zu &#x017F;eyn, daß &#x017F;ie zur<lb/>
Auflo&#x0364;&#x017F;ung der Spei&#x017F;en dienen &#x017F;oll. Es vermi&#x017F;cht &#x017F;ich<lb/>
na&#x0364;mlich eine, mit Spei&#x017F;en vermengte Galle, vermo&#x0364;ge<lb/>
der wech&#x017F;elnden peri&#x017F;talti&#x017F;chen Bewegung, mit dem<lb/>
Schleime, mit dem Oele, und mit dem Wa&#x017F;&#x017F;er <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 549.</note>, und<lb/>
&#x017F;ie lo&#x0364;&#x017F;et die&#x017F;e, welche &#x017F;ich au&#x017F;&#x017F;erdem wieder&#x017F;innig von ein-<lb/>
ander trennen wu&#x0364;rden, in ein einziges gleichartiges Meng-<lb/>
&#x017F;el auf. Sie macht die Milch, welche im Magen &#x017F;auer<lb/>
wird und gerinnt, vollkommen flu&#x0364;ßig, &#x017F;o daß man in<lb/>
der Jn&#x017F;ertion des Gallenganges keine Gerinnungen mehr<lb/>
antrift. Sie macht aber auch, daß aus Wa&#x017F;&#x017F;er und<lb/>
Fett eine Emul&#x017F;ion ent&#x017F;tehen kann, die man Chilus nennt.<lb/>
Fi&#x017F;che, die weder ein Zwerchfell, noch Bauchmu&#x017F;keln,<lb/>
noch eine Wa&#x0364;rme, noch einen mu&#x017F;kulo&#x0364;&#x017F;en &#x017F;tarken Ma-<lb/>
gen haben, verdauen doch die &#x017F;chwere&#x017F;te Spei&#x017F;en <note place="foot" n="(e)"><cb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 312 313.</note>; &#x017F;ie<lb/>
haben aber gro&#x017F;&#x017F;e Lebern, und eine &#x017F;ehr &#x017F;charfe Galle <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 547.</note>.<lb/>
Der beru&#x0364;mte <hi rendition="#fr">Doßie</hi> glaubt, daß &#x017F;ich in den Hunden<lb/>
&#x017F;o gar Knochen von der Galle auflo&#x0364;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en, indem ih-<lb/>
re Galle von der beigemi&#x017F;chten Sa&#x0364;ure weniger ge&#x017F;chwa&#x0364;-<lb/>
chet wird <note place="foot" n="(f*)"><hi rendition="#aq">I. p.</hi> 488.</note>.</p><lb/>
            <p>Doch man weis auch aus der Erfarung, daß vor<lb/>
dem Beitritte der Galle, die im Geda&#x0364;rm &#x017F;tekkende Ma-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">terie</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[894/0914] Die Galle. XXIII. Buch. §. 32. Der Nuzzen der Galle. Notwendig mus ein ſo groſſes Eingeweide (a), und eine beſondre Blutader, welche einzig und allein zu die- ſem Endzwekke beſtimmt (b), und von einer beſondern Bauart iſt, und welche man faſt in allen Thieren an- trift (c), von der Natur zu einem groſſen Nuzzen ge- ſchaffen worden ſeyn. Der erſte Nuzzen ſcheinet dieſer zu ſeyn, daß ſie zur Aufloͤſung der Speiſen dienen ſoll. Es vermiſcht ſich naͤmlich eine, mit Speiſen vermengte Galle, vermoͤge der wechſelnden periſtaltiſchen Bewegung, mit dem Schleime, mit dem Oele, und mit dem Waſſer (d), und ſie loͤſet dieſe, welche ſich auſſerdem wiederſinnig von ein- ander trennen wuͤrden, in ein einziges gleichartiges Meng- ſel auf. Sie macht die Milch, welche im Magen ſauer wird und gerinnt, vollkommen fluͤßig, ſo daß man in der Jnſertion des Gallenganges keine Gerinnungen mehr antrift. Sie macht aber auch, daß aus Waſſer und Fett eine Emulſion entſtehen kann, die man Chilus nennt. Fiſche, die weder ein Zwerchfell, noch Bauchmuſkeln, noch eine Waͤrme, noch einen muſkuloͤſen ſtarken Ma- gen haben, verdauen doch die ſchwereſte Speiſen (e); ſie haben aber groſſe Lebern, und eine ſehr ſcharfe Galle (f). Der beruͤmte Doßie glaubt, daß ſich in den Hunden ſo gar Knochen von der Galle aufloͤſen laſſen, indem ih- re Galle von der beigemiſchten Saͤure weniger geſchwaͤ- chet wird (f*). Doch man weis auch aus der Erfarung, daß vor dem Beitritte der Galle, die im Gedaͤrm ſtekkende Ma- terie (a) p. 454. 455. (b) p. 495. (c) ibid. (d) p. 549. (e) p. 312 313. (f) p. 547. (f*) I. p. 488.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/914
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 894. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/914>, abgerufen am 23.11.2024.