sie aber in Schweden unter die Speise genommen wor- den, und daß man aus den alten Gesezzen von ihrem Gebrauche unterrichtet sei, kann ich von unsrer herben Art der Eicheln nicht wohl glauben (k). Die Bewoner des Appeninischen Gebirges bringen ihr Leben fast einzig und allein mit Kastanien, die den Eicheln ziemlich ver- wandt sind, durch (l).
So wie sich das Geschlecht der Menschen nach und nach in der neuen Welt ausbreitete, so fing man nach der Verschiedenheit der Länder an, bald diese, bald jene Erdfrüchte zu essen. Melonen, saftige Kräuter, Moosse, pergamentige Baummooße (m), Schwämme. Die Na- tur des Menschen ist keine Kostverächterin, sie verachtet nicht einmal die Graßarten, die ich ein Kind essen gese- hen habe, und wie Tulp [be]zeugt (n), noch die Wurzeln vom roten Steinbrech (o) oder giftige Pflanzen (p). Ge- malne Rinden von Fichten und Tannenbäumen mi- schen noch jezzt die nordliche Völker unter ihr Rinden- brodt (q). Das sogenannte Arabische Gummi ernährt noch die Mauren (r).
Man erfand allmälich die Künste, und man grub, wie ich glaube, zuerst Wurzeln aus, die in heissen Ländern häufig und von guter Art sind. Wenigstens liefert die Cassava (s) den Zukkerinseln Brodt, und es ernährte die Wurzel von der Wasserlilie, und von dem Pappirschilfe
(m) Die Japaner, algonguini LAFITEAU moeurs des Sauvages T. II. p 92
(n)L. IV. obs. 10. p. 296. Ein andrer beim RASCZYNSKI p. 355. ein andrer beim KERGER fer- ment. p. 187.
(o) Die alten Schweden; bei [Spaltenumbruch]
den neuern die Wurzeln des ari aquatici.
(p) Die Japaner I. c. p. 162.
(q)HOEGSTROEM Lapland p. 24. LOECHSTOER method. med.
(r)ADANSON relat. p. 38. die Abißinische Caravanne lebte davon HASSELQUIST p. 533.
(s)A COSTA. WAFER p. 101.
Der Magen. XIX. Buch.
ſie aber in Schweden unter die Speiſe genommen wor- den, und daß man aus den alten Geſezzen von ihrem Gebrauche unterrichtet ſei, kann ich von unſrer herben Art der Eicheln nicht wohl glauben (k). Die Bewoner des Appeniniſchen Gebirges bringen ihr Leben faſt einzig und allein mit Kaſtanien, die den Eicheln ziemlich ver- wandt ſind, durch (l).
So wie ſich das Geſchlecht der Menſchen nach und nach in der neuen Welt ausbreitete, ſo fing man nach der Verſchiedenheit der Laͤnder an, bald dieſe, bald jene Erdfruͤchte zu eſſen. Melonen, ſaftige Kraͤuter, Mooſſe, pergamentige Baummooße (m), Schwaͤmme. Die Na- tur des Menſchen iſt keine Koſtveraͤchterin, ſie verachtet nicht einmal die Graßarten, die ich ein Kind eſſen geſe- hen habe, und wie Tulp [be]zeugt (n), noch die Wurzeln vom roten Steinbrech (o) oder giftige Pflanzen (p). Ge- malne Rinden von Fichten und Tannenbaͤumen mi- ſchen noch jezzt die nordliche Voͤlker unter ihr Rinden- brodt (q). Das ſogenannte Arabiſche Gummi ernaͤhrt noch die Mauren (r).
Man erfand allmaͤlich die Kuͤnſte, und man grub, wie ich glaube, zuerſt Wurzeln aus, die in heiſſen Laͤndern haͤufig und von guter Art ſind. Wenigſtens liefert die Caſſava (s) den Zukkerinſeln Brodt, und es ernaͤhrte die Wurzel von der Waſſerlilie, und von dem Pappirſchilfe
(m) Die Japaner, algonguini LAFITEAU moeurs des Sauvages T. II. p 92
(n)L. IV. obſ. 10. p. 296. Ein andrer beim RASCZYNSKI p. 355. ein andrer beim KERGER fer- ment. p. 187.
(o) Die alten Schweden; bei [Spaltenumbruch]
den neuern die Wurzeln des ari aquatici.
(p) Die Japaner I. c. p. 162.
(q)HOEGSTROEM Lapland p. 24. LOECHSTOER method. med.
(r)ADANSON relat. p. 38. die Abißiniſche Caravanne lebte davon HASSELQUIST p. 533.
(s)A COSTA. WAFER p. 101.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0316"n="280[296]"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der Magen. <hirendition="#aq">XIX.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>ſie aber in Schweden unter die Speiſe genommen wor-<lb/>
den, und daß man aus den alten Geſezzen von ihrem<lb/>
Gebrauche unterrichtet ſei, kann ich von unſrer herben<lb/>
Art der Eicheln nicht wohl glauben <noteplace="foot"n="(k)"><cb/><hirendition="#aq">GADD. Forſtnæſtet RUD-<lb/>
BEK artant.</hi></note>. Die Bewoner<lb/>
des Appeniniſchen Gebirges bringen ihr Leben faſt einzig<lb/>
und allein mit Kaſtanien, die den Eicheln ziemlich ver-<lb/>
wandt ſind, durch <noteplace="foot"n="(l)"><hirendition="#aq">PINELLI de acido ſang. p.</hi><lb/>
72. 73.</note>.</p><lb/><p>So wie ſich das Geſchlecht der Menſchen nach und<lb/>
nach in der neuen Welt ausbreitete, ſo fing man nach<lb/>
der Verſchiedenheit der Laͤnder an, bald dieſe, bald jene<lb/>
Erdfruͤchte zu eſſen. Melonen, ſaftige Kraͤuter, Mooſſe,<lb/>
pergamentige Baummooße <noteplace="foot"n="(m)">Die Japaner, <hirendition="#aq">algonguini<lb/>
LAFITEAU moeurs des Sauvages<lb/>
T. II. p</hi> 92</note>, Schwaͤmme. Die Na-<lb/>
tur des Menſchen iſt keine Koſtveraͤchterin, ſie verachtet<lb/>
nicht einmal die Graßarten, die ich ein Kind eſſen geſe-<lb/>
hen habe, und wie <hirendition="#fr">Tulp</hi><supplied>be</supplied>zeugt <noteplace="foot"n="(n)"><hirendition="#aq">L. IV. obſ. 10. p.</hi> 296. Ein<lb/>
andrer beim <hirendition="#aq">RASCZYNSKI p.</hi> 355.<lb/>
ein andrer beim <hirendition="#aq"><hirendition="#g">KERGER</hi> fer-<lb/>
ment. p.</hi> 187.</note>, noch die Wurzeln<lb/>
vom roten Steinbrech <noteplace="foot"n="(o)">Die alten Schweden; bei<lb/><cb/>
den neuern die Wurzeln des <hirendition="#aq">ari<lb/>
aquatici.</hi></note> oder giftige Pflanzen <noteplace="foot"n="(p)">Die Japaner <hirendition="#aq">I. c. p.</hi> 162.</note>. Ge-<lb/>
malne Rinden von Fichten und Tannenbaͤumen mi-<lb/>ſchen noch jezzt die nordliche Voͤlker unter ihr Rinden-<lb/>
brodt <noteplace="foot"n="(q)"><hirendition="#aq">HOEGSTROEM Lapland<lb/>
p. 24. LOECHSTOER method.<lb/>
med.</hi></note>. Das ſogenannte Arabiſche Gummi ernaͤhrt<lb/>
noch die Mauren <noteplace="foot"n="(r)"><hirendition="#aq">ADANSON relat. p.</hi> 38. die<lb/>
Abißiniſche Caravanne lebte davon<lb/><hirendition="#aq">HASSELQUIST p.</hi> 533.</note>.</p><lb/><p>Man erfand allmaͤlich die Kuͤnſte, und man grub,<lb/>
wie ich glaube, zuerſt Wurzeln aus, die in heiſſen Laͤndern<lb/>
haͤufig und von guter Art ſind. Wenigſtens liefert die<lb/>
Caſſava <noteplace="foot"n="(s)"><hirendition="#aq">A <hirendition="#g">COSTA. WAFER</hi><lb/>
p.</hi> 101.</note> den Zukkerinſeln Brodt, und es ernaͤhrte die<lb/>
Wurzel von der Waſſerlilie, und von dem Pappirſchilfe<lb/><fwplace="bottom"type="catch">die</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[280[296]/0316]
Der Magen. XIX. Buch.
ſie aber in Schweden unter die Speiſe genommen wor-
den, und daß man aus den alten Geſezzen von ihrem
Gebrauche unterrichtet ſei, kann ich von unſrer herben
Art der Eicheln nicht wohl glauben (k). Die Bewoner
des Appeniniſchen Gebirges bringen ihr Leben faſt einzig
und allein mit Kaſtanien, die den Eicheln ziemlich ver-
wandt ſind, durch (l).
So wie ſich das Geſchlecht der Menſchen nach und
nach in der neuen Welt ausbreitete, ſo fing man nach
der Verſchiedenheit der Laͤnder an, bald dieſe, bald jene
Erdfruͤchte zu eſſen. Melonen, ſaftige Kraͤuter, Mooſſe,
pergamentige Baummooße (m), Schwaͤmme. Die Na-
tur des Menſchen iſt keine Koſtveraͤchterin, ſie verachtet
nicht einmal die Graßarten, die ich ein Kind eſſen geſe-
hen habe, und wie Tulp bezeugt (n), noch die Wurzeln
vom roten Steinbrech (o) oder giftige Pflanzen (p). Ge-
malne Rinden von Fichten und Tannenbaͤumen mi-
ſchen noch jezzt die nordliche Voͤlker unter ihr Rinden-
brodt (q). Das ſogenannte Arabiſche Gummi ernaͤhrt
noch die Mauren (r).
Man erfand allmaͤlich die Kuͤnſte, und man grub,
wie ich glaube, zuerſt Wurzeln aus, die in heiſſen Laͤndern
haͤufig und von guter Art ſind. Wenigſtens liefert die
Caſſava (s) den Zukkerinſeln Brodt, und es ernaͤhrte die
Wurzel von der Waſſerlilie, und von dem Pappirſchilfe
die
(k)
GADD. Forſtnæſtet RUD-
BEK artant.
(l) PINELLI de acido ſang. p.
72. 73.
(m) Die Japaner, algonguini
LAFITEAU moeurs des Sauvages
T. II. p 92
(n) L. IV. obſ. 10. p. 296. Ein
andrer beim RASCZYNSKI p. 355.
ein andrer beim KERGER fer-
ment. p. 187.
(o) Die alten Schweden; bei
den neuern die Wurzeln des ari
aquatici.
(p) Die Japaner I. c. p. 162.
(q) HOEGSTROEM Lapland
p. 24. LOECHSTOER method.
med.
(r) ADANSON relat. p. 38. die
Abißiniſche Caravanne lebte davon
HASSELQUIST p. 533.
(s) A COSTA. WAFER
p. 101.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 280[296]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/316>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.