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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

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I. Abschnitt. Das Kauen.
§. 2.
Die Speise im Munde.

Die meisten Thiere trinken mit einer holen, zu einer
Schaufel gekrümmten Zunge, sie ziehen das Wasser in
den Mund, nachdem sie die Luft desselben vermöge des Ein-
atmens geschwächt haben: und die Jnsekten thun es durch
hole Stachel (f) oder ausgehölte Röhren (g), welche die
perifaltische Bewegung vor der Speise weiter, und nach
der Speise enger macht. Die Speisen ergreifen die Thie-
re gemeiniglich mit ihren Kinnbakken, indem wenige
solche Theile besizzen, welche mit einer Hand verglichen
werden könnten, und daher müssen alle vierfüssige Thie-
re einen längern Kinnbakken als der Mensch haben,
dieser Kinnbacken ist vorne dünner, damit sie den Mund
weiter öfnen und die Speise leichter und unter geraden
Winkeln feste halten und ergreifen könnten. Der Mensch
bringt die Speise vermittelst der Hände in den Mund (h).
Er giesset sich das Getränke in den Mund, ob er es gleich
auch durch Saugen in sich ziehen kann. Der erste Weg,
den beide Narungsmittel nehmen, ist der Mund, und
diesen haben wir an anderm Orte in so weit beschrieben,
als es nöthig war, einen Gang zu kennen, den ein jeder
mit Augen sehen kann.

§. 3.
Das Kleinmachen im Munde.

Es sind aber die meisten Speisen zu hart, sie wer-
den in grossen Bissen in dem Mund gebracht, und kön-
nen nicht mit einmal hinabgeschlukkt werden, oder sie

wür-
(f) [Spaltenumbruch] Die Laus SWAMMERDAM
bibl. p.
78. ein Wasserwurm durch
einen holen Zahn ibid. p. 326.
(g) Durch den Rüssel papilio
[Spaltenumbruch] SWAMMERDAM p. 598 et
449.
(h) Conf. BUFFON histoire ne-
turel. T. IV. p.
197.
A 3
I. Abſchnitt. Das Kauen.
§. 2.
Die Speiſe im Munde.

Die meiſten Thiere trinken mit einer holen, zu einer
Schaufel gekruͤmmten Zunge, ſie ziehen das Waſſer in
den Mund, nachdem ſie die Luft deſſelben vermoͤge des Ein-
atmens geſchwaͤcht haben: und die Jnſekten thun es durch
hole Stachel (f) oder ausgehoͤlte Roͤhren (g), welche die
perifaltiſche Bewegung vor der Speiſe weiter, und nach
der Speiſe enger macht. Die Speiſen ergreifen die Thie-
re gemeiniglich mit ihren Kinnbakken, indem wenige
ſolche Theile beſizzen, welche mit einer Hand verglichen
werden koͤnnten, und daher muͤſſen alle vierfuͤſſige Thie-
re einen laͤngern Kinnbakken als der Menſch haben,
dieſer Kinnbacken iſt vorne duͤnner, damit ſie den Mund
weiter oͤfnen und die Speiſe leichter und unter geraden
Winkeln feſte halten und ergreifen koͤnnten. Der Menſch
bringt die Speiſe vermittelſt der Haͤnde in den Mund (h).
Er gieſſet ſich das Getraͤnke in den Mund, ob er es gleich
auch durch Saugen in ſich ziehen kann. Der erſte Weg,
den beide Narungsmittel nehmen, iſt der Mund, und
dieſen haben wir an anderm Orte in ſo weit beſchrieben,
als es noͤthig war, einen Gang zu kennen, den ein jeder
mit Augen ſehen kann.

§. 3.
Das Kleinmachen im Munde.

Es ſind aber die meiſten Speiſen zu hart, ſie wer-
den in groſſen Biſſen in dem Mund gebracht, und koͤn-
nen nicht mit einmal hinabgeſchlukkt werden, oder ſie

wuͤr-
(f) [Spaltenumbruch] Die Laus SWAMMERDAM
bibl. p.
78. ein Waſſerwurm durch
einen holen Zahn ibid. p. 326.
(g) Durch den Ruͤſſel papilio
[Spaltenumbruch] SWAMMERDAM p. 598 et
449.
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turel. T. IV. p.
197.
A 3
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[5/0025] I. Abſchnitt. Das Kauen. §. 2. Die Speiſe im Munde. Die meiſten Thiere trinken mit einer holen, zu einer Schaufel gekruͤmmten Zunge, ſie ziehen das Waſſer in den Mund, nachdem ſie die Luft deſſelben vermoͤge des Ein- atmens geſchwaͤcht haben: und die Jnſekten thun es durch hole Stachel (f) oder ausgehoͤlte Roͤhren (g), welche die perifaltiſche Bewegung vor der Speiſe weiter, und nach der Speiſe enger macht. Die Speiſen ergreifen die Thie- re gemeiniglich mit ihren Kinnbakken, indem wenige ſolche Theile beſizzen, welche mit einer Hand verglichen werden koͤnnten, und daher muͤſſen alle vierfuͤſſige Thie- re einen laͤngern Kinnbakken als der Menſch haben, dieſer Kinnbacken iſt vorne duͤnner, damit ſie den Mund weiter oͤfnen und die Speiſe leichter und unter geraden Winkeln feſte halten und ergreifen koͤnnten. Der Menſch bringt die Speiſe vermittelſt der Haͤnde in den Mund (h). Er gieſſet ſich das Getraͤnke in den Mund, ob er es gleich auch durch Saugen in ſich ziehen kann. Der erſte Weg, den beide Narungsmittel nehmen, iſt der Mund, und dieſen haben wir an anderm Orte in ſo weit beſchrieben, als es noͤthig war, einen Gang zu kennen, den ein jeder mit Augen ſehen kann. §. 3. Das Kleinmachen im Munde. Es ſind aber die meiſten Speiſen zu hart, ſie wer- den in groſſen Biſſen in dem Mund gebracht, und koͤn- nen nicht mit einmal hinabgeſchlukkt werden, oder ſie wuͤr- (f) Die Laus SWAMMERDAM bibl. p. 78. ein Waſſerwurm durch einen holen Zahn ibid. p. 326. (g) Durch den Ruͤſſel papilio SWAMMERDAM p. 598 et 449. (h) Conf. BUFFON hiſtoire ne- turel. T. IV. p. 197. A 3

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/25>, abgerufen am 22.12.2024.