längere sich das Mark des Sehnerven (e) nicht in die Ader- haut, sondern in die Nezzhaut, und es streite wider alle Versuche, wenn man die Nezzhaut für ein Oberhäutchen ausgeben wollte: Es sei diese Haut in allen Thieren einer- lei (e*), etwas grau (f), und verhalte sich gegen alle Far- ben gleichgültig: Die Aderhaut würde als ein farbiges Wesen gefärbte Strahlen wegen ihrer eigenen Farbe an- ders und schlecht auffangen, sie reflectire ferner in den meisten vierfüßigen Thieren das Licht, habe wenige Nerven, und eine grosse Menge Gefässe, die doch Em- pfindungslos werden, und sonderlich bekommen sie bei ih- rem Anfange, kaum einige Nerven, und dennoch müste sich auf diesem Anfange das Bild des Objects abmahlen. Es hätte ein Kind mit einer rothen Aderhaut dennoch se- hen können (g), es könnten Caninchen mit einer rothen Aderhaut sehen (h), und es hätte ein anderer Mensch, bei dem diese Haut ihre Schwärze verlohren hatte, vom Lichte Empfindung gehabt. Es sei der Regenbogen die- ser Fortsazz der Aderhaut, nicht reizzbar (i), wenig em- pfindlich (k), und es werde dessen Bewegung, wenn er gleich keinen eigenen Fehler an sich hat, zerstöret, wo- fern man den Sehnerven drükkte, mit dem er doch nir- gends zusammenhinge: Man könne ferner nicht behaup- ten, daß die Aderhaut vom Regenbogen entstehen sollte (l). Es sei die Stelle des Sehnervens, welche blind sei, hohl, damit nicht das Licht auf die Fasern fallen könne (m): Oder es sei die Nezzhaut daselbst callöse und hart (n).
Wir haben aber stärkere Gründe, welche uns zum Beifall zwingen. Erstlich thut der ganze Versuch des
Ma-
(e)[Spaltenumbruch]RAHTLAAUW du cataract. p. 32. CAMPER part. ocul. p. 15.
(e*)DUVERNEY I. p. 164.
(f) Weiß oder schwarz gehöre dazu, HARTLEY p. 191.
(g)DUDDEL. Supplem. p. 51.
(h)pag. 20.
(i)[Spaltenumbruch]pag. 171. 172.
(k)pag. 372.
(l)OEHM de amaurosi Conf. pag. 367.
(m)MUSSCHENBROECK n. 1223.
(n)PORTERFIELD T. II. p. 254.
H. Phisiol. 5. B. P p p
IV. Abſchnitt. Das Sehen.
laͤngere ſich das Mark des Sehnerven (e) nicht in die Ader- haut, ſondern in die Nezzhaut, und es ſtreite wider alle Verſuche, wenn man die Nezzhaut fuͤr ein Oberhaͤutchen ausgeben wollte: Es ſei dieſe Haut in allen Thieren einer- lei (e*), etwas grau (f), und verhalte ſich gegen alle Far- ben gleichguͤltig: Die Aderhaut wuͤrde als ein farbiges Weſen gefaͤrbte Strahlen wegen ihrer eigenen Farbe an- ders und ſchlecht auffangen, ſie reflectire ferner in den meiſten vierfuͤßigen Thieren das Licht, habe wenige Nerven, und eine groſſe Menge Gefaͤſſe, die doch Em- pfindungslos werden, und ſonderlich bekommen ſie bei ih- rem Anfange, kaum einige Nerven, und dennoch muͤſte ſich auf dieſem Anfange das Bild des Objects abmahlen. Es haͤtte ein Kind mit einer rothen Aderhaut dennoch ſe- hen koͤnnen (g), es koͤnnten Caninchen mit einer rothen Aderhaut ſehen (h), und es haͤtte ein anderer Menſch, bei dem dieſe Haut ihre Schwaͤrze verlohren hatte, vom Lichte Empfindung gehabt. Es ſei der Regenbogen die- ſer Fortſazz der Aderhaut, nicht reizzbar (i), wenig em- pfindlich (k), und es werde deſſen Bewegung, wenn er gleich keinen eigenen Fehler an ſich hat, zerſtoͤret, wo- fern man den Sehnerven druͤkkte, mit dem er doch nir- gends zuſammenhinge: Man koͤnne ferner nicht behaup- ten, daß die Aderhaut vom Regenbogen entſtehen ſollte (l). Es ſei die Stelle des Sehnervens, welche blind ſei, hohl, damit nicht das Licht auf die Faſern fallen koͤnne (m): Oder es ſei die Nezzhaut daſelbſt calloͤſe und hart (n).
