Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite
IV. Abschnitt. Beobacht. am Magen.

Es hat zwar Wepfer gesehen, daß sich der Zwölf-
fingerdarm in einem Thiere, zu der Zeit wenn die Spei-
se herausgeht, ausstrekke: dieses geschicht in allen krum-
men Kanälen, welche sich von dem Durchflufse des Flüs-
sigen erweitern. Uebrigens wird aber im Menschen der
Ausgang der Speisen, durch die Ausstrekkung des Pfört-
ners im vollen Magen verändert. Es beschreibt nämlich
die bewegliche grössere Krümmung des Magens neben
diesem Munde, gleichsam als an einer unbeweglichen
Stelle, einen Zirkelbogen, und strekkt sich nach vorne
aus (t). Und auf solche Weise verschwindet nunmehr
derjenige Winkel, welchen der herbeigezogne Pförtner
mit dem leeren Magen macht (u) und es wird die Spei-
se, ohne eine Falte vor sich zu finden, gerades Weges,
und vielmehr nach einer absteigenden Richtung, durch
den Pförtner ausgetrieben. An einem auf dem Rükken
liegenden Menschen wird dieser Ausgang auch durch die
Schwere selbst noch erleichtert. Jch lese, daß er sich
leichter ausleeren soll, wenn man auf der rechten Seite
läge, ob ich gleich nicht hinlänglich weis, warum (w)?

§. 11.
Die Zeit, wenn sich der Magen ausleert.

Es scheint nicht leicht zu sein, diese Zeit, bei einer
so grossen Verschiedenheit von Speisen zu bestimmen.
Man sieht wohl, daß sich wenig und flüßige Speise ge-
schwinde durch den Zwölffingerdarm ausleeren müsse:
dieses geschicht aber langsam, wenn die Speise aus ih-
rer Figur nicht leicht zu bringen, zur Verdauung unge-
schikt, und scharf ist, daß sie den Pförtner reizet, und
sich selbst den Ausgang versperrt. Ein Dukaten, den
Vaillant verschlang, gieng erst nach vielen Tagen von

ihm
(t) [Spaltenumbruch] p. 120.
(u) ibid.
(w) [Spaltenumbruch] DUVERNY T. II. p. 183.
ROSEN anat. p.
309.
D d 3
IV. Abſchnitt. Beobacht. am Magen.

Es hat zwar Wepfer geſehen, daß ſich der Zwoͤlf-
fingerdarm in einem Thiere, zu der Zeit wenn die Spei-
ſe herausgeht, ausſtrekke: dieſes geſchicht in allen krum-
men Kanaͤlen, welche ſich von dem Durchflufſe des Fluͤſ-
ſigen erweitern. Uebrigens wird aber im Menſchen der
Ausgang der Speiſen, durch die Ausſtrekkung des Pfoͤrt-
ners im vollen Magen veraͤndert. Es beſchreibt naͤmlich
die bewegliche groͤſſere Kruͤmmung des Magens neben
dieſem Munde, gleichſam als an einer unbeweglichen
Stelle, einen Zirkelbogen, und ſtrekkt ſich nach vorne
aus (t). Und auf ſolche Weiſe verſchwindet nunmehr
derjenige Winkel, welchen der herbeigezogne Pfoͤrtner
mit dem leeren Magen macht (u) und es wird die Spei-
ſe, ohne eine Falte vor ſich zu finden, gerades Weges,
und vielmehr nach einer abſteigenden Richtung, durch
den Pfoͤrtner ausgetrieben. An einem auf dem Ruͤkken
liegenden Menſchen wird dieſer Ausgang auch durch die
Schwere ſelbſt noch erleichtert. Jch leſe, daß er ſich
leichter ausleeren ſoll, wenn man auf der rechten Seite
laͤge, ob ich gleich nicht hinlaͤnglich weis, warum (w)?

§. 11.
Die Zeit, wenn ſich der Magen ausleert.

Es ſcheint nicht leicht zu ſein, dieſe Zeit, bei einer
ſo groſſen Verſchiedenheit von Speiſen zu beſtimmen.
Man ſieht wohl, daß ſich wenig und fluͤßige Speiſe ge-
ſchwinde durch den Zwoͤlffingerdarm ausleeren muͤſſe:
dieſes geſchicht aber langſam, wenn die Speiſe aus ih-
rer Figur nicht leicht zu bringen, zur Verdauung unge-
ſchikt, und ſcharf iſt, daß ſie den Pfoͤrtner reizet, und
ſich ſelbſt den Ausgang verſperrt. Ein Dukaten, den
Vaillant verſchlang, gieng erſt nach vielen Tagen von

