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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Das Fühlen XII. Buch.
der Eichel an der Mannsruthe wenig, wenig den Lefzen,
die zum Küssen gegeben sind, wo sie dünne ist; sie raubt
ihr aber viel beim untern Anfange des grossen Zees, an der
Haut unter der Ferse, worauf sich der Körper stüzzen
mus. Beides ist kein Werk der Notwendigkeit, sondern
eine deutliche Anlage von der göttlichen Vorsehung; denn
es hat nicht nur das Kind bereits eine zarte Oberhaut, ob
es gleich von der männlichen Ruthe noch keinen Gebrauch
macht, sondern man findet auch an der Fussole der Frucht
eine harte Oberhaut, ob sie sich gleich noch nicht auf die
Fersen aufstämmt.

Der Malpighische Schleim, der ein Oel nebst den
Haaren ausschwizt, und die unter der Oberhaut zutre-
tende Dunstmaterie, erhalten diese Wärzchen zart und
weich.

Ueberhaupt erwärmen die Haare, und sie sind die
ersten Kleider der Thiere: daher kann man sie am Men-
schen, wenn der Kopf von zu grosser Hizze eingenommen
ist, mit Nuzzen verschneiden. Jm Wahnwize bescheert
Aretäus (y), und andre in Kopfschmerzen die Köpfe
der Kranken mit gutem Erfolge (z).

Nach der Meinung des berümten Ludwigs (z*)
befördern eben diese Haare die Ausdämpfung des Oels,
indem sie das Loch frei erhalten, durch welches dieses Oel
ausdünstet, und indem sie das Fadengewebe um die Haar-
zwiebel anschliessen helfen.



An-
(y) [Spaltenumbruch] Curat. acut.
(z) HELWIG obs. 73. p. 150.
(z*) [Spaltenumbruch] Hum. cut. inung. p. 28.

Das Fuͤhlen XII. Buch.
der Eichel an der Mannsruthe wenig, wenig den Lefzen,
die zum Kuͤſſen gegeben ſind, wo ſie duͤnne iſt; ſie raubt
ihr aber viel beim untern Anfange des groſſen Zees, an der
Haut unter der Ferſe, worauf ſich der Koͤrper ſtuͤzzen
mus. Beides iſt kein Werk der Notwendigkeit, ſondern
eine deutliche Anlage von der goͤttlichen Vorſehung; denn