Wir haben aber ſtaͤrkere Gruͤnde, welche uns zum Beifall zwingen. Erſtlich thut der ganze Verſuch des
Ma-
(e)[Spaltenumbruch]RAHTLAAUW du cataract. p. 32. CAMPER part. ocul. p. 15.
(e*)DUVERNEY I. p. 164.
(f) Weiß oder ſchwarz gehoͤre dazu, HARTLEY p. 191.
(g)DUDDEL. Supplem. p. 51.
(h)pag. 20.
(i)[Spaltenumbruch]pag. 171. 172.
(k)pag. 372.
(l)OEHM de amauroſi Conf. pag. 367.
(m)MUSSCHENBROECK n. 1223.
(n)PORTERFIELD T. II. p. 254.
H. Phiſiol. 5. B. P p p
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0979"n="961"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">IV.</hi> Abſchnitt. Das Sehen.</hi></fw><lb/>
laͤngere ſich das Mark des Sehnerven <noteplace="foot"n="(e)"><cb/><hirendition="#aq">RAHTLAAUW du cataract.<lb/>
p. 32. CAMPER part. ocul. p.</hi> 15.</note> nicht in die Ader-<lb/>
haut, ſondern in die Nezzhaut, und es ſtreite wider alle<lb/>
Verſuche, wenn man die Nezzhaut fuͤr ein Oberhaͤutchen<lb/>
ausgeben wollte: Es ſei dieſe Haut in allen Thieren einer-<lb/>
lei <noteplace="foot"n="(e*)"><hirendition="#aq">DUVERNEY I. p.</hi> 164.</note>, etwas grau <noteplace="foot"n="(f)">Weiß oder ſchwarz gehoͤre<lb/>
dazu, <hirendition="#aq">HARTLEY p.</hi> 191.</note>, und verhalte ſich gegen alle Far-<lb/>
ben gleichguͤltig: Die Aderhaut wuͤrde als ein farbiges<lb/>
Weſen gefaͤrbte Strahlen wegen ihrer eigenen Farbe an-<lb/>
ders und ſchlecht auffangen, ſie reflectire ferner in den<lb/>
meiſten vierfuͤßigen Thieren das Licht, habe wenige<lb/>
Nerven, und eine groſſe Menge Gefaͤſſe, die doch Em-<lb/>
pfindungslos werden, und ſonderlich bekommen ſie bei ih-<lb/>
rem Anfange, kaum einige Nerven, und dennoch muͤſte<lb/>ſich auf dieſem Anfange das Bild des Objects abmahlen.<lb/>
Es haͤtte ein Kind mit einer rothen Aderhaut dennoch ſe-<lb/>
hen koͤnnen <noteplace="foot"n="(g)"><hirendition="#aq">DUDDEL. Supplem. p.</hi> 51.</note>, es koͤnnten Caninchen mit einer rothen<lb/>
Aderhaut ſehen <noteplace="foot"n="(h)"><hirendition="#aq">pag.</hi> 20.</note>, und es haͤtte ein anderer Menſch,<lb/>
bei dem dieſe Haut ihre Schwaͤrze verlohren hatte, vom<lb/>
Lichte Empfindung gehabt. Es ſei der Regenbogen die-<lb/>ſer Fortſazz der Aderhaut, nicht reizzbar <noteplace="foot"n="(i)"><cb/><hirendition="#aq">pag.</hi> 171. 172.</note>, wenig em-<lb/>
pfindlich <noteplace="foot"n="(k)"><hirendition="#aq">pag.</hi> 372.</note>, und es werde deſſen Bewegung, wenn er<lb/>
gleich keinen eigenen Fehler an ſich hat, zerſtoͤret, wo-<lb/>
fern man den Sehnerven druͤkkte, mit dem er doch nir-<lb/>
gends zuſammenhinge: Man koͤnne ferner nicht behaup-<lb/>
ten, daß die Aderhaut vom Regenbogen entſtehen ſollte<lb/><noteplace="foot"n="(l)"><hirendition="#aq">OEHM de amauroſi Conf.<lb/>
pag.</hi> 367.</note>. Es ſei die Stelle des Sehnervens, welche blind ſei,<lb/>
