vollkommen verdauen (i). Steine die Muscheln, See- tulpen genannt (k), und besondre Steinwürmer (l). Oft kömmt ein solcher unzeitiger Appetit so gar dem Menschen an, Mergel, Erde, Sand aus den Streubüchsen (m) und Schalen von Seeäpfeln (n) zu verschlukken; so wie Wölfe und wilde Schweine, wenn sie der Hunger über- wältigt, Erde fressen (o). Doch es erfolgen von diesen unnatürlichen Speisen Verhärtungen am Gekröse, und oft der Tod; und ich kann dem Gumilla keinen Glau- ben beimessen, wenn dieser schreibt, daß seine Ottomachen Erde, Sand und Kreide ohne Schaden verschlingen (p). Man kann davon weitläuftig nachlesen, wie im Englischen Amerika die armen Kinder der Salzburger von diesem Appetite nach Erde umgekommen (q), und Brown be- zeugt eben dasselbe (r). Jn dem Magen und Gedärme der Kapaunen und Kaninchen (r*) bleibt die Erde, wie sie war (s). Es ist der berümte Widmer noch der einzige, welcher sich aus Lehm einen wirklichen, angenem schmekkenden Gallert verfertigte (t). Da man einem Hunde Kalk einzwang, (u) so lies er Urin und Kot von sich, und es magerte das elende Thier ganz aus (w). Ska- liger, dessen Gelehrsamkeit sonst bekannt ist, gedenkt, daß der von Rebhünern verschlukkte Sand zwischen dem Fleische gefunden worden (x).
Die Metalle thun eine noch ärgere Wirkung. Ob man gleich sagt, daß Mäuse Blei benagen (z), und
Straus-
(i)[Spaltenumbruch]Leipz. Saml. T. V. p. 352. 353.
(k)BONANNI recreat. p. 236. 237. BORELL II. Prop. 192. Sol- ches läugnet LYONNET insect. Theol. p. 258.
(l)La VOYE Journ. Sav. n. 32. Meerpolipen, und Regenwürmer VALISN. I. p. 243.
(m)REINES var. p. 35.
(n)TOZZI I. c.
(o)BUFFON T. V. p. 119.
(p)[Spaltenumbruch]Hist. Nat. de l'orenoq. p. 271. 282.
(q) Jn Cl. BOLZII relationibus.
(r) Süsliche Mergelorde Nat. hist. of Jam. p. 64.
(r*)De terr. Nucerin p. 47.
(s)AL. DELLA FABRA de arth- rit. p. 24.
(t)Marggraef. Bad. p. 197.
(u)Vom Bergmeel p. 35.
(w)SCHINZ de calce n. 43.
(x)In ARIST. de plant. p. 40.
(z)p. 14.
X 3
III. Abſchnitt. Speiſe und Trank.
vollkommen verdauen (i). Steine die Muſcheln, See- tulpen genannt (k), und beſondre Steinwuͤrmer (l). Oft koͤmmt ein ſolcher unzeitiger Appetit ſo gar dem Menſchen an, Mergel, Erde, Sand aus den Streubuͤchſen (m) und Schalen von Seeaͤpfeln (n) zu verſchlukken; ſo wie Woͤlfe und wilde Schweine, wenn ſie der Hunger uͤber- waͤltigt, Erde freſſen (o). Doch es erfolgen von dieſen unnatuͤrlichen Speiſen Verhaͤrtungen am Gekroͤſe, und oft der Tod; und ich kann dem Gumilla keinen Glau- ben beimeſſen, wenn dieſer ſchreibt, daß ſeine Ottomachen Erde, Sand und Kreide ohne Schaden verſchlingen (p). Man kann davon weitlaͤuftig nachleſen, wie im Engliſchen Amerika die armen Kinder der Salzburger von dieſem Appetite nach Erde umgekommen (q), und Brown be- zeugt eben daſſelbe (r). Jn dem Magen und Gedaͤrme der Kapaunen und Kaninchen (r*) bleibt die Erde, wie ſie war (s). Es iſt der beruͤmte Widmer noch der einzige, welcher ſich aus Lehm einen wirklichen, angenem ſchmekkenden Gallert verfertigte (t). Da man einem Hunde Kalk einzwang, (u) ſo lies er Urin und Kot von ſich, und es magerte das elende Thier ganz aus (w). Ska- liger, deſſen Gelehrſamkeit ſonſt bekannt iſt, gedenkt, daß der von Rebhuͤnern verſchlukkte Sand zwiſchen dem Fleiſche gefunden worden (x).
