Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abschnitt. Speise und Trank.
vollkommen verdauen (i). Steine die Muscheln, See-
tulpen genannt (k), und besondre Steinwürmer (l). Oft
kömmt ein solcher unzeitiger Appetit so gar dem Menschen
an, Mergel, Erde, Sand aus den Streubüchsen (m)
und Schalen von Seeäpfeln (n) zu verschlukken; so wie
Wölfe und wilde Schweine, wenn sie der Hunger über-
wältigt, Erde fressen (o). Doch es erfolgen von diesen
unnatürlichen Speisen Verhärtungen am Gekröse, und
oft der Tod; und ich kann dem Gumilla keinen Glau-
ben beimessen, wenn dieser schreibt, daß seine Ottomachen
Erde, Sand und Kreide ohne Schaden verschlingen (p).
Man kann davon weitläuftig nachlesen, wie im Englischen
Amerika die armen Kinder der Salzburger von diesem
Appetite nach Erde umgekommen (q), und Brown be-
zeugt eben dasselbe (r). Jn dem Magen und Gedärme
der Kapaunen und Kaninchen (r*) bleibt die Erde, wie
sie war (s). Es ist der berümte Widmer noch der
einzige, welcher sich aus Lehm einen wirklichen, angenem
schmekkenden Gallert verfertigte (t). Da man einem
Hunde Kalk einzwang, (u) so lies er Urin und Kot von sich,
und es magerte das elende Thier ganz aus (w). Ska-
liger,
dessen Gelehrsamkeit sonst bekannt ist, gedenkt,
daß der von Rebhünern verschlukkte Sand zwischen dem
Fleische gefunden worden (x).

Die Metalle thun eine noch ärgere Wirkung. Ob
man gleich sagt, daß Mäuse Blei benagen (z), und

Straus-
(i) [Spaltenumbruch] Leipz. Saml. T. V. p. 352.
353.
(k) BONANNI recreat. p. 236.
237. BORELL II. Prop.
192. Sol-
ches läugnet LYONNET insect.
Theol. p.
258.
(l) La VOYE Journ. Sav. n. 32.
Meerpolipen, und Regenwürmer
VALISN. I. p. 243.
(m) REINES var. p. 35.
(n) TOZZI I. c.
(o) BUFFON T. V. p. 119.
(p) [Spaltenumbruch] Hist. Nat. de l'orenoq. p.
271. 282.
(q) Jn Cl. BOLZII relationibus.
(r) Süsliche Mergelorde Nat.
hist. of Jam. p.
64.
(r*) De terr. Nucerin p. 47.
(s) AL. DELLA FABRA de arth-
rit. p.
24.
(t) Marggraef. Bad. p. 197.
(u) Vom Bergmeel p. 35.
(w) SCHINZ de calce n. 43.
(x) In ARIST. de plant. p. 40.
(z) p. 14.
X 3

III. Abſchnitt. Speiſe und Trank.
vollkommen verdauen (i). Steine die Muſcheln, See-
tulpen genannt (k), und beſondre Steinwuͤrmer (l). Oft
koͤmmt ein ſolcher unzeitiger Appetit ſo gar dem Menſchen
an, Mergel, Erde, Sand aus den Streubuͤchſen (m)
und Schalen von Seeaͤpfeln (n) zu verſchlukken; ſo wie
Woͤlfe und wilde Schweine, wenn ſie der Hunger uͤber-
waͤltigt, Erde freſſen (o). Doch es erfolgen von dieſen
unnatuͤrlichen Speiſen Verhaͤrtungen am Gekroͤſe, und
oft der Tod; und ich kann dem Gumilla keinen Glau-
ben beimeſſen, wenn dieſer ſchreibt, daß ſeine Ottomachen
Erde, Sand und Kreide ohne Schaden verſchlingen (p).
Man kann davon weitlaͤuftig nachleſen, wie im Engliſchen
Amerika die armen Kinder der Salzburger von dieſem
Appetite nach Erde umgekommen (q), und Brown be-
zeugt eben daſſelbe (r). Jn dem Magen und Gedaͤrme
der Kapaunen und Kaninchen (r*) bleibt die Erde, wie
ſie war (s). Es iſt der beruͤmte Widmer noch der
einzige, welcher ſich aus Lehm einen wirklichen, angenem
ſchmekkenden Gallert verfertigte (t). Da man einem
Hunde Kalk einzwang, (u) ſo lies er Urin und Kot von ſich,
und es magerte das elende Thier ganz aus (w). Ska-
liger,
deſſen Gelehrſamkeit ſonſt bekannt iſt, gedenkt,
daß der von Rebhuͤnern verſchlukkte Sand zwiſchen dem
Fleiſche gefunden worden (x).