hohl, damit nicht das Licht auf die Faſern fallen koͤnne<lb/><noteplace="foot"n="(m)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">MUSSCHENBROECK</hi><lb/>
n.</hi> 1223.</note>: Oder es ſei die Nezzhaut daſelbſt calloͤſe und hart <noteplace="foot"n="(n)"><hirendition="#aq">PORTERFIELD T. II. p.</hi><lb/>
254.</note>.</p><lb/><p>Wir haben aber ſtaͤrkere Gruͤnde, welche uns zum<lb/>
Beifall zwingen. Erſtlich thut der ganze Verſuch des<lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Ma-</hi></fw><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">H. Phiſiol. 5. B.</hi> P p p</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[961/0979]
IV. Abſchnitt. Das Sehen.
laͤngere ſich das Mark des Sehnerven (e) nicht in die Ader-
haut, ſondern in die Nezzhaut, und es ſtreite wider alle
Verſuche, wenn man die Nezzhaut fuͤr ein Oberhaͤutchen
ausgeben wollte: Es ſei dieſe Haut in allen Thieren einer-
lei (e*), etwas grau (f), und verhalte ſich gegen alle Far-
ben gleichguͤltig: Die Aderhaut wuͤrde als ein farbiges
Weſen gefaͤrbte Strahlen wegen ihrer eigenen Farbe an-
ders und ſchlecht auffangen, ſie reflectire ferner in den
meiſten vierfuͤßigen Thieren das Licht, habe wenige
Nerven, und eine groſſe Menge Gefaͤſſe, die doch Em-
pfindungslos werden, und ſonderlich bekommen ſie bei ih-
rem Anfange, kaum einige Nerven, und dennoch muͤſte
ſich auf dieſem Anfange das Bild des Objects abmahlen.
Es haͤtte ein Kind mit einer rothen Aderhaut dennoch ſe-
hen koͤnnen (g), es koͤnnten Caninchen mit einer rothen
Aderhaut ſehen (h), und es haͤtte ein anderer Menſch,
bei dem dieſe Haut ihre Schwaͤrze verlohren hatte, vom
Lichte Empfindung gehabt. Es ſei der Regenbogen die-
ſer Fortſazz der Aderhaut, nicht reizzbar (i), wenig em-
pfindlich (k), und es werde deſſen Bewegung, wenn er
gleich keinen eigenen Fehler an ſich hat, zerſtoͤret, wo-
fern man den Sehnerven druͤkkte, mit dem er doch nir-
gends zuſammenhinge: Man koͤnne ferner nicht behaup-
ten, daß die Aderhaut vom Regenbogen entſtehen ſollte
(l). Es ſei die Stelle des Sehnervens, welche blind ſei,
hohl, damit nicht das Licht auf die Faſern fallen koͤnne
(m): Oder es ſei die Nezzhaut daſelbſt calloͤſe und hart (n).
Wir haben aber ſtaͤrkere Gruͤnde, welche uns zum
Beifall zwingen. Erſtlich thut der ganze Verſuch des
Ma-
(e)
RAHTLAAUW du cataract.
p. 32. CAMPER part. ocul. p. 15.
(e*) DUVERNEY I. p. 164.
(f) Weiß oder ſchwarz gehoͤre
dazu, HARTLEY p. 191.
(g) DUDDEL. Supplem. p. 51.
(h) pag. 20.
(i)
pag. 171. 172.
(k) pag. 372.
(l) OEHM de amauroſi Conf.
pag. 367.
(m) MUSSCHENBROECK
n. 1223.
(n) PORTERFIELD T. II. p.
254.
H. Phiſiol. 5. B. P p p
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 961. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/979>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.