Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Abschnitt. Werkzeug.
Raume gehört werden (x), dergleichen auch in der Luft
wiederfährt, welche man nicht mit aller Genauigkeit
herausgepumpt hat. Daher ist es gekommen, daß be-
rühmte Männer nicht zugeben wollen, daß der Schall
im luftleeren Raume erstikke (y).

Giebt man der Glokke ihre Luft wieder, so giebt sich
der Schall wieder zu vernehmen (z), und er nimmt mit
der Menge Luft wieder zu (a). Wenn auch eine Glok-
ke in einem, mit Luft erfüllten Raume klingt, um diesen
Raum aber ein anderer luftleerer Raum angebracht
wird, so erstikkt der Schall in diesem luftleeren Raume
eben so wohl, und er kann nicht zu unserem Ohr ge-
langen (b).

Folglich ist es offenbar, daß der Aether den Schall
fortzupflanzen ungeschickt ist, und ich kann nicht absehen,
was der berühmte le Gat (c) für eine von der gemeinen
Luft unterschiedene Luft verstanden haben will, wodurch
sich der Schall fortpflanzen soll.

Es könnte auch ohne einen festen Körper ein Schall
in der Luft entstehen, wofern ein flüßiger Körper inwen-
dig Feuer sängt, und aus einander fährt, wie im Don-
nerwetter in der Luft feurige Kugeln zerplazzen. End-

lich
(x) [Spaltenumbruch] DESAGULIERS, l. c.
NOLLET, l. c. MUSSCHEN-
BROECK, ibid. s' GRAVE-
ZANDE.
(y) DU HAMEL, de Corp.
adfect. pag.
220. 221. trägt die
Gründe derer vor, die es leug-
nen. FLORENTINI, & MER-
SENNUS, harmon. fol. 1. n.
1.
(z) BOYLE, nov. phys. Me-
chan. exper. n. 41. s' GRAVE-
ZANDE.
(a) HELSHAM, l. c.
(b) [Spaltenumbruch] HAWKSBEE, phil. trans.
n.
321.
(c) p. 261. Er fügt die Ursa-
che bei, daß der Glokkenklang
ein Feuer nicht auslöscht, son-
dern das Wehen mit dem Hute.
Doch es macht auch der Schall
keinen Wind. Ueberhaupt ist die
zittrende Bewegung der Luftthei-
le, die in ihren kleinsten Theil-
chen Bebungen leiden, von dem
Strome ganzer Luftmassen, oder
einem Winde unterschieden. CO-
TES, p.
309.
R r 4

II. Abſchnitt. Werkzeug.
Raume gehoͤrt werden (x), dergleichen auch in der Luft
wiederfaͤhrt, welche man nicht mit aller Genauigkeit
herausgepumpt hat. Daher iſt es gekommen, daß be-
ruͤhmte Maͤnner nicht zugeben wollen, daß der Schall
im luftleeren Raume erſtikke (y).

Giebt man der Glokke ihre Luft wieder, ſo giebt ſich
der Schall wieder zu vernehmen (z), und er nimmt mit
der Menge Luft wieder zu (a). Wenn auch eine Glok-
ke in einem, mit Luft erfuͤllten Raume klingt, um dieſen
Raum aber ein anderer luftleerer Raum angebracht
wird, ſo erſtikkt der Schall in dieſem luftleeren Raume
eben ſo wohl, und er kann nicht zu unſerem Ohr ge-
langen (b).

Folglich iſt es offenbar, daß der Aether den Schall
fortzupflanzen ungeſchickt iſt, und ich kann nicht abſehen,
was der beruͤhmte le Gat (c) fuͤr eine von der gemeinen
Luft unterſchiedene Luft verſtanden haben will, wodurch
ſich der Schall fortpflanzen ſoll.