ihm
(t) [Spaltenumbruch] p. 120.
(u) ibid.
(w) [Spaltenumbruch] DUVERNY T. II. p. 183.
ROSEN anat. p.
309.
D d 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0441" n="405[421]"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Beobacht. am Magen.</hi> </fw><lb/>
            <p>Es hat zwar <hi rendition="#fr">Wepfer</hi> ge&#x017F;ehen, daß &#x017F;ich der Zwo&#x0364;lf-<lb/>
fingerdarm in einem Thiere, zu der Zeit wenn die Spei-<lb/>
&#x017F;e herausgeht, aus&#x017F;trekke: die&#x017F;es ge&#x017F;chicht in allen krum-<lb/>
men Kana&#x0364;len, welche &#x017F;ich von dem Durchfluf&#x017F;e des Flu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;igen erweitern. Uebrigens wird aber im Men&#x017F;chen der<lb/>
Ausgang der Spei&#x017F;en, durch die Aus&#x017F;trekkung des Pfo&#x0364;rt-<lb/>
ners im vollen Magen vera&#x0364;ndert. Es be&#x017F;chreibt na&#x0364;mlich<lb/>
die bewegliche gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Kru&#x0364;mmung des Magens neben<lb/>
die&#x017F;em Munde, gleich&#x017F;am als an einer unbeweglichen<lb/>
Stelle, einen Zirkelbogen, und &#x017F;trekkt &#x017F;ich nach vorne<lb/>
aus <note place="foot" n="(t)"><cb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 120.</note>. Und auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e ver&#x017F;chwindet nunmehr<lb/>
derjenige Winkel, welchen der herbeigezogne Pfo&#x0364;rtner<lb/>
mit dem leeren Magen macht <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq">ibid.</hi></note> und es wird die Spei-<lb/>
&#x017F;e, ohne eine Falte vor &#x017F;ich zu finden, gerades Weges,<lb/>
und vielmehr nach einer ab&#x017F;teigenden Richtung, durch<lb/>
den Pfo&#x0364;rtner ausgetrieben. An einem auf dem Ru&#x0364;kken<lb/>
liegenden Men&#x017F;chen wird die&#x017F;er Ausgang auch durch die<lb/>
Schwere &#x017F;elb&#x017F;t noch erleichtert. Jch le&#x017F;e, daß er &#x017F;ich<lb/>
leichter ausleeren &#x017F;oll, wenn man auf der rechten Seite<lb/>
la&#x0364;ge, ob ich gleich nicht hinla&#x0364;nglich weis, warum <note place="foot" n="(w)"><cb/><hi rendition="#aq">DUVERNY T. II. p. 183.<lb/>
ROSEN anat. p.</hi> 309.</note>?</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 11.<lb/><hi rendition="#b">Die Zeit, wenn &#x017F;ich der Magen ausleert.</hi></head><lb/>
            <p>Es &#x017F;cheint nicht leicht zu &#x017F;ein, die&#x017F;e Zeit, bei einer<lb/>
&#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;en Ver&#x017F;chiedenheit von Spei&#x017F;en zu be&#x017F;timmen.<lb/>
Man &#x017F;ieht wohl, daß &#x017F;ich wenig und flu&#x0364;ßige Spei&#x017F;e ge-<lb/>
&#x017F;chwinde durch den Zwo&#x0364;lffingerdarm ausleeren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e:<lb/>
die&#x017F;es ge&#x017F;chicht aber lang&#x017F;am, wenn die Spei&#x017F;e aus ih-<lb/>
rer Figur nicht leicht zu bringen, zur Verdauung unge-<lb/>
&#x017F;chikt, und &#x017F;charf i&#x017F;t, daß &#x017F;ie den Pfo&#x0364;rtner reizet, und<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t den Ausgang ver&#x017F;perrt. Ein Dukaten, den<lb/><hi rendition="#fr">Vaillant</hi> ver&#x017F;chlang, gieng er&#x017F;t nach vielen Tagen von<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ihm</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[405[421]/0441] IV. Abſchnitt. Beobacht. am Magen. Es hat zwar Wepfer geſehen, daß ſich der Zwoͤlf- fingerdarm in einem Thiere, zu der Zeit wenn die Spei- ſe herausgeht, ausſtrekke: dieſes geſchicht in allen krum- men Kanaͤlen, welche ſich von dem Durchflufſe des Fluͤſ- ſigen erweitern. Uebrigens wird aber im Menſchen der Ausgang der Speiſen, durch die Ausſtrekkung des Pfoͤrt- ners im vollen Magen veraͤndert. Es beſchreibt naͤmlich die bewegliche groͤſſere Kruͤmmung des Magens neben dieſem Munde, gleichſam als an einer unbeweglichen Stelle, einen Zirkelbogen, und ſtrekkt ſich nach vorne aus (t). Und auf ſolche Weiſe verſchwindet nunmehr derjenige Winkel, welchen der herbeigezogne Pfoͤrtner mit dem leeren Magen macht (u) und es wird die Spei- ſe, ohne eine Falte vor ſich zu finden, gerades Weges, und vielmehr nach einer abſteigenden Richtung, durch den Pfoͤrtner ausgetrieben. An einem auf dem Ruͤkken liegenden Menſchen wird dieſer Ausgang auch durch die Schwere ſelbſt noch erleichtert. Jch leſe, daß er ſich leichter ausleeren ſoll, wenn man auf der rechten Seite laͤge, ob ich gleich nicht hinlaͤnglich weis, warum (w)? §. 11. Die Zeit, wenn ſich der Magen ausleert. Es ſcheint nicht leicht zu ſein, dieſe Zeit, bei einer ſo groſſen Verſchiedenheit von Speiſen zu beſtimmen. Man ſieht wohl, daß ſich wenig und fluͤßige Speiſe ge- ſchwinde durch den Zwoͤlffingerdarm ausleeren muͤſſe: dieſes geſchicht aber langſam, wenn die Speiſe aus ih- rer Figur nicht leicht zu bringen, zur Verdauung unge- ſchikt, und ſcharf iſt, daß ſie den Pfoͤrtner reizet, und ſich ſelbſt den Ausgang verſperrt. Ein Dukaten, den Vaillant verſchlang, gieng erſt nach vielen Tagen von ihm (t) p. 120. (u) ibid. (w) DUVERNY T. II. p. 183. ROSEN anat. p. 309. D d 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/441
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 405[421]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/441>, abgerufen am 22.11.2024.