Bitterkeit vermag seine gar zu grosse Säure zu ver- hindern.
Das mit dem Getreide abgekochte Wasser wird nun- mehr der Gärung ausgesezzt (o). Solchergestalt läst es Dünste von sich, die den Dünsten des Weins änlich find (p): es sezzt Hefen, und endlich wird es klar, und verwandelt sich in ein säuerlich Wesen.
Bier erhizzt zwar weniger, als der Wein, und ist zu einem Sommergetränke geschikkter; doch es ist ebenfalls zu Eßig zu werden geneigt, es würde einen Geist geben (q), doch in geringerer Menge (r), und überhaupt verliert es im Frieren den Geschmakk eher, als der Wein; ob der Wein gleich einem starken Froste eben so wenig zu wider- stehen vermag (s). Es berauscht mit seinen Dämpfen (t), und wenn es getrunken wird, doch ist der Rausch von kleinerer Dauer, und nicht so schnell. Boerhaave ver- glich es mit starkem Weine (u), und dieser hatte sich der- maassen daran gewöhnt, daß er die schlechten süsse Weine, welche man Franzweine zu nennen pflegt, so wohl selbst trank, als auch guten Freunden vorsezzte. Leute, die in einem Weinlande leben, denken davon ganz anders.
Das Bier hat den Nuzzen, daß man es, wenn man etwas von der Gerste abbricht, und hingegen mehr Was- fer nimmt, ganz schwach machen kann; dergleichen Ge-
tränke
(o)[Spaltenumbruch]G. v. SWIETEN Comm. T. I. p. 105 Leipz. Saml. T. I. BOERHAAVE Elem. Chem. T. II. proc. 42. p. 174 seq proc. 43. p. 192 seqq. BEHRENS diaer. p. 321. Etwas anders braut man die Mum- me, nach dem BRUNNEMANN Ep. 52. die Chineser weichen den Reiß in Wasser 20 & 30 Tage lang ein, alsdann kochen und gähren sie ihn.
(p) Doch aus dem Flusse Gosa gemacht, ist es zündbar BRUCK- [Spaltenumbruch]
MANN Epist. 38. Solches läug- net NEUMANN p. 755. 756.
(q)BOERHAAV. T. II. praee. 45.
(r) Bier im Froste auf Einsech- zigtheil gefroren, verwandelt sich in einen Spiritus BAYNARD p. 332. durch destilliren auf ein und ein halb gebracht vom BESNECKER ecravis. austr.
(s)Voyag. au Nord. p 123 131. wo vom Kanariensekte die Rede ist.
(t)NEUMANN.
(u)p. 192.
Der Magen. XIX. Buch.
Bitterkeit vermag ſeine gar zu groſſe Saͤure zu ver- hindern.
Das mit dem Getreide abgekochte Waſſer wird nun- mehr der Gaͤrung ausgeſezzt (o). Solchergeſtalt laͤſt es Duͤnſte von ſich, die den Duͤnſten des Weins aͤnlich find (p): es ſezzt Hefen, und endlich wird es klar, und verwandelt ſich in ein ſaͤuerlich Weſen.
Bier erhizzt zwar weniger, als der Wein, und iſt zu einem Sommergetraͤnke geſchikkter; doch es iſt ebenfalls zu Eßig zu werden geneigt, es wuͤrde einen Geiſt geben (q), doch in geringerer Menge (r), und uͤberhaupt verliert es im Frieren den Geſchmakk eher, als der Wein; ob der Wein gleich einem ſtarken Froſte eben ſo wenig zu wider- ſtehen vermag (s). Es berauſcht mit ſeinen Daͤmpfen (t), und wenn es getrunken wird, doch iſt der Rauſch von kleinerer Dauer, und nicht ſo ſchnell. Boerhaave ver- glich es mit ſtarkem Weine (u), und dieſer hatte ſich der- maaſſen daran gewoͤhnt, daß er die ſchlechten ſuͤſſe Weine, welche man Franzweine zu nennen pflegt, ſo wohl ſelbſt trank, als auch guten Freunden vorſezzte. Leute, die in einem Weinlande leben, denken davon ganz anders.
