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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Das Licht. XVI. Buch.
Strahlen auf die convexe Oberfläche eines dichtern Mit-
telwesens fallen, so biegen sie sich gegen den Perpendikkel,
und laufen in einen einzigen Punkt zusammen. Da sie
nemlich um desto schiefer auffallen, und desto grössere Win-
kel machen, wenn sie sich nach der Perpendikkularlinie
verlängern, je mehr sie nach aussen zu streichen, und da
das Verhältniß des Sinus des Refractionswinkels, zum
Winkel des Einfalls beständig einerlei ist, so wird dasselbe
um desto grösser sein, je schiefer ein Strahl auf eine krum-
me refringirende Linie fält: Es wird nemlich diese Kraft,
durch welche sie nachdem Perpendikkul gebrochen wird,
mit der Distanz eines jeden Strahls vom Perpendikkul
wachsen, und endlich wird der Punkt des Zusammen-
flusses der Mittelpunkt der Kugel sein, in welcher alle
unendliche Strahlen, welche auf die Oberfläche auffallen,
zusammenkommen. Es wird dieser Punkt der Zusammen-
kunft, Brennpunkt genannt, welches aber kein matthe-
matischer Punkt eben ist. Es biegen sich nemlich allein die
nächsten Strahlen an der Achse in den Brennpunkt hin-
ein, indessen daß die gar zu entfernten die Achse jederzeit
in andern Punkten durchschneiden (l), davon rührt die
erste Art der Abweichung her (m). Sie ist aber dem
Mittelpunkte um so viel näher, je grösser die brechende
Kraft ist. An einer gläsernen Kugel (n), laufen die durch
die Luft herkommende Strahlen, in der Weite des halben
Halbmessers der Kugel zusammen (o). Jn einer Was-
serkugel laufen sie in der Distanz des Halbmessers selbst
zusammen.

Wenn es Linsen sind, welche aus zwei Segmenten,
einer und eben derselben Kugel, die aneinander appliciret
sind, entstehen, oder aus Segmenten zweier ungleichen Ku-
geln, so wird die Brechung zwar auch einen Brennpunkt
haben, allein dieser wird weiter entfernet sein, weil die

brechende
(l) [Spaltenumbruch] HEKMANN Serm. in se-
cund. Consens. habit.
(m) PORTERIELD I. p. 378.
(n) [Spaltenumbruch] HUGEN prop. 13. SMITH
n. 26. COURTIVRON p.
75.
(o) HUGEN ib.

Das Licht. XVI. Buch.
Strahlen auf die convexe Oberflaͤche eines dichtern Mit-
telweſens fallen, ſo biegen ſie ſich gegen den Perpendikkel,
und laufen in einen einzigen Punkt zuſammen. Da ſie
nemlich um deſto ſchiefer auffallen, und deſto groͤſſere Win-
kel machen, wenn ſie ſich nach der Perpendikkularlinie
verlaͤngern, je mehr ſie nach auſſen zu ſtreichen, und da
das Verhaͤltniß des Sinus des Refractionswinkels, zum
Winkel des Einfalls beſtaͤndig einerlei iſt, ſo wird daſſelbe
um deſto groͤſſer ſein, je ſchiefer ein Strahl auf eine krum-
me refringirende Linie faͤlt: Es wird nemlich dieſe Kraft,
durch welche ſie nachdem Perpendikkul gebrochen wird,
mit der Diſtanz eines jeden Strahls vom Perpendikkul
wachſen, und endlich wird der Punkt des Zuſammen-
fluſſes der Mittelpunkt der Kugel ſein, in welcher alle
unendliche Strahlen, welche auf die Oberflaͤche auffallen,
zuſammenkommen. Es wird dieſer Punkt der Zuſammen-
kunft, Brennpunkt genannt, welches aber kein matthe-
matiſcher Punkt eben iſt. Es biegen ſich nemlich allein die
naͤchſten Strahlen an der Achſe in den Brennpunkt hin-
ein, indeſſen daß die gar zu entfernten die Achſe jederzeit
in andern Punkten durchſchneiden (l), davon ruͤhrt die
erſte Art der Abweichung her (m). Sie iſt aber dem
Mittelpunkte um ſo viel naͤher, je groͤſſer die brechende
Kraft iſt. An einer glaͤſernen Kugel (n), laufen die durch
die Luft herkommende Strahlen, in der Weite des halben
Halbmeſſers der Kugel zuſammen (o). Jn einer Waſ-
ſerkugel laufen ſie in der Diſtanz des Halbmeſſers ſelbſt
zuſammen.

Wenn es Linſen ſind, welche aus zwei Segmenten,
einer und eben derſelben Kugel, die aneinander appliciret
ſind, entſtehen, oder aus Segmenten zweier ungleichen Ku-
geln, ſo wird die Brechung zwar auch einen Brennpunkt
haben, allein dieſer wird weiter entfernet ſein, weil die

brechende
(l) [Spaltenumbruch] HEKMANN Serm. in ſe-
cund. Conſenſ. habit.
(m) PORTERIELD I. p. 378.
(n) [Spaltenumbruch] HUGEN prop. 13. SMITH
n. 26. COURTIVRON p.
75.
(o) HUGEN ib.
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[934/0952] Das Licht. XVI. Buch. Strahlen auf die convexe Oberflaͤche eines dichtern Mit- telweſens fallen, ſo biegen ſie ſich gegen den Perpendikkel, und laufen in einen einzigen Punkt zuſammen. Da ſie nemlich um deſto ſchiefer auffallen, und deſto groͤſſere Win- kel machen, wenn ſie ſich nach der Perpendikkularlinie verlaͤngern, je mehr ſie nach auſſen zu ſtreichen, und da das Verhaͤltniß des Sinus des Refractionswinkels, zum Winkel des Einfalls beſtaͤndig einerlei iſt, ſo wird daſſelbe um deſto groͤſſer ſein, je ſchiefer ein Strahl auf eine krum- me refringirende Linie faͤlt: Es wird nemlich dieſe Kraft, durch welche ſie nachdem Perpendikkul gebrochen wird, mit der Diſtanz eines jeden Strahls vom Perpendikkul wachſen, und endlich wird der Punkt des Zuſammen- fluſſes der Mittelpunkt der Kugel ſein, in welcher alle unendliche Strahlen, welche auf die Oberflaͤche auffallen, zuſammenkommen. Es wird dieſer Punkt der Zuſammen- kunft, Brennpunkt genannt, welches aber kein matthe- matiſcher Punkt eben iſt. Es biegen ſich nemlich allein die naͤchſten Strahlen an der Achſe in den Brennpunkt hin- ein, indeſſen daß die gar zu entfernten die Achſe jederzeit in andern Punkten durchſchneiden (l), davon ruͤhrt die erſte Art der Abweichung her (m). Sie iſt aber dem Mittelpunkte um ſo viel naͤher, je groͤſſer die brechende Kraft iſt. An einer glaͤſernen Kugel (n), laufen die durch die Luft herkommende Strahlen, in der Weite des halben Halbmeſſers der Kugel zuſammen (o). Jn einer Waſ- ſerkugel laufen ſie in der Diſtanz des Halbmeſſers ſelbſt zuſammen. Wenn es Linſen ſind, welche aus zwei Segmenten, einer und eben derſelben Kugel, die aneinander appliciret ſind, entſtehen, oder aus Segmenten zweier ungleichen Ku- geln, ſo wird die Brechung zwar auch einen Brennpunkt haben, allein dieſer wird weiter entfernet ſein, weil die brechende (l) HEKMANN Serm. in ſe- cund. Conſenſ. habit. (m) PORTERIELD I. p. 378. (n) HUGEN prop. 13. SMITH n. 26. COURTIVRON p. 75. (o) HUGEN ib.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 934. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/952>, abgerufen am 23.11.2024.