Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Gehör. XV. Buch.
klang (y), welchen leere Gotteshäuser, Kammern, die
noch mit keinem Hausgeräthe versehen sind, Felsen und
Hölen, von sich geben (z). Selbst die Blätter an den
Bäumen klingen nach (a), so daß der Wiederschall in
den Wäldern zur Sommerzeit (b) lebhafter, als im
Winter ist, da die Bäume nakkt sind. Es thönt selbst
das Wasser nach, wenn es ruhig und eben steht; und
man kann musikalische Jnstrumenten weit und schön ver-
nehmen (c), wenn man sie bei stiller Nacht, und an
stillen Seen spielt, so daß man auch die Reden der Schif-
fer bis auf vier Meilen weit unterscheiden kann (d).
Da einer von zween Freunden im Serail, der andere
zu Skutari stand, und mit einander sprachen; so konn-
ten sie ihre Worte über dem stillen Meere auf zwo Mei-
len weit verstehen (e).

Weiche Körper scheinen dagegen den Schall zu er-
stikken, weil sie ihn nicht vermehren. Ein mit Schnee
bedekktes Land (f), weicher Sand (f*), nebliche wässe-
riche Luft, grosse Wiesen, Kirchen mit Tapeten ge-
schmükkt, oder die mit Zuhörern angefüllt sind (g), las-
sen den Schall nicht zunehmen (h). Die in einem Kahne
mit einander sprechen, können kaum ihre gewechselten
Worte verstehen, wenn nicht Häuser am Felsen vorlie-

gen,
(y) [Spaltenumbruch] Die Alten verstärkten die
Stimme, damit eine gewaltige
Menge Menschen in den theatrali-
schen Amphitheatern hören konnte
mit künstlich gestellten ledigen
Fässern (oder kupfernen Gefäs-
sen) wie solches bezeugt PLI-
NIUS,
lib. XI. c.
51.
(z) Von denen in den Schlund
des Vesuvs geworfnen Steinen,
besiehe den BARTOLUS, pag.
292. 293.
(a) KIRCHER, phonurg.
p.
10.
(b) PERRAULT, p. 220. ed.
belg.
(c) [Spaltenumbruch] BARTOLUS, p. 86. Fr.
Tr. de LANIS, p. 435. STURM,
T. I. p. 658. MARTENS Spitzb.
(d) BARTOLUS, ibid. ibid.
(e) GREAVES travels. Brun-
nen voller Wasser thönen besser.
KIRCHER, phonurg p. 8. Auch
das Echo wird von Schnee ge-
schwächet KIRCHER, phonurg.
p.
11.
(f) KIRCHER lib. cit.
(f*) PLINIUS, Histor. natur.
L. XI. c.
51.
(g) STURM, T. I. pag. 654.
NOLLET p.
433.
(h) F. Tr. de LANIS, p. 429.

Das Gehoͤr. XV. Buch.
klang (y), welchen leere Gotteshaͤuſer, Kammern, die
noch mit keinem Hausgeraͤthe verſehen ſind, Felſen und
Hoͤlen, von ſich geben (z). Selbſt die Blaͤtter an den
Baͤumen klingen nach (a), ſo daß der Wiederſchall in
den Waͤldern zur Sommerzeit (b) lebhafter, als im
Winter iſt, da die Baͤume nakkt ſind. Es thoͤnt ſelbſt
das Waſſer nach, wenn es ruhig und eben ſteht; und
man kann muſikaliſche Jnſtrumenten weit und ſchoͤn ver-
nehmen (c), wenn man ſie bei ſtiller Nacht, und an
ſtillen Seen ſpielt, ſo daß man auch die Reden der Schif-
fer bis auf vier Meilen weit unterſcheiden kann (d).
Da einer von zween Freunden im Serail, der andere
zu Skutari ſtand, und mit einander ſprachen; ſo konn-
ten ſie ihre Worte uͤber dem ſtillen Meere auf zwo Mei-
len weit verſtehen (e).