Die Metalle thun eine noch aͤrgere Wirkung. Ob
man gleich ſagt, daß Maͤuſe Blei benagen (z), und

Strauſ-
(i) [Spaltenumbruch] Leipz. Saml. T. V. p. 352.
353.
(k) BONANNI recreat. p. 236.
237. BORELL II. Prop.
192. Sol-
ches laͤugnet LYONNET inſect.
Theol. p.
258.
(l) La VOYE Journ. Sav. n. 32.
Meerpolipen, und Regenwuͤrmer
VALISN. I. p. 243.
(m) REINES var. p. 35.
(n) TOZZI I. c.
(o) BUFFON T. V. p. 119.
(p) [Spaltenumbruch] Hiſt. Nat. de l’orenoq. p.
271. 282.
(q) Jn Cl. BOLZII relationibus.
(r) Suͤsliche Mergelorde Nat.
hiſt. of Jam. p.
64.
(r*) De terr. Nucerin p. 47.
(s) AL. DELLA FABRA de arth-
rit. p.
24.
(t) Marggræf. Bad. p. 197.
(u) Vom Bergmeel p. 35.
(w) SCHINZ de calce n. 43.
(x) In ARIST. de plant. p. 40.
(z) p. 14.
X 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0345" n="309[325]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Spei&#x017F;e und Trank.</hi></fw><lb/>
vollkommen verdauen <note place="foot" n="(i)"><cb/><hi rendition="#aq">Leipz. Saml. T. V. p.</hi> 352.<lb/>
353.</note>. Steine die Mu&#x017F;cheln, See-<lb/>
tulpen genannt <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq">BONANNI recreat. p. 236.<lb/>
237. BORELL II. Prop.</hi> 192. Sol-<lb/>
ches la&#x0364;ugnet <hi rendition="#aq">LYONNET in&#x017F;ect.<lb/>
Theol. p.</hi> 258.</note>, und be&#x017F;ondre Steinwu&#x0364;rmer <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">La VOYE Journ. Sav. n.</hi> 32.<lb/>
Meerpolipen, und Regenwu&#x0364;rmer<lb/><hi rendition="#aq">VALISN. I. p.</hi> 243.</note>. Oft<lb/>
ko&#x0364;mmt ein &#x017F;olcher unzeitiger Appetit &#x017F;o gar dem Men&#x017F;chen<lb/>
an, Mergel, Erde, Sand aus den Streubu&#x0364;ch&#x017F;en <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq">REINES var. p.</hi> 35.</note><lb/>
und Schalen von Seea&#x0364;pfeln <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq">TOZZI I. c.</hi></note> zu ver&#x017F;chlukken; &#x017F;o wie<lb/>
Wo&#x0364;lfe und wilde Schweine, wenn &#x017F;ie der Hunger u&#x0364;ber-<lb/>
wa&#x0364;ltigt, Erde fre&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq">BUFFON T. V. p.</hi> 119.</note>. Doch es erfolgen von die&#x017F;en<lb/>
unnatu&#x0364;rlichen Spei&#x017F;en Verha&#x0364;rtungen am Gekro&#x0364;&#x017F;e, und<lb/>
oft der Tod; und ich kann dem <hi rendition="#fr">Gumilla</hi> keinen Glau-<lb/>
ben beime&#x017F;&#x017F;en, wenn die&#x017F;er &#x017F;chreibt, daß &#x017F;eine Ottomachen<lb/>
Erde, Sand und Kreide ohne Schaden ver&#x017F;chlingen <note place="foot" n="(p)"><cb/><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;t. Nat. de l&#x2019;orenoq. p.</hi><lb/>
271. 282.</note>.<lb/>
Man kann davon weitla&#x0364;uftig nachle&#x017F;en, wie im Engli&#x017F;chen<lb/>
Amerika die armen Kinder der Salzburger von die&#x017F;em<lb/>
Appetite nach Erde umgekommen <note place="foot" n="(q)">Jn <hi rendition="#aq">Cl. BOLZII relationibus.</hi></note>, und <hi rendition="#fr">Brown</hi> be-<lb/>
zeugt eben da&#x017F;&#x017F;elbe <note place="foot" n="(r)">Su&#x0364;sliche Mergelorde <hi rendition="#aq">Nat.<lb/>
hi&#x017F;t. of Jam. p.</hi> 64.</note>. Jn dem Magen und Geda&#x0364;rme<lb/>
der Kapaunen und Kaninchen <note place="foot" n="(r*)"><hi rendition="#aq">De terr. Nucerin p.</hi> 47.</note> bleibt die Erde, wie<lb/>
&#x017F;ie war <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq">AL. DELLA FABRA de arth-<lb/>
rit. p.</hi> 24.</note>. Es i&#x017F;t der beru&#x0364;mte <hi rendition="#fr">Widmer</hi> noch der<lb/>
