Denn, wenn Fische ohne Reiben ihre Speise ver- dauen, so müssen sie notwendig einen schärfern Magen- saft haben, welcher Fischgräten, und verschlukkte Thier- knochen ohne langen Aufenthalt auflösen kann (l), der- gleichen doch über die Kräfte eines Menschenmagens geht. Dahingegen mus der Saft in den Kornfressenden Vögeln schwächer sein, weil das Fleisch in den, von ihnen ver- schlukkten Röhren keine Veränderung erlitten hatte (m).
Es wird auch ein Messerschlukker, die Speise nicht so leicht, als ein gesunder Mensch verdaut haben, ob- gleich ein Theil derselben von dem macerirenden Safte aufgelöst worden, und derselbe vielleicht gröstentheils von flüßiger Narung gelebt hat. Bei den Wassersüchtigen ist noch das Zwerchfell übrig (n) und es war wenigstens wegen aufgehobnen Drukks des senkrechten Magens die Verdauung unrichtig (o). Endlich verdaut der Magen- saft mit der Wärme die Speise nicht (p) und überläst sie ihrer Fäulnis, es ist also überhaupt wahr, daß das Rei- ben zu einer richtigen Verdauung der Speise mit erfor- dert werde. Wie also die Natur in unserm Magen die macerirende und reibende Kraft vereinigt hat, so mus man beide Thätigkeiten in der Liste der Ursachen ebenfalls mit einander verbinden.
§. 5. Die Wärme.
Die Verdauung hat auch noch einige Beförderungs- mittel zu Gehülfen, ohne welche die Speisen verdaut werden können; fügt man sie aber zu den übrigen Ursa- chen, so helfen sie doch die Verdauung mit unterstüzzen. Es ist kein Zweifel, daß nicht die Wärme, welche im
Ma-
(l)[Spaltenumbruch]p. 312. 313.
(m)REAUMUR Mem. de 1752. p. 303.
(n)[Spaltenumbruch]HECQUET digest. p. 161.
(o)MANGET bibl. p. 77.
(p)REAUMUR I. c. p. 485. 486.
Ji 3
V. Abſchn. Urſachen der Verdauung.
Denn, wenn Fiſche ohne Reiben ihre Speiſe ver- dauen, ſo muͤſſen ſie notwendig einen ſchaͤrfern Magen- ſaft haben, welcher Fiſchgraͤten, und verſchlukkte Thier- knochen ohne langen Aufenthalt aufloͤſen kann (l), der- gleichen doch uͤber die Kraͤfte eines Menſchenmagens geht. Dahingegen mus der Saft in den Kornfreſſenden Voͤgeln ſchwaͤcher ſein, weil das Fleiſch in den, von ihnen ver- ſchlukkten Roͤhren keine Veraͤnderung erlitten hatte (m).
Es wird auch ein Meſſerſchlukker, die Speiſe nicht ſo leicht, als ein geſunder Menſch verdaut haben, ob- gleich ein Theil derſelben von dem macerirenden Safte aufgeloͤſt worden, und derſelbe vielleicht groͤſtentheils von fluͤßiger Narung gelebt hat. Bei den Waſſerſuͤchtigen iſt noch das Zwerchfell uͤbrig (n) und es war wenigſtens wegen aufgehobnen Drukks des ſenkrechten Magens die Verdauung unrichtig (o). Endlich verdaut der Magen- ſaft mit der Waͤrme die Speiſe nicht (p) und uͤberlaͤſt ſie ihrer Faͤulnis, es iſt alſo uͤberhaupt wahr, daß das Rei- ben zu einer richtigen Verdauung der Speiſe mit erfor- dert werde. Wie alſo die Natur in unſerm Magen die macerirende und reibende Kraft vereinigt hat, ſo mus man beide Thaͤtigkeiten in der Liſte der Urſachen ebenfalls mit einander verbinden.
§. 5. Die Waͤrme.
Die Verdauung hat auch noch einige Befoͤrderungs- mittel zu Gehuͤlfen, ohne welche die Speiſen verdaut werden koͤnnen; fuͤgt man ſie aber zu den uͤbrigen Urſa- chen, ſo helfen ſie doch die Verdauung mit unterſtuͤzzen. Es iſt kein Zweifel, daß nicht die Waͤrme, welche im
Ma-
(l)[Spaltenumbruch]p. 312. 313.
(m)REAUMUR Mém. de 1752. p. 303.
(n)[Spaltenumbruch]HECQUET digeſt. p. 161.
(o)MANGET bibl. p. 77.
(p)REAUMUR I. c. p. 485. 486.
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[485[501]/0521]
V. Abſchn. Urſachen der Verdauung.
Denn, wenn Fiſche ohne Reiben ihre Speiſe ver-
dauen, ſo muͤſſen ſie notwendig einen ſchaͤrfern Magen-
ſaft haben, welcher Fiſchgraͤten, und verſchlukkte Thier-
knochen ohne langen Aufenthalt aufloͤſen kann (l), der-
gleichen doch uͤber die Kraͤfte eines Menſchenmagens geht.
Dahingegen mus der Saft in den Kornfreſſenden Voͤgeln
ſchwaͤcher ſein, weil das Fleiſch in den, von ihnen ver-
ſchlukkten Roͤhren keine Veraͤnderung erlitten hatte (m).
Es wird auch ein Meſſerſchlukker, die Speiſe nicht
ſo leicht, als ein geſunder Menſch verdaut haben, ob-
gleich ein Theil derſelben von dem macerirenden Safte
aufgeloͤſt worden, und derſelbe vielleicht groͤſtentheils von
fluͤßiger Narung gelebt hat. Bei den Waſſerſuͤchtigen
iſt noch das Zwerchfell uͤbrig (n) und es war wenigſtens
wegen aufgehobnen Drukks des ſenkrechten Magens die
Verdauung unrichtig (o). Endlich verdaut der Magen-
ſaft mit der Waͤrme die Speiſe nicht (p) und uͤberlaͤſt ſie
ihrer Faͤulnis, es iſt alſo uͤberhaupt wahr, daß das Rei-
ben zu einer richtigen Verdauung der Speiſe mit erfor-
dert werde. Wie alſo die Natur in unſerm Magen die
macerirende und reibende Kraft vereinigt hat, ſo mus
man beide Thaͤtigkeiten in der Liſte der Urſachen ebenfalls
mit einander verbinden.
§. 5.
Die Waͤrme.
Die Verdauung hat auch noch einige Befoͤrderungs-
mittel zu Gehuͤlfen, ohne welche die Speiſen verdaut
werden koͤnnen; fuͤgt man ſie aber zu den uͤbrigen Urſa-
chen, ſo helfen ſie doch die Verdauung mit unterſtuͤzzen.
Es iſt kein Zweifel, daß nicht die Waͤrme, welche im
Ma-
(l)
p. 312. 313.
(m) REAUMUR Mém. de 1752.
p. 303.
(n)
HECQUET digeſt. p. 161.
(o) MANGET bibl. p. 77.
(p) REAUMUR I. c. p. 485. 486.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 485[501]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/521>, abgerufen am 22.11.2024.
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