Man hat auf diesen Einwurf geantwortet (t), es sei nicht nothwendig, daß die Saiten der Schnekke gleich- stimmig, und gleich lang mit den äussern Saiten sind, und es sei zum Gleichstimmen hinlänglich, wenn sie nur einigermaassen mit dem klingenden Körper, z. E. in der Oktave, oder der Oktav von der Oktav, oder wenigstens doch in irgend einem andern einfachen Verhältnisse (u).
Jndessen hat doch einer Seits die künstliche Schnek- ke, anderer Seits die vergleichende Anatomie so viel ausgerichtet, daß diejenigen, welche den halbzirklichen Kanälen viel zutrauen, die Schnekke davon nicht aus- schlossen. So verband Valsalva(x) alle seine Zonen mit einander, so wohl die, welche in den halbzirklichen Kanälen, als die, welche in der Schnekke sind. Auch der vortrefliche Senac(y) fügte dennoch die Spizze der Schnekke hinzu, wenn er den Sizz des Gehörs mitten in den halbzirklichen Kanälen zu sein behauptet. Ande- re theilen diese Verrichtung wechselweise unter beide, und glauben, das Werkzeug zu einem genauen Gehöre befinde sich in der Schnekke, so wie das nicht so deut- liche Gehör in den eben genannten Kanälen verrichtet werde (a).
§. 8. Was man in dieser dunklen Sache gründliches zu sehen scheine.
Jch verwerfe also, als das erste von allem, bei dem Werkzeuge des Gehörs die elastische Zitterungen der Nerven, welche bei den Bebungen der äussern Körper (z)
harmo-
(t)[Spaltenumbruch]MAIRAN, Iourn. des sa- vans l. c.
(u)NOLLET, p. 482.
(x)p. 128.
(y)Essays de physique p. 754.
(a)VERDUC, usag. des part. 214.
(z)[Spaltenumbruch]DUVERNEY, p. 104. sosth. l. c. MUSSCHENBROECK, inst. 1479.
Das Gehoͤr. XV. Buch.
Man hat auf dieſen Einwurf geantwortet (t), es ſei nicht nothwendig, daß die Saiten der Schnekke gleich- ſtimmig, und gleich lang mit den aͤuſſern Saiten ſind, und es ſei zum Gleichſtimmen hinlaͤnglich, wenn ſie nur einigermaaſſen mit dem klingenden Koͤrper, z. E. in der Oktave, oder der Oktav von der Oktav, oder wenigſtens doch in irgend einem andern einfachen Verhaͤltniſſe (u).
Jndeſſen hat doch einer Seits die kuͤnſtliche Schnek- ke, anderer Seits die vergleichende Anatomie ſo viel ausgerichtet, daß diejenigen, welche den halbzirklichen Kanaͤlen viel zutrauen, die Schnekke davon nicht aus- ſchloſſen. So verband Valſalva(x) alle ſeine Zonen mit einander, ſo wohl die, welche in den halbzirklichen Kanaͤlen, als die, welche in der Schnekke ſind. Auch der vortrefliche Senac(y) fuͤgte dennoch die Spizze der Schnekke hinzu, wenn er den Sizz des Gehoͤrs mitten in den halbzirklichen Kanaͤlen zu ſein behauptet. Ande- re theilen dieſe Verrichtung wechſelweiſe unter beide, und glauben, das Werkzeug zu einem genauen Gehoͤre befinde ſich in der Schnekke, ſo wie das nicht ſo deut- liche Gehoͤr in den eben genannten Kanaͤlen verrichtet werde (a).
§. 8. Was man in dieſer dunklen Sache gruͤndliches zu ſehen ſcheine.
Jch verwerfe alſo, als das erſte von allem, bei dem Werkzeuge des Gehoͤrs die elaſtiſche Zitterungen der Nerven, welche bei den Bebungen der aͤuſſern Koͤrper (z)
harmo-
(t)[Spaltenumbruch]MAIRAN, Iourn. des ſa- vans l. c.
(u)NOLLET, p. 482.
(x)p. 128.
(y)Eſſays de phyſique p. 754.
(a)VERDUC, uſag. des part. 214.
(z)[Spaltenumbruch]DUVERNEY, p. 104. ſoſth. l. c. MUSSCHENBROECK, inſt. 1479.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0708"n="690"/><fwplace="top"type="header">Das Gehoͤr. <hirendition="#aq">XV.</hi> Buch.</fw><lb/><p>Man hat auf dieſen Einwurf geantwortet <noteplace="foot"n="(t)"><cb/><hirendition="#aq">MAIRAN, Iourn. des ſa-<lb/>
vans l. c.</hi></note>, es ſei<lb/>
nicht nothwendig, daß die Saiten der Schnekke gleich-<lb/>ſtimmig, und gleich lang mit den aͤuſſern Saiten ſind,<lb/>
und es ſei zum Gleichſtimmen hinlaͤnglich, wenn ſie nur<lb/>
einigermaaſſen mit dem klingenden Koͤrper, z. E. in der<lb/>
Oktave, oder der Oktav von der Oktav, oder wenigſtens<lb/>
doch in irgend einem andern einfachen Verhaͤltniſſe <noteplace="foot"n="(u)"><hirendition="#aq">NOLLET, p.</hi> 482.</note>.</p><lb/><p>Jndeſſen hat doch einer Seits die kuͤnſtliche Schnek-<lb/>
ke, anderer Seits die vergleichende Anatomie ſo viel<lb/>
ausgerichtet, daß diejenigen, welche den halbzirklichen<lb/>
Kanaͤlen viel zutrauen, die Schnekke davon nicht aus-<lb/>ſchloſſen. So verband <hirendition="#fr">Valſalva</hi><noteplace="foot"n="(x)"><hirendition="#aq">p.</hi> 128.</note> alle ſeine Zonen<lb/>
mit einander, ſo wohl die, welche in den halbzirklichen<lb/>
Kanaͤlen, als die, welche in der Schnekke ſind. Auch<lb/>
der vortrefliche <hirendition="#fr">Senac</hi><noteplace="foot"n="(y)"><hirendition="#aq">Eſſays de phyſique p.</hi> 754.</note> fuͤgte dennoch die Spizze der<lb/>
Schnekke hinzu, wenn er den Sizz des Gehoͤrs mitten<lb/>
in den halbzirklichen Kanaͤlen zu ſein behauptet. Ande-<lb/>
re theilen dieſe Verrichtung wechſelweiſe unter beide,<lb/>
und glauben, das Werkzeug zu einem genauen Gehoͤre<lb/>
befinde ſich in der Schnekke, ſo wie das nicht ſo deut-<lb/>
liche Gehoͤr in den eben genannten Kanaͤlen verrichtet<lb/>
werde <noteplace="foot"n="(a)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">VERDUC,</hi> uſag. des<lb/>
part.</hi> 214.</note>.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 8.<lb/>
Was man in dieſer dunklen Sache gruͤndliches<lb/>
zu ſehen ſcheine.</head><lb/><p>Jch verwerfe alſo, als das erſte von allem, bei dem<lb/>
Werkzeuge des Gehoͤrs die elaſtiſche Zitterungen der<lb/>
Nerven, welche bei den Bebungen der aͤuſſern Koͤrper<lb/><fwplace="bottom"type="catch">harmo-</fw><lb/><noteplace="foot"n="(z)"><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">DUVERNEY,</hi> p. 104.<lb/>ſoſth. l. c. MUSSCHENBROECK,<lb/>
inſt.</hi> 1479.</note><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[690/0708]
Das Gehoͤr. XV. Buch.
Man hat auf dieſen Einwurf geantwortet (t), es ſei
nicht nothwendig, daß die Saiten der Schnekke gleich-
ſtimmig, und gleich lang mit den aͤuſſern Saiten ſind,
und es ſei zum Gleichſtimmen hinlaͤnglich, wenn ſie nur
einigermaaſſen mit dem klingenden Koͤrper, z. E. in der
Oktave, oder der Oktav von der Oktav, oder wenigſtens
doch in irgend einem andern einfachen Verhaͤltniſſe (u).
Jndeſſen hat doch einer Seits die kuͤnſtliche Schnek-
ke, anderer Seits die vergleichende Anatomie ſo viel
ausgerichtet, daß diejenigen, welche den halbzirklichen
Kanaͤlen viel zutrauen, die Schnekke davon nicht aus-
ſchloſſen. So verband Valſalva (x) alle ſeine Zonen
mit einander, ſo wohl die, welche in den halbzirklichen
Kanaͤlen, als die, welche in der Schnekke ſind. Auch
der vortrefliche Senac (y) fuͤgte dennoch die Spizze der
Schnekke hinzu, wenn er den Sizz des Gehoͤrs mitten
in den halbzirklichen Kanaͤlen zu ſein behauptet. Ande-
re theilen dieſe Verrichtung wechſelweiſe unter beide,
und glauben, das Werkzeug zu einem genauen Gehoͤre
befinde ſich in der Schnekke, ſo wie das nicht ſo deut-
liche Gehoͤr in den eben genannten Kanaͤlen verrichtet
werde (a).
§. 8.
Was man in dieſer dunklen Sache gruͤndliches
zu ſehen ſcheine.
Jch verwerfe alſo, als das erſte von allem, bei dem
Werkzeuge des Gehoͤrs die elaſtiſche Zitterungen der
Nerven, welche bei den Bebungen der aͤuſſern Koͤrper
harmo-
(z)
(t)
MAIRAN, Iourn. des ſa-
vans l. c.
(u) NOLLET, p. 482.
(x) p. 128.
(y) Eſſays de phyſique p. 754.
(a) VERDUC, uſag. des
part. 214.
(z)
DUVERNEY, p. 104.
ſoſth. l. c. MUSSCHENBROECK,
inſt. 1479.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 690. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/708>, abgerufen am 20.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.