Es koͤnnte auch ohne einen feſten Koͤrper ein Schall
in der Luft entſtehen, wofern ein fluͤßiger Koͤrper inwen-
dig Feuer ſaͤngt, und aus einander faͤhrt, wie im Don-
nerwetter in der Luft feurige Kugeln zerplazzen. End-

lich
(x) [Spaltenumbruch] DESAGULIERS, l. c.
NOLLET, l. c. MUSSCHEN-
BROECK, ibid. s’ GRAVE-
ZANDE.
(y) DU HAMEL, de Corp.
adfect. pag.
220. 221. traͤgt die
Gruͤnde derer vor, die es leug-
nen. FLORENTINI, & MER-
SENNUS, harmon. fol. 1. n.
1.
(z) BOYLE, nov. phyſ. Me-
chan. exper. n. 41. s’ GRAVE-
ZANDE.
(a) HELSHAM, l. c.
(b) [Spaltenumbruch] HAWKSBEE, phil. tranſ.
n.
321.
(c) p. 261. Er fuͤgt die Urſa-
che bei, daß der Glokkenklang
ein Feuer nicht ausloͤſcht, ſon-
dern das Wehen mit dem Hute.
Doch es macht auch der Schall
keinen Wind. Ueberhaupt iſt die
zittrende Bewegung der Luftthei-
le, die in ihren kleinſten Theil-
chen Bebungen leiden, von dem
Strome ganzer Luftmaſſen, oder
einem Winde unterſchieden. CO-
TES, p.
309.
R r 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0649" n="631"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Werkzeug.</hi></fw><lb/>
Raume geho&#x0364;rt werden <note place="foot" n="(x)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">DESAGULIERS,</hi> l. c.<lb/>
NOLLET, l. c. MUSSCHEN-<lb/>
BROECK, ibid. s&#x2019; <hi rendition="#g">GRAVE-<lb/>
ZANDE.</hi></hi></note>, dergleichen auch in der Luft<lb/>
wiederfa&#x0364;hrt, welche man nicht mit aller Genauigkeit<lb/>
herausgepumpt hat. Daher i&#x017F;t es gekommen, daß be-<lb/>
ru&#x0364;hmte Ma&#x0364;nner nicht zugeben wollen, daß der Schall<lb/>
im luftleeren Raume er&#x017F;tikke <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">DU HAMEL,</hi> de Corp.<lb/>
adfect. pag.</hi> 220. 221. tra&#x0364;gt die<lb/>
Gru&#x0364;nde derer vor, die es leug-<lb/>
nen. <hi rendition="#aq">FLORENTINI, &amp; MER-<lb/>
SENNUS, harmon. fol. 1. n.</hi> 1.</note>.</p><lb/>
            <p>Giebt man der Glokke ihre Luft wieder, &#x017F;o giebt &#x017F;ich<lb/>
der Schall wieder zu vernehmen <note place="foot" n="(z)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BOYLE,</hi> nov. phy&#x017F;. Me-<lb/>
chan. exper. n. 41. s&#x2019; GRAVE-<lb/>
ZANDE.</hi></note>, und er nimmt mit<lb/>
der Menge Luft wieder zu <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">HELSHAM, l. c.</hi></note>. Wenn auch eine Glok-<lb/>
ke in einem, mit Luft erfu&#x0364;llten Raume klingt, um die&#x017F;en<lb/>
Raum aber ein anderer luftleerer Raum angebracht<lb/>
wird, &#x017F;o er&#x017F;tikkt der Schall in die&#x017F;em luftleeren Raume<lb/>
eben &#x017F;o wohl, und er kann nicht zu un&#x017F;erem Ohr ge-<lb/>
langen <note place="foot" n="(b)"><cb/><hi rendition="#aq">HAWKSBEE, phil. tran&#x017F;.<lb/>
n.</hi> 321.</note>.</p><lb/>
            <p>Folglich i&#x017F;t es offenbar, daß der Aether den Schall<lb/>
fortzupflanzen unge&#x017F;chickt i&#x017F;t, und ich kann nicht ab&#x017F;ehen,<lb/>
was der beru&#x0364;hmte <hi rendition="#fr">le Gat</hi> <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 261. Er fu&#x0364;gt die Ur&#x017F;a-<lb/>
che bei, daß der Glokkenklang<lb/>
