Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite
I. Abschn. Jhr Bau.

Sehr selten geschicht es, und dennoch habe ich es
gesehen, daß die Gallenblase im linken Lappen liegt, und
über die Nabelgrube, welche sie bedekkte, schief nach der
rechten Hand zu läuft. Eben so selten ist es, wiewohl
ich es doch auch wahrgenommen, daß das Anhängsel
des Grimmdarms, mit der Gallenblase in einerlei Leber-
furche sein Quartier gendmmen.

Endlich ist noch an der rechten Seite des Lappen,
von welchem wir so gleich reden wollen, eine dergleichen
halbcilindrische Vertiefung ausgeschnitten, welche disseits
ein vorragendes Lappenwärzchen, jenseits aber einen,
von hinten kommenden geschwänzten Fortsazz hat,
welcher auf der rechten Seite, in die gedachte Linie des rech-
ten Leberlappens übergeht. Zwischen diesen kleinen Hü-
gelchen entsteht diejenige sehr berümte Vertiefung, wel-
che so wohl in der Zergliederungskunst, als in der Lehre,
von dem Ursprunge der Krankheiten einen grossen Nah-
men hat. Die Alten nannten sie Pforten (z) oder sie
hätten sie wenigstens so nennen können, wofern ihnen
die Leber des Menschen bekannt gewesen wäre. Wenig-
stens reden sie von der Blutader an den Pforten. Die-
se läuft aber durch den Raum zwischen diesen Hügeln
zur Leber hin. Nach der Zeit schrieb Aretäus, dieser
Mann, welcher die Sache richtiger anzugehen wuste,
offenbar, daß die Ader von den Pforten (a) gerades
Weges in die Leber laufe, und sich in viele zarte, und
endlich in ganz zarte Gefässe durch die Leber einen Weg
bahne. Hierauf nannte Oribasius diejenige Stelle
Pforten (b), wohin die Blutadern von dem Gekröse
kommen, und dieses sind in der That unsere heutige
Adern. Denn von diesen allein strekkt sich eine einzige,
in viele zerspaltene Blutadern aus, zwischen denen das

Fleisch
(z) [Spaltenumbruch] HIPPOCRATICUS Auctor.
de anat. CELSUS L. V. p. 26.
GALEN. de diss. venar. ab init.

[Spaltenumbruch] die Venae so geheissen. RUFUS II.
p. 38. I. p.
39.
(a) Acut. sign. caus. II. c. 8.
(b) p. 114.
X x 4
I. Abſchn. Jhr Bau.

Sehr ſelten geſchicht es, und dennoch habe ich es
geſehen, daß die Gallenblaſe im linken Lappen liegt, und
uͤber die Nabelgrube, welche ſie bedekkte, ſchief nach der
rechten Hand zu laͤuft. Eben ſo ſelten iſt es, wiewohl
ich es doch auch wahrgenommen, daß das Anhaͤngſel
des Grimmdarms, mit der Gallenblaſe in einerlei Leber-
furche ſein Quartier gendmmen.

Endlich iſt noch an der rechten Seite des Lappen,
von welchem wir ſo gleich reden wollen, eine dergleichen
halbcilindriſche Vertiefung ausgeſchnitten, welche diſſeits
ein vorragendes Lappenwaͤrzchen, jenſeits aber einen,
von hinten kommenden geſchwaͤnzten Fortſazz hat,
welcher auf der rechten Seite, in die gedachte Linie des rech-
ten Leberlappens uͤbergeht. Zwiſchen dieſen kleinen Huͤ-
gelchen entſteht diejenige ſehr beruͤmte Vertiefung, wel-
che ſo wohl in der Zergliederungskunſt, als in der Lehre,
von dem Urſprunge der Krankheiten einen groſſen Nah-
men hat. Die Alten nannten ſie Pforten (z) oder ſie
haͤtten ſie wenigſtens ſo nennen koͤnnen, wofern ihnen
die Leber des Menſchen bekannt geweſen waͤre. Wenig-
ſtens reden ſie von der Blutader an den Pforten. Die-
ſe laͤuft aber durch den Raum zwiſchen dieſen Huͤgeln
zur Leber hin. Nach der Zeit ſchrieb Aretaͤus, dieſer
Mann, welcher die Sache richtiger anzugehen wuſte,
offenbar, daß die Ader von den Pforten (a) gerades
Weges in die Leber laufe, und ſich in viele zarte, und
endlich in ganz zarte Gefaͤſſe durch die Leber einen Weg
bahne. Hierauf nannte Oribaſius diejenige Stelle
Pforten (b), wohin die Blutadern von dem Gekroͤſe
kommen, und dieſes ſind in der That unſere heutige
Adern. Denn von dieſen allein ſtrekkt ſich eine einzige,
in viele zerſpaltene Blutadern aus, zwiſchen denen das