Die Metalle thun eine noch aͤrgere Wirkung. Ob man gleich ſagt, daß Maͤuſe Blei benagen (z), und
Strauſ-
(i)[Spaltenumbruch]Leipz. Saml. T. V. p. 352. 353.
(k)BONANNI recreat. p. 236. 237. BORELL II. Prop. 192. Sol- ches laͤugnet LYONNET inſect. Theol. p. 258.
(l)La VOYE Journ. Sav. n. 32. Meerpolipen, und Regenwuͤrmer VALISN. I. p. 243.
(m)REINES var. p. 35.
(n)TOZZI I. c.
(o)BUFFON T. V. p. 119.
(p)[Spaltenumbruch]Hiſt. Nat. de l’orenoq. p. 271. 282.
(q) Jn Cl. BOLZII relationibus.
(r) Suͤsliche Mergelorde Nat. hiſt. of Jam. p. 64.
(r*)De terr. Nucerin p. 47.
(s)AL. DELLA FABRA de arth- rit. p. 24.
(t)Marggræf. Bad. p. 197.
(u)Vom Bergmeel p. 35.
(w)SCHINZ de calce n. 43.
(x)In ARIST. de plant. p. 40.
(z)p. 14.
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[309[325]/0345]
III. Abſchnitt. Speiſe und Trank.
vollkommen verdauen (i). Steine die Muſcheln, See-
tulpen genannt (k), und beſondre Steinwuͤrmer (l). Oft
koͤmmt ein ſolcher unzeitiger Appetit ſo gar dem Menſchen
an, Mergel, Erde, Sand aus den Streubuͤchſen (m)
und Schalen von Seeaͤpfeln (n) zu verſchlukken; ſo wie
Woͤlfe und wilde Schweine, wenn ſie der Hunger uͤber-
waͤltigt, Erde freſſen (o). Doch es erfolgen von dieſen
unnatuͤrlichen Speiſen Verhaͤrtungen am Gekroͤſe, und
oft der Tod; und ich kann dem Gumilla keinen Glau-
ben beimeſſen, wenn dieſer ſchreibt, daß ſeine Ottomachen
Erde, Sand und Kreide ohne Schaden verſchlingen (p).
Man kann davon weitlaͤuftig nachleſen, wie im Engliſchen
Amerika die armen Kinder der Salzburger von dieſem
Appetite nach Erde umgekommen (q), und Brown be-
zeugt eben daſſelbe (r). Jn dem Magen und Gedaͤrme
der Kapaunen und Kaninchen (r*) bleibt die Erde, wie
ſie war (s). Es iſt der beruͤmte Widmer noch der
einzige, welcher ſich aus Lehm einen wirklichen, angenem
ſchmekkenden Gallert verfertigte (t). Da man einem
Hunde Kalk einzwang, (u) ſo lies er Urin und Kot von ſich,
und es magerte das elende Thier ganz aus (w). Ska-
liger, deſſen Gelehrſamkeit ſonſt bekannt iſt, gedenkt,
daß der von Rebhuͤnern verſchlukkte Sand zwiſchen dem
Fleiſche gefunden worden (x).
Die Metalle thun eine noch aͤrgere Wirkung. Ob
man gleich ſagt, daß Maͤuſe Blei benagen (z), und
Strauſ-
(i)
Leipz. Saml. T. V. p. 352.
353.
(k) BONANNI recreat. p. 236.
237. BORELL II. Prop. 192. Sol-
ches laͤugnet LYONNET inſect.
Theol. p. 258.
(l) La VOYE Journ. Sav. n. 32.
Meerpolipen, und Regenwuͤrmer
VALISN. I. p. 243.
(m) REINES var. p. 35.
(n) TOZZI I. c.
(o) BUFFON T. V. p. 119.
(p)
Hiſt. Nat. de l’orenoq. p.
271. 282.
(q) Jn Cl. BOLZII relationibus.
(r) Suͤsliche Mergelorde Nat.
hiſt. of Jam. p. 64.
(r*) De terr. Nucerin p. 47.
(s) AL. DELLA FABRA de arth-
rit. p. 24.
(t) Marggræf. Bad. p. 197.
(u) Vom Bergmeel p. 35.
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(x) In ARIST. de plant. p. 40.
(z) p. 14.
X 3
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 309[325]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/345>, abgerufen am 23.11.2024.
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