ein Feuer nicht auslo&#x0364;&#x017F;cht, &#x017F;on-<lb/>
dern das Wehen mit dem Hute.<lb/>
Doch es macht auch der Schall<lb/>
keinen Wind. Ueberhaupt i&#x017F;t die<lb/>
zittrende Bewegung der Luftthei-<lb/>
le, die in ihren klein&#x017F;ten Theil-<lb/>
chen Bebungen leiden, von dem<lb/>
Strome ganzer Luftma&#x017F;&#x017F;en, oder<lb/>
einem Winde unter&#x017F;chieden. <hi rendition="#aq">CO-<lb/>
TES, p.</hi> 309.</note> fu&#x0364;r eine von der gemeinen<lb/>
Luft unter&#x017F;chiedene Luft ver&#x017F;tanden haben will, wodurch<lb/>
&#x017F;ich der Schall fortpflanzen &#x017F;oll.</p><lb/>
            <p>Es ko&#x0364;nnte auch ohne einen fe&#x017F;ten Ko&#x0364;rper ein Schall<lb/>
in der Luft ent&#x017F;tehen, wofern ein flu&#x0364;ßiger Ko&#x0364;rper inwen-<lb/>
dig Feuer &#x017F;a&#x0364;ngt, und aus einander fa&#x0364;hrt, wie im Don-<lb/>
nerwetter in der Luft feurige Kugeln zerplazzen. End-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R r 4</fw><fw place="bottom" type="catch">lich</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[631/0649] II. Abſchnitt. Werkzeug. Raume gehoͤrt werden (x), dergleichen auch in der Luft wiederfaͤhrt, welche man nicht mit aller Genauigkeit herausgepumpt hat. Daher iſt es gekommen, daß be- ruͤhmte Maͤnner nicht zugeben wollen, daß der Schall im luftleeren Raume erſtikke (y). Giebt man der Glokke ihre Luft wieder, ſo giebt ſich der Schall wieder zu vernehmen (z), und er nimmt mit der Menge Luft wieder zu (a). Wenn auch eine Glok- ke in einem, mit Luft erfuͤllten Raume klingt, um dieſen Raum aber ein anderer luftleerer Raum angebracht wird, ſo erſtikkt der Schall in dieſem luftleeren Raume eben ſo wohl, und er kann nicht zu unſerem Ohr ge- langen (b). Folglich iſt es offenbar, daß der Aether den Schall fortzupflanzen ungeſchickt iſt, und ich kann nicht abſehen, was der beruͤhmte le Gat (c) fuͤr eine von der gemeinen Luft unterſchiedene Luft verſtanden haben will, wodurch ſich der Schall fortpflanzen ſoll. Es koͤnnte auch ohne einen feſten Koͤrper ein Schall in der Luft entſtehen, wofern ein fluͤßiger Koͤrper inwen- dig Feuer ſaͤngt, und aus einander faͤhrt, wie im Don- nerwetter in der Luft feurige Kugeln zerplazzen. End- lich (x) DESAGULIERS, l. c. NOLLET, l. c. MUSSCHEN- BROECK, ibid. s’ GRAVE- ZANDE. (y) DU HAMEL, de Corp. adfect. pag. 220. 221. traͤgt die Gruͤnde derer vor, die es leug- nen. FLORENTINI, & MER- SENNUS, harmon. fol. 1. n. 1. (z) BOYLE, nov. phyſ. Me- chan. exper. n. 41. s’ GRAVE- ZANDE. (a) HELSHAM, l. c. (b) HAWKSBEE, phil. tranſ. n. 321. (c) p. 261. Er fuͤgt die Urſa- che bei, daß der Glokkenklang ein Feuer nicht ausloͤſcht, ſon- dern das Wehen mit dem Hute. Doch es macht auch der Schall keinen Wind. Ueberhaupt iſt die zittrende Bewegung der Luftthei- le, die in ihren kleinſten Theil- chen Bebungen leiden, von dem Strome ganzer Luftmaſſen, oder einem Winde unterſchieden. CO- TES, p. 309. R r 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/649
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 631. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/649>, abgerufen am 25.11.2024.