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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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II. Abschnitt. Werkzeug.

Wenigstens ist es bekannt, daß es ein höchst zartes
Element sei, oder daß die Theilchen, welche in einem rie-
chenden Körper, in einem fast unendlich kleinen Raume
eingepakkt sind, einem sehr grossen Plazz in der Luft ein-
nehmen, wenn solche sich felbst überlassen werden. Wir
haben hievon viele Erfahrungen. Zwei Gran aufgelö-
sten Kamphers, erfüllen ein ganz Gemach mit ihrem Ge-
ruche, daß jeder Theil der Luft damit angefüllet ist. Man
hat hieraus gefolgert, daß unsre Nasentheilchen, die nicht
grösser, als eines Grans sind, empfin-
den könne (a). Der genannte graue Ambra dünstet weit
und breit einen sehr angenehmen Geruch aus, und den-
noch verlor derselbe ganzer drei Tage lang nicht das min-
deste von seinem Gewichte, und Teufelsdrekk nur sehr
wenig in langer Zeit (b). Jch erinnere mich, daß ein
einziger Gran Ambra eine grosse Menge Papier (c) mit
seinem Geruche durchdrungen, welchen er ganzer vierzig
Jahre lang noch an sich behalten. Nun erwäge man,
daß es vierzig Disputationen gewesen, denn dergleichen
waren es, die mir ehedem Johann Salzmann zum Ge-
schenke machte. Jede bestand aus vierzig Seiten, und
wenn man einem halben Fus vor jede nimmt, so macht
es 8000 Fus aus, welche von dem Ambrageruche durch-
drungen waren, Dieser dünstete nunmehr 14600 Tage
lang in die Atmosphär aus, wenigstens auf eine Dikke
z. E. eines Fusses, und alle diese Dämpfe verflogen bei
ihrer so grossen Flüchtigkeit, alle Tage gröstentheils wie-
der. Man sezze, es sei der hunderste Theil davon übrig
geblieben, so wird man, nach gemachter Rechnung fin-
den, daß folglich ein Zoll Papier von dem
Theile eines Grans Ambra den Geruch angenommen.

Noch viel feiner ist die körperliche Ausdünstung, wel-
che ein Hund ausspürt. Jener treue Hund, welcher aus

dem
(a) [Spaltenumbruch] GRAVEL de aeolipila pag.
27.
(b) BOYLE p. 90.
(c) [Spaltenumbruch] Von Handschuen, die mit
Ambra patfumirt worden, BOYLE
p.
107.
II. Abſchnitt. Werkzeug.

Wenigſtens iſt es bekannt, daß es ein hoͤchſt zartes
Element ſei, oder daß die Theilchen, welche in einem rie-
chenden Koͤrper, in einem faſt unendlich kleinen Raume
eingepakkt ſind, einem ſehr groſſen Plazz in der Luft ein-
nehmen, wenn ſolche ſich felbſt uͤberlaſſen werden. Wir
haben hievon viele Erfahrungen. Zwei Gran aufgeloͤ-
ſten Kamphers, erfuͤllen ein ganz Gemach mit ihrem Ge-
ruche, daß jeder Theil der Luft damit angefuͤllet iſt. Man
hat hieraus gefolgert, daß unſre Naſentheilchen, die nicht
groͤſſer, als eines Grans ſind, empfin-
den koͤnne (a). Der genannte graue Ambra duͤnſtet weit
und breit einen ſehr angenehmen Geruch aus, und den-
noch verlor derſelbe ganzer drei Tage lang nicht das min-
deſte von ſeinem Gewichte, und Teufelsdrekk nur ſehr
wenig in langer Zeit (b). Jch erinnere mich, daß ein
einziger Gran Ambra eine groſſe Menge Papier (c) mit
ſeinem Geruche durchdrungen, welchen er ganzer vierzig
Jahre lang noch an ſich behalten. Nun erwaͤge man,
daß es vierzig Diſputationen geweſen, denn dergleichen
waren es, die mir ehedem Johann Salzmann zum Ge-
ſchenke machte. Jede beſtand aus vierzig Seiten, und
wenn man einem halben Fus vor jede nimmt, ſo macht
es 8000 Fus aus, welche von dem Ambrageruche durch-
drungen waren, Dieſer duͤnſtete nunmehr 14600 Tage
lang in die Atmoſphaͤr aus, wenigſtens auf eine Dikke
z. E. eines Fuſſes, und alle dieſe Daͤmpfe verflogen bei
ihrer ſo groſſen Fluͤchtigkeit, alle Tage groͤſtentheils wie-
der. Man ſezze, es ſei der hunderſte Theil davon uͤbrig
geblieben, ſo wird man, nach gemachter Rechnung fin-
den, daß folglich ein Zoll Papier von dem
Theile eines Grans Ambra den Geruch angenommen.

