Nezzhäutchens im Auge. Es ist aber weit gefehlt, daß die Kraft, welche empfindet, und die, von der die Lebensbe- wegungen erwekkt werden, einerlei sei, und daß demohn- geachtet doch diese Lebenskraft in dem Orte und dem Quelle der Empfindungskraft aufhören sollte. Es hat dagegen das Herz, welches doch vor allen andern Theilen des Körpers zu Bewegungen am geschikktsten ist, überhaupt eine so stumfe Empfindung (l), daß es Gegner gibt, welche ihm die Empfindung absprechen (m).
Es erstrekkt sich aber auch die zusammenziehende Kraft viel weiter, als die Gewalt der Nerven. Es besizzen die Polipen (n), und was sich unter den Wasserinsekkten un- förmliches, und des Kopfes und der Nerven beraubtes finden läst, dennoch eine sehr scharfe Verkürzungskraft, und die ihnen demohngeachtet doch einen Kopf, oder der- gleichen was zugestehen (o), nehmen sich in der Naturhi- storie in der That zu viel Freiheit (p), indem sie so was behaupten, welches doch wieder allen Augenschein streitet. Endlich so trift man sogar in Pflanzen etwas an, welches einer reizbaren Kraft nicht so gar unänlich ist (q).
Wenn man an einem lebenden Thiere (r) um den Nerven eine Schnur wirft, so hebt diese die Kraft zu em- finden auf, sie hebt aber, unsern vielfachen Versuchen gemäs, durchaus nicht die von selbst wirksame, oder durch Reizze wieder zu erwekkende Zusammenziehungskraft auf, ob sich gleich an einem Muskel, der viele Stunden lang einen Nerven im Bande feste hält, die Zusammenzie- hungskraft vermindert (s).
Eben
(l)[Spaltenumbruch]prem. mem. pag. 46. Elem. phys. L. IV. p. 489. LORRY Journ. de med. 1756. pag. 405. CARRERE. de federe anim. et corp. p. 29.
(m)de HAEN. in diffic.
(n)Phil. trans. n. 469. TREM- BLEY. p. 27.
(o)FONTANA p. 208. 209.
(p)WHYTT Essays p. 164. [Spaltenumbruch]LAGHIUS. p. 464. bei dem CALDAN.
(q)v. GEUNS p. 28. LUPS. pag. 24. TISSOT. Epist. ad ZIMMERMANNUM p. 59.
(r)prem. mem. p. 48. Exp. 243. 245. 246. 247. 248. de BRUNN. p. 18. 19. 20.
(s)duBOIS. de fluido ner- veo. JAUSSERAND. p. 13.
Daß
II. Abſchnitt. Erſcheinungen.
Nezzhaͤutchens im Auge. Es iſt aber weit gefehlt, daß die Kraft, welche empfindet, und die, von der die Lebensbe- wegungen erwekkt werden, einerlei ſei, und daß demohn- geachtet doch dieſe Lebenskraft in dem Orte und dem Quelle der Empfindungskraft aufhoͤren ſollte. Es hat dagegen das Herz, welches doch vor allen andern Theilen des Koͤrpers zu Bewegungen am geſchikktſten iſt, uͤberhaupt eine ſo ſtumfe Empfindung (l), daß es Gegner gibt, welche ihm die Empfindung abſprechen (m).
Es erſtrekkt ſich aber auch die zuſammenziehende Kraft viel weiter, als die Gewalt der Nerven. Es beſizzen die Polipen (n), und was ſich unter den Waſſerinſekkten un- foͤrmliches, und des Kopfes und der Nerven beraubtes finden laͤſt, dennoch eine ſehr ſcharfe Verkuͤrzungskraft, und die ihnen demohngeachtet doch einen Kopf, oder der- gleichen was zugeſtehen (o), nehmen ſich in der Naturhi- ſtorie in der That zu viel Freiheit (p), indem ſie ſo was behaupten, welches doch wieder allen Augenſchein ſtreitet. Endlich ſo trift man ſogar in Pflanzen etwas an, welches einer reizbaren Kraft nicht ſo gar unaͤnlich iſt (q).