einzige, welcher &#x017F;ich aus Lehm einen wirklichen, angenem<lb/>
&#x017F;chmekkenden Gallert verfertigte <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq">Marggræf. Bad. p.</hi> 197.</note>. Da man einem<lb/>
Hunde Kalk einzwang, <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq">Vom Bergmeel p.</hi> 35.</note> &#x017F;o lies er Urin und Kot von &#x017F;ich,<lb/>
und es magerte das elende Thier ganz aus <note place="foot" n="(w)"><hi rendition="#aq">SCHINZ de calce n.</hi> 43.</note>. <hi rendition="#fr">Ska-<lb/>
liger,</hi> de&#x017F;&#x017F;en Gelehr&#x017F;amkeit &#x017F;on&#x017F;t bekannt i&#x017F;t, gedenkt,<lb/>
daß der von Rebhu&#x0364;nern ver&#x017F;chlukkte Sand zwi&#x017F;chen dem<lb/>
Flei&#x017F;che gefunden worden <note place="foot" n="(x)"><hi rendition="#aq">In ARIST. de plant. p.</hi> 40.</note>.</p><lb/>
            <p>Die Metalle thun eine noch a&#x0364;rgere Wirkung. Ob<lb/>
man gleich &#x017F;agt, daß Ma&#x0364;u&#x017F;e Blei benagen <note place="foot" n="(z)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 14.</note>, und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Strau&#x017F;-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[309[325]/0345] III. Abſchnitt. Speiſe und Trank. vollkommen verdauen (i). Steine die Muſcheln, See- tulpen genannt (k), und beſondre Steinwuͤrmer (l). Oft koͤmmt ein ſolcher unzeitiger Appetit ſo gar dem Menſchen an, Mergel, Erde, Sand aus den Streubuͤchſen (m) und Schalen von Seeaͤpfeln (n) zu verſchlukken; ſo wie Woͤlfe und wilde Schweine, wenn ſie der Hunger uͤber- waͤltigt, Erde freſſen (o). Doch es erfolgen von dieſen unnatuͤrlichen Speiſen Verhaͤrtungen am Gekroͤſe, und oft der Tod; und ich kann dem Gumilla keinen Glau- ben beimeſſen, wenn dieſer ſchreibt, daß ſeine Ottomachen Erde, Sand und Kreide ohne Schaden verſchlingen (p). Man kann davon weitlaͤuftig nachleſen, wie im Engliſchen Amerika die armen Kinder der Salzburger von dieſem Appetite nach Erde umgekommen (q), und Brown be- zeugt eben daſſelbe (r). Jn dem Magen und Gedaͤrme der Kapaunen und Kaninchen (r*) bleibt die Erde, wie ſie war (s). Es iſt der beruͤmte Widmer noch der einzige, welcher ſich aus Lehm einen wirklichen, angenem ſchmekkenden Gallert verfertigte (t). Da man einem Hunde Kalk einzwang, (u) ſo lies er Urin und Kot von ſich, und es magerte das elende Thier ganz aus (w). Ska- liger, deſſen Gelehrſamkeit ſonſt bekannt iſt, gedenkt, daß der von Rebhuͤnern verſchlukkte Sand zwiſchen dem Fleiſche gefunden worden (x). Die Metalle thun eine noch aͤrgere Wirkung. Ob man gleich ſagt, daß Maͤuſe Blei benagen (z), und Strauſ- (i) Leipz. Saml. T. V. p. 352. 353. (k) BONANNI recreat. p. 236. 237. BORELL II. Prop. 192. Sol- ches laͤugnet LYONNET inſect. Theol. p. 258. (l) La VOYE Journ. Sav. n. 32. Meerpolipen, und Regenwuͤrmer VALISN. I. p. 243. (m) REINES var. p. 35. (n) TOZZI I. c. (o) BUFFON T. V. p. 119. (p) Hiſt. Nat. de l’orenoq. p. 271. 282. (q) Jn Cl. BOLZII relationibus. (r) Suͤsliche Mergelorde Nat. hiſt. of Jam. p. 64. (r*) De terr. Nucerin p. 47. (s) AL. DELLA FABRA de arth- rit. p. 24. (t) Marggræf. Bad. p. 197. (u) Vom Bergmeel p. 35. (w) SCHINZ de calce n. 43. (x) In ARIST. de plant. p. 40. (z) p. 14. X 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/345
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 309[325]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/345>, abgerufen am 23.11.2024.