Noch viel feiner iſt die koͤrperliche Ausduͤnſtung, wel-
che ein Hund ausſpuͤrt. Jener treue Hund, welcher aus

dem
(a) [Spaltenumbruch] GRAVEL de aeolipila pag.
27.
(b) BOYLE p. 90.
(c) [Spaltenumbruch] Von Handſchuen, die mit
Ambra patfumirt worden, BOYLE
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107.
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[477/0495] II. Abſchnitt. Werkzeug. Wenigſtens iſt es bekannt, daß es ein hoͤchſt zartes Element ſei, oder daß die Theilchen, welche in einem rie- chenden Koͤrper, in einem faſt unendlich kleinen Raume eingepakkt ſind, einem ſehr groſſen Plazz in der Luft ein- nehmen, wenn ſolche ſich felbſt uͤberlaſſen werden. Wir haben hievon viele Erfahrungen. Zwei Gran aufgeloͤ- ſten Kamphers, erfuͤllen ein ganz Gemach mit ihrem Ge- ruche, daß jeder Theil der Luft damit angefuͤllet iſt. Man hat hieraus gefolgert, daß unſre Naſentheilchen, die nicht groͤſſer, als [FORMEL] eines Grans ſind, empfin- den koͤnne (a). Der genannte graue Ambra duͤnſtet weit und breit einen ſehr angenehmen Geruch aus, und den- noch verlor derſelbe ganzer drei Tage lang nicht das min- deſte von ſeinem Gewichte, und Teufelsdrekk nur ſehr wenig in langer Zeit (b). Jch erinnere mich, daß ein einziger Gran Ambra eine groſſe Menge Papier (c) mit ſeinem Geruche durchdrungen, welchen er ganzer vierzig Jahre lang noch an ſich behalten. Nun erwaͤge man, daß es vierzig Diſputationen geweſen, denn dergleichen waren es, die mir ehedem Johann Salzmann zum Ge- ſchenke machte. Jede beſtand aus vierzig Seiten, und wenn man einem halben Fus vor jede nimmt, ſo macht es 8000 Fus aus, welche von dem Ambrageruche durch- drungen waren, Dieſer duͤnſtete nunmehr 14600 Tage lang in die Atmoſphaͤr aus, wenigſtens auf eine Dikke z. E. eines Fuſſes, und alle dieſe Daͤmpfe verflogen bei ihrer ſo groſſen Fluͤchtigkeit, alle Tage groͤſtentheils wie- der. Man ſezze, es ſei der hunderſte Theil davon uͤbrig geblieben, ſo wird man, nach gemachter Rechnung fin- den, daß folglich ein Zoll Papier von dem [FORMEL] Theile eines Grans Ambra den Geruch angenommen. Noch viel feiner iſt die koͤrperliche Ausduͤnſtung, wel- che ein Hund ausſpuͤrt. Jener treue Hund, welcher aus dem (a) GRAVEL de aeolipila pag. 27. (b) BOYLE p. 90. (c) Von Handſchuen, die mit Ambra patfumirt worden, BOYLE p. 107.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/495>, abgerufen am 23.11.2024.