Wenn man an einem lebenden Thiere (r) um den Nerven eine Schnur wirft, ſo hebt dieſe die Kraft zu em- finden auf, ſie hebt aber, unſern vielfachen Verſuchen gemaͤs, durchaus nicht die von ſelbſt wirkſame, oder durch Reizze wieder zu erwekkende Zuſammenziehungskraft auf, ob ſich gleich an einem Muſkel, der viele Stunden lang einen Nerven im Bande feſte haͤlt, die Zuſammenzie- hungskraft vermindert (s).
Eben
(l)[Spaltenumbruch]prem. mem. pag. 46. Elem. phyſ. L. IV. p. 489. LORRY Journ. de med. 1756. pag. 405. CARRERE. de federe anim. et corp. p. 29.
(m)de HAEN. in diffic.
(n)Phil. tranſ. n. 469. TREM- BLEY. p. 27.
(o)FONTANA p. 208. 209.
(p)WHYTT Eſſays p. 164. [Spaltenumbruch]LAGHIUS. p. 464. bei dem CALDAN.
(q)v. GEUNS p. 28. LUPS. pag. 24. TISSOT. Epiſt. ad ZIMMERMANNUM p. 59.
(r)prem. mem. p. 48. Exp. 243. 245. 246. 247. 248. de BRUNN. p. 18. 19. 20.
(s)duBOIS. de fluido ner- veo. JAUSSERAND. p. 13.
Daß
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0047"n="29"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Abſchnitt. Erſcheinungen.</hi></fw><lb/>
Nezzhaͤutchens im Auge. Es iſt aber weit gefehlt, daß<lb/>
die Kraft, welche empfindet, und die, von der die Lebensbe-<lb/>
wegungen erwekkt werden, einerlei ſei, und daß demohn-<lb/>
geachtet doch dieſe Lebenskraft in dem Orte und dem Quelle<lb/>
der Empfindungskraft aufhoͤren ſollte. Es hat dagegen das<lb/>
Herz, welches doch vor allen andern Theilen des Koͤrpers<lb/>
zu Bewegungen am geſchikktſten iſt, uͤberhaupt eine ſo<lb/>ſtumfe Empfindung <noteplace="foot"n="(l)"><cb/><hirendition="#aq">prem. mem. pag. 46. Elem.<lb/>
phyſ. L. IV. p. 489. <hirendition="#g">LORRY</hi><lb/>
Journ. de med. 1756. pag. 405.<lb/><hirendition="#g">CARRERE.</hi> de federe anim. et<lb/>
corp. p.</hi> 29.</note>, daß es Gegner gibt, welche ihm<lb/>
die Empfindung abſprechen <noteplace="foot"n="(m)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g"><hirendition="#k">de</hi> HAEN.</hi> in diffic.</hi></note>.</p><lb/><p>Es erſtrekkt ſich aber auch die zuſammenziehende Kraft<lb/>
viel weiter, als die Gewalt der Nerven. Es beſizzen die<lb/>
Polipen <noteplace="foot"n="(n)"><hirendition="#aq">Phil. tranſ. n. 469. TREM-<lb/>
BLEY. p.</hi> 27.</note>, und was ſich unter den Waſſerinſekkten un-<lb/>
foͤrmliches, und des Kopfes und der Nerven beraubtes<lb/>
finden laͤſt, dennoch eine ſehr ſcharfe Verkuͤrzungskraft,<lb/>
und die ihnen demohngeachtet doch einen Kopf, oder der-<lb/>
gleichen was zugeſtehen <noteplace="foot"n="(o)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">FONTANA</hi> p.</hi> 208. 209.</note>, nehmen ſich in der Naturhi-<lb/>ſtorie in der That zu viel Freiheit <noteplace="foot"n="(p)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">WHYTT</hi> Eſſays p.</hi> 164.<lb/><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">LAGHIUS.</hi> p.</hi> 464. bei dem<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">CALDAN.</hi></hi></note>, indem ſie ſo was<lb/>
behaupten, welches doch wieder allen Augenſchein ſtreitet.<lb/>
Endlich ſo trift man ſogar in Pflanzen etwas an, welches<lb/>
einer reizbaren Kraft nicht ſo gar unaͤnlich iſt <noteplace="foot"n="(q)"><hirendition="#aq">v. GEUNS p. 28. LUPS.<lb/>