Fleiſch
(z) [Spaltenumbruch] HIPPOCRATICUS Auctor.
de anat. CELSUS L. V. p. 26.
GALEN. de diſſ. venar. ab init.

[Spaltenumbruch] die Venæ ſo geheiſſen. RUFUS II.
p. 38. I. p.
39.
(a) Acut. ſign. cauſ. II. c. 8.
(b) p. 114.
X x 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0715" n="679[695]"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Ab&#x017F;chn. Jhr Bau.</hi> </fw><lb/>
            <p>Sehr &#x017F;elten ge&#x017F;chicht es, und dennoch habe ich es<lb/>
ge&#x017F;ehen, daß die Gallenbla&#x017F;e im linken Lappen liegt, und<lb/>
u&#x0364;ber die Nabelgrube, welche &#x017F;ie bedekkte, &#x017F;chief nach der<lb/>
rechten Hand zu la&#x0364;uft. Eben &#x017F;o &#x017F;elten i&#x017F;t es, wiewohl<lb/>
ich es doch auch wahrgenommen, daß das Anha&#x0364;ng&#x017F;el<lb/>
des Grimmdarms, mit der Gallenbla&#x017F;e in einerlei Leber-<lb/>
furche &#x017F;ein Quartier gendmmen.</p><lb/>
            <p>Endlich i&#x017F;t noch an der rechten Seite des Lappen,<lb/>
von welchem wir &#x017F;o gleich reden wollen, eine dergleichen<lb/>
halbcilindri&#x017F;che Vertiefung ausge&#x017F;chnitten, welche di&#x017F;&#x017F;eits<lb/>
ein vorragendes <hi rendition="#fr">Lappenwa&#x0364;rzchen,</hi> jen&#x017F;eits aber einen,<lb/>
von hinten kommenden <hi rendition="#fr">ge&#x017F;chwa&#x0364;nzten Fort&#x017F;azz</hi> hat,<lb/>
welcher auf der rechten Seite, in die gedachte Linie des rech-<lb/>
ten Leberlappens u&#x0364;bergeht. Zwi&#x017F;chen die&#x017F;en kleinen Hu&#x0364;-<lb/>
gelchen ent&#x017F;teht diejenige &#x017F;ehr beru&#x0364;mte Vertiefung, wel-<lb/>
che &#x017F;o wohl in der Zergliederungskun&#x017F;t, als in der Lehre,<lb/>
von dem Ur&#x017F;prunge der Krankheiten einen gro&#x017F;&#x017F;en Nah-<lb/>
men hat. Die Alten nannten &#x017F;ie <hi rendition="#fr">Pforten</hi> <note place="foot" n="(z)"><cb/><hi rendition="#aq">HIPPOCRATICUS Auctor.<lb/>
de anat. CELSUS L. V. p. 26.<lb/>
GALEN. de di&#x017F;&#x017F;. venar. ab init.</hi><lb/><cb/>
die <hi rendition="#aq">Venæ</hi> &#x017F;o gehei&#x017F;&#x017F;en. <hi rendition="#aq">RUFUS II.<lb/>
p. 38. I. p.</hi> 39.</note> oder &#x017F;ie<lb/>
ha&#x0364;tten &#x017F;ie wenig&#x017F;tens &#x017F;o nennen ko&#x0364;nnen, wofern ihnen<lb/>
die Leber des Men&#x017F;chen bekannt gewe&#x017F;en wa&#x0364;re. Wenig-<lb/>
&#x017F;tens reden &#x017F;ie von der Blutader <hi rendition="#fr">an den Pforten.</hi> Die-<lb/>
&#x017F;e la&#x0364;uft aber durch den Raum zwi&#x017F;chen die&#x017F;en Hu&#x0364;geln<lb/>
zur Leber hin. Nach der Zeit &#x017F;chrieb <hi rendition="#fr">Areta&#x0364;us,</hi> die&#x017F;er<lb/>
Mann, welcher die Sache richtiger anzugehen wu&#x017F;te,<lb/>
offenbar, daß die Ader von den <hi rendition="#fr">Pforten</hi> <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">Acut. &#x017F;ign. cau&#x017F;. II. c.</hi> 8.</note> gerades<lb/>
Weges in die Leber laufe, und &#x017F;ich in viele zarte, und<lb/>
endlich in ganz zarte Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e durch die Leber einen Weg<lb/>
bahne. Hierauf nannte <hi rendition="#fr">Oriba&#x017F;ius</hi> diejenige Stelle<lb/><hi rendition="#fr">Pforten</hi> <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 114.</note>, wohin die Blutadern von dem Gekro&#x0364;&#x017F;e<lb/>
kommen, und die&#x017F;es &#x017F;ind in der That un&#x017F;ere heutige<lb/>
Adern. Denn von die&#x017F;en allein &#x017F;trekkt &#x017F;ich eine einzige,<lb/>
in viele zer&#x017F;paltene Blutadern aus, zwi&#x017F;chen denen das<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X x 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Flei&#x017F;ch</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[679[695]/0715] I. Abſchn. Jhr Bau. Sehr ſelten geſchicht es, und dennoch habe ich es geſehen, daß die Gallenblaſe im linken Lappen liegt, und uͤber die Nabelgrube, welche ſie bedekkte, ſchief nach der rechten Hand zu laͤuft. Eben ſo ſelten iſt es, wiewohl ich es doch auch wahrgenommen, daß das Anhaͤngſel des Grimmdarms, mit der Gallenblaſe in einerlei Leber- furche ſein Quartier gendmmen. Endlich iſt noch an der rechten Seite des Lappen, von welchem wir ſo gleich reden wollen, eine dergleichen halbcilindriſche Vertiefung ausgeſchnitten, welche diſſeits ein vorragendes Lappenwaͤrzchen, jenſeits aber einen, von hinten kommenden geſchwaͤnzten Fortſazz hat, welcher auf der rechten Seite, in die gedachte Linie des rech- ten Leberlappens uͤbergeht. Zwiſchen dieſen kleinen Huͤ- gelchen entſteht diejenige ſehr beruͤmte Vertiefung, wel- che ſo wohl in der Zergliederungskunſt, als in der Lehre, von dem Urſprunge der Krankheiten einen groſſen Nah- men hat. Die Alten nannten ſie Pforten (z) oder ſie haͤtten ſie wenigſtens ſo nennen koͤnnen, wofern ihnen die Leber des Menſchen bekannt geweſen waͤre. Wenig- ſtens reden ſie von der Blutader an den Pforten. Die- ſe laͤuft aber durch den Raum zwiſchen dieſen Huͤgeln zur Leber hin. Nach der Zeit ſchrieb Aretaͤus, dieſer Mann, welcher die Sache richtiger anzugehen wuſte, offenbar, daß die Ader von den Pforten (a) gerades Weges in die Leber laufe, und ſich in viele zarte, und endlich in ganz zarte Gefaͤſſe durch die Leber einen Weg bahne. Hierauf nannte Oribaſius diejenige Stelle Pforten (b), wohin die Blutadern von dem Gekroͤſe kommen, und dieſes ſind in der That unſere heutige Adern. Denn von dieſen allein ſtrekkt ſich eine einzige, in viele zerſpaltene Blutadern aus, zwiſchen denen das Fleiſch (z) HIPPOCRATICUS Auctor. de anat. CELSUS L. V. p. 26. GALEN. de diſſ. venar. ab init. die Venæ ſo geheiſſen. RUFUS II. p. 38. I. p. 39. (a) Acut. ſign. cauſ. II. c. 8. (b) p. 114. X x 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/715
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 679[695]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/715>, abgerufen am 22.11.2024.