Das Bier hat den Nuzzen, daß man es, wenn man etwas von der Gerſte abbricht, und hingegen mehr Waſ- fer nimmt, ganz ſchwach machen kann; dergleichen Ge-
traͤnke
(o)[Spaltenumbruch]G. v. SWIETEN Comm. T. I. p. 105 Leipz. Saml. T. I. BOERHAAVE Elem. Chem. T. II. proc. 42. p. 174 ſeq proc. 43. p. 192 ſeqq. BEHRENS diaer. p. 321. Etwas anders braut man die Mum- me, nach dem BRUNNEMANN Ep. 52. die Chineſer weichen den Reiß in Waſſer 20 & 30 Tage lang ein, alsdann kochen und gaͤhren ſie ihn.
(p) Doch aus dem Fluſſe Goſa gemacht, iſt es zuͤndbar BRUCK- [Spaltenumbruch]
MANN Epiſt. 38. Solches laͤug- net NEUMANN p. 755. 756.
(q)BOERHAAV. T. II. praee. 45.
(r) Bier im Froſte auf Einſech- zigtheil gefroren, verwandelt ſich in einen Spiritus BAYNARD p. 332. durch deſtilliren auf ein und ein halb gebracht vom BESNECKER ecraviſ. auſtr.
(s)Voyag. au Nord. p 123 131. wo vom Kanarienſekte die Rede iſt.
(t)NEUMANN.
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[360[376]/0396]
Der Magen. XIX. Buch.
Bitterkeit vermag ſeine gar zu groſſe Saͤure zu ver-
hindern.
Das mit dem Getreide abgekochte Waſſer wird nun-
mehr der Gaͤrung ausgeſezzt (o). Solchergeſtalt laͤſt
es Duͤnſte von ſich, die den Duͤnſten des Weins aͤnlich
find (p): es ſezzt Hefen, und endlich wird es klar, und
verwandelt ſich in ein ſaͤuerlich Weſen.
Bier erhizzt zwar weniger, als der Wein, und iſt zu
einem Sommergetraͤnke geſchikkter; doch es iſt ebenfalls
zu Eßig zu werden geneigt, es wuͤrde einen Geiſt geben (q),
doch in geringerer Menge (r), und uͤberhaupt verliert es
im Frieren den Geſchmakk eher, als der Wein; ob der
Wein gleich einem ſtarken Froſte eben ſo wenig zu wider-
ſtehen vermag (s). Es berauſcht mit ſeinen Daͤmpfen (t),
und wenn es getrunken wird, doch iſt der Rauſch von
kleinerer Dauer, und nicht ſo ſchnell. Boerhaave ver-
glich es mit ſtarkem Weine (u), und dieſer hatte ſich der-
maaſſen daran gewoͤhnt, daß er die ſchlechten ſuͤſſe Weine,
welche man Franzweine zu nennen pflegt, ſo wohl ſelbſt
trank, als auch guten Freunden vorſezzte. Leute, die in
einem Weinlande leben, denken davon ganz anders.
Das Bier hat den Nuzzen, daß man es, wenn man
etwas von der Gerſte abbricht, und hingegen mehr Waſ-
fer nimmt, ganz ſchwach machen kann; dergleichen Ge-
traͤnke
(o)
G. v. SWIETEN Comm.
T. I. p. 105 Leipz. Saml. T. I.
BOERHAAVE Elem. Chem. T. II.
proc. 42. p. 174 ſeq proc. 43. p.
192 ſeqq. BEHRENS diaer. p. 321.
Etwas anders braut man die Mum-
me, nach dem BRUNNEMANN
Ep. 52. die Chineſer weichen den
Reiß in Waſſer 20 & 30 Tage lang
ein, alsdann kochen und gaͤhren
ſie ihn.
(p) Doch aus dem Fluſſe Goſa
gemacht, iſt es zuͤndbar BRUCK-
MANN Epiſt. 38. Solches laͤug-
net NEUMANN p. 755. 756.
(q) BOERHAAV. T. II. praee.
45.
(r) Bier im Froſte auf Einſech-
zigtheil gefroren, verwandelt ſich in
einen Spiritus BAYNARD p. 332.
durch deſtilliren auf ein und ein
halb gebracht vom BESNECKER
ecraviſ. auſtr.
(s) Voyag. au Nord. p 123 131.
wo vom Kanarienſekte die Rede iſt.
(t) NEUMANN.
(u) p. 192.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 360[376]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/396>, abgerufen am 22.11.2024.
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