pag. 24. <hirendition="#g">TISSOT.</hi> Epiſt. ad<lb/><hirendition="#g">ZIMMERMANNUM</hi> p.</hi> 59.</note>.</p><lb/><p>Wenn man an einem lebenden Thiere <noteplace="foot"n="(r)"><hirendition="#aq">prem. mem. p. 48. Exp.<lb/>
243. 245. 246. 247. 248. <hirendition="#k">de</hi><lb/><hirendition="#g">BRUNN.</hi> p.</hi> 18. 19. 20.</note> um den<lb/>
Nerven eine Schnur wirft, ſo hebt dieſe die Kraft zu em-<lb/>
finden auf, ſie hebt aber, unſern vielfachen Verſuchen<lb/>
gemaͤs, durchaus nicht die von ſelbſt wirkſame, oder durch<lb/>
Reizze wieder zu erwekkende Zuſammenziehungskraft auf,<lb/>
ob ſich gleich an einem Muſkel, der viele Stunden lang<lb/>
einen Nerven im Bande feſte haͤlt, die Zuſammenzie-<lb/>
hungskraft vermindert <notexml:id="f09"next="#f10"place="foot"n="(s)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">du</hi><hirendition="#g">BOIS.</hi> de fluido ner-<lb/>
veo. <hirendition="#g">JAUSSERAND.</hi> p.</hi> 13.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Daß</fw></note>.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Eben</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[29/0047]
II. Abſchnitt. Erſcheinungen.
Nezzhaͤutchens im Auge. Es iſt aber weit gefehlt, daß
die Kraft, welche empfindet, und die, von der die Lebensbe-
wegungen erwekkt werden, einerlei ſei, und daß demohn-
geachtet doch dieſe Lebenskraft in dem Orte und dem Quelle
der Empfindungskraft aufhoͤren ſollte. Es hat dagegen das
Herz, welches doch vor allen andern Theilen des Koͤrpers
zu Bewegungen am geſchikktſten iſt, uͤberhaupt eine ſo
ſtumfe Empfindung (l), daß es Gegner gibt, welche ihm
die Empfindung abſprechen (m).
Es erſtrekkt ſich aber auch die zuſammenziehende Kraft
viel weiter, als die Gewalt der Nerven. Es beſizzen die
Polipen (n), und was ſich unter den Waſſerinſekkten un-
foͤrmliches, und des Kopfes und der Nerven beraubtes
finden laͤſt, dennoch eine ſehr ſcharfe Verkuͤrzungskraft,
und die ihnen demohngeachtet doch einen Kopf, oder der-
gleichen was zugeſtehen (o), nehmen ſich in der Naturhi-
ſtorie in der That zu viel Freiheit (p), indem ſie ſo was
behaupten, welches doch wieder allen Augenſchein ſtreitet.
Endlich ſo trift man ſogar in Pflanzen etwas an, welches
einer reizbaren Kraft nicht ſo gar unaͤnlich iſt (q).
Wenn man an einem lebenden Thiere (r) um den
Nerven eine Schnur wirft, ſo hebt dieſe die Kraft zu em-
finden auf, ſie hebt aber, unſern vielfachen Verſuchen
gemaͤs, durchaus nicht die von ſelbſt wirkſame, oder durch
Reizze wieder zu erwekkende Zuſammenziehungskraft auf,
ob ſich gleich an einem Muſkel, der viele Stunden lang
einen Nerven im Bande feſte haͤlt, die Zuſammenzie-
hungskraft vermindert (s).
Eben
(l)
prem. mem. pag. 46. Elem.
phyſ. L. IV. p. 489. LORRY
Journ. de med. 1756. pag. 405.
CARRERE. de federe anim. et
corp. p. 29.
(m) de HAEN. in diffic.
(n) Phil. tranſ. n. 469. TREM-
BLEY. p. 27.
(o) FONTANA p. 208. 209.
(p) WHYTT Eſſays p. 164.
LAGHIUS. p. 464. bei dem
CALDAN.
(q) v. GEUNS p. 28. LUPS.
pag. 24. TISSOT. Epiſt. ad
ZIMMERMANNUM p. 59.
(r) prem. mem. p. 48. Exp.
243. 245. 246. 247. 248. de
BRUNN. p. 18. 19. 20.
(s) du BOIS. de fluido ner-
veo. JAUSSERAND. p. 13.
Daß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/47>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.