Weiche Koͤrper ſcheinen dagegen den Schall zu er-
ſtikken, weil ſie ihn nicht vermehren. Ein mit Schnee
bedekktes Land (f), weicher Sand (f*), nebliche waͤſſe-
riche Luft, groſſe Wieſen, Kirchen mit Tapeten ge-
ſchmuͤkkt, oder die mit Zuhoͤrern angefuͤllt ſind (g), laſ-
ſen den Schall nicht zunehmen (h). Die in einem Kahne
mit einander ſprechen, koͤnnen kaum ihre gewechſelten
Worte verſtehen, wenn nicht Haͤuſer am Felſen vorlie-

gen,
(y) [Spaltenumbruch] Die Alten verſtaͤrkten die
Stimme, damit eine gewaltige
Menge Menſchen in den theatrali-
ſchen Amphitheatern hoͤren konnte
mit kuͤnſtlich geſtellten ledigen
Faͤſſern (oder kupfernen Gefaͤſ-
ſen) wie ſolches bezeugt PLI-
NIUS,
lib. XI. c.
51.
(z) Von denen in den Schlund
des Veſuvs geworfnen Steinen,
beſiehe den BARTOLUS, pag.
292. 293.
(a) KIRCHER, phonurg.
p.
10.
(b) PERRAULT, p. 220. ed.
belg.
(c) [Spaltenumbruch] BARTOLUS, p. 86. Fr.
Tr. de LANIS, p. 435. STURM,
T. I. p. 658. MARTENS Spitzb.
(d) BARTOLUS, ibid. ibid.
(e) GREAVES travels. Brun-
nen voller Waſſer thoͤnen beſſer.
KIRCHER, phonurg p. 8. Auch
das Echo wird von Schnee ge-
ſchwaͤchet KIRCHER, phonurg.
p.
11.
(f) KIRCHER lib. cit.
(f*) PLINIUS, Hiſtor. natur.
L. XI. c.
51.
(g) STURM, T. I. pag. 654.
NOLLET p.
433.
(h) F. Tr. de LANIS, p. 429.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0660" n="642"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Geho&#x0364;r. <hi rendition="#aq">XV.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
klang <note place="foot" n="(y)"><cb/>
Die Alten ver&#x017F;ta&#x0364;rkten die<lb/>
Stimme, damit eine gewaltige<lb/>
Menge Men&#x017F;chen in den theatrali-<lb/>
&#x017F;chen Amphitheatern ho&#x0364;ren konnte<lb/>
mit ku&#x0364;n&#x017F;tlich ge&#x017F;tellten ledigen<lb/>
Fa&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern (oder kupfernen Gefa&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en) wie &#x017F;olches bezeugt <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">PLI-<lb/>
NIUS,</hi> lib. XI. c.</hi> 51.</note>, welchen leere Gottesha&#x0364;u&#x017F;er, Kammern, die<lb/>
noch mit keinem Hausgera&#x0364;the ver&#x017F;ehen &#x017F;ind, Fel&#x017F;en und<lb/>
Ho&#x0364;len, von &#x017F;ich geben <note place="foot" n="(z)">Von denen in den Schlund<lb/>
des Ve&#x017F;uvs geworfnen Steinen,<lb/>
be&#x017F;iehe den <hi rendition="#aq">BARTOLUS, pag.</hi><lb/>
292. 293.</note>. Selb&#x017F;t die Bla&#x0364;tter an den<lb/>
Ba&#x0364;umen klingen nach <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">KIRCHER,</hi> phonurg.<lb/>
p.</hi> 10.</note>, &#x017F;o daß der Wieder&#x017F;chall in<lb/>
den Wa&#x0364;ldern zur Sommerzeit <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">PERRAULT, p. 220. ed.<lb/>
belg.</hi></note> lebhafter, als im<lb/>
Winter i&#x017F;t, da die Ba&#x0364;ume nakkt &#x017F;ind. Es tho&#x0364;nt &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er nach, wenn es ruhig und eben &#x017F;teht; und<lb/>
man kann mu&#x017F;ikali&#x017F;che Jn&#x017F;trumenten weit und &#x017F;cho&#x0364;n ver-<lb/>
nehmen <note place="foot" n="(c)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BARTOLUS,</hi> p. 86. Fr.<lb/>
Tr. de LANIS, p. 435. STURM,<lb/>
T. I. p. 658. MARTENS Spitzb.</hi></note>, wenn man &#x017F;ie bei &#x017F;tiller Nacht, und an<lb/>
&#x017F;tillen Seen &#x017F;pielt, &#x017F;o daß man auch die Reden der Schif-<lb/>
fer bis auf vier Meilen weit unter&#x017F;cheiden kann <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">BARTOLUS, ibid. ibid.</hi></note>.<lb/>
Da einer von zween Freunden im Serail, der andere<lb/>
zu Skutari &#x017F;tand, und mit einander &#x017F;prachen; &#x017F;o konn-<lb/>
ten &#x017F;ie ihre Worte u&#x0364;ber dem &#x017F;tillen Meere auf zwo Mei-<lb/>
len weit ver&#x017F;tehen <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq">GREAVES travels.</hi> Brun-<lb/>
nen voller Wa&#x017F;&#x017F;er tho&#x0364;nen be&#x017F;&#x017F;er.<lb/><hi rendition="#aq">KIRCHER, phonurg p.</hi> 8. Auch<lb/>
das Echo wird von Schnee ge-<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;chet <hi rendition="#aq">KIRCHER, phonurg.<lb/>
p.</hi> 11.</note>.</p><lb/>
            <p>Weiche Ko&#x0364;rper &#x017F;cheinen dagegen den Schall zu er-<lb/>
&#x017F;tikken, weil &#x017F;ie ihn nicht vermehren. Ein mit Schnee<lb/>
bedekktes Land <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq">KIRCHER lib. cit.</hi></note>, weicher Sand <note place="foot" n="(f*)"><hi rendition="#aq">PLINIUS, Hi&#x017F;tor. natur.<lb/>
L. XI. c.</hi> 51.</note>, nebliche wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
riche Luft, gro&#x017F;&#x017F;e Wie&#x017F;en, Kirchen mit Tapeten ge-<lb/>
&#x017F;chmu&#x0364;kkt, oder die mit Zuho&#x0364;rern angefu&#x0364;llt &#x017F;ind <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">STURM,</hi> T. I. pag. 654.<lb/>
NOLLET p.</hi> 433.</note>, la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en den Schall nicht zunehmen <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq">F. Tr. de LANIS, p.</hi> 429.</note>. Die in einem Kahne<lb/>
mit einander &#x017F;prechen, ko&#x0364;nnen kaum ihre gewech&#x017F;elten<lb/>
Worte ver&#x017F;tehen, wenn nicht Ha&#x0364;u&#x017F;er am Fel&#x017F;en vorlie-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[642/0660] Das Gehoͤr. XV. Buch. klang (y), welchen leere Gotteshaͤuſer, Kammern, die noch mit keinem Hausgeraͤthe verſehen ſind, Felſen und Hoͤlen, von ſich geben (z). Selbſt die Blaͤtter an den Baͤumen klingen nach (a), ſo daß der Wiederſchall in den Waͤldern zur Sommerzeit (b) lebhafter, als im Winter iſt, da die Baͤume nakkt ſind. Es thoͤnt ſelbſt das Waſſer nach, wenn es ruhig und eben ſteht; und man kann muſikaliſche Jnſtrumenten weit und ſchoͤn ver- nehmen (c), wenn man ſie bei ſtiller Nacht, und an ſtillen Seen ſpielt, ſo daß man auch die Reden der Schif- fer bis auf vier Meilen weit unterſcheiden kann (d). Da einer von zween Freunden im Serail, der andere zu Skutari ſtand, und mit einander ſprachen; ſo konn- ten ſie ihre Worte uͤber dem ſtillen Meere auf zwo Mei- len weit verſtehen (e). Weiche Koͤrper ſcheinen dagegen den Schall zu er- ſtikken, weil ſie ihn nicht vermehren. Ein mit Schnee bedekktes Land (f), weicher Sand (f*), nebliche waͤſſe- riche Luft, groſſe Wieſen, Kirchen mit Tapeten ge- ſchmuͤkkt, oder die mit Zuhoͤrern angefuͤllt ſind (g), laſ- ſen den Schall nicht zunehmen (h). Die in einem Kahne mit einander ſprechen, koͤnnen kaum ihre gewechſelten Worte verſtehen, wenn nicht Haͤuſer am Felſen vorlie- gen, (y) Die Alten verſtaͤrkten die Stimme, damit eine gewaltige Menge Menſchen in den theatrali- ſchen Amphitheatern hoͤren konnte mit kuͤnſtlich geſtellten ledigen Faͤſſern (oder kupfernen Gefaͤſ- ſen) wie ſolches bezeugt PLI- NIUS, lib. XI. c. 51. (z) Von denen in den Schlund des Veſuvs geworfnen Steinen, beſiehe den BARTOLUS, pag. 292. 293. (a) KIRCHER, phonurg. p. 10. (b) PERRAULT, p. 220. ed. belg. (c) BARTOLUS, p. 86. Fr. Tr. de LANIS, p. 435. STURM, T. I. p. 658. MARTENS Spitzb. (d) BARTOLUS, ibid. ibid. (e) GREAVES travels. Brun- nen voller Waſſer thoͤnen beſſer. KIRCHER, phonurg p. 8. Auch das Echo wird von Schnee ge- ſchwaͤchet KIRCHER, phonurg. p. 11. (f) KIRCHER lib. cit. (f*) PLINIUS, Hiſtor. natur. L. XI. c. 51. (g) STURM, T. I. pag. 654. NOLLET p. 433. (h) F. Tr. de LANIS, p. 429.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/660
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/660>, abgerufen am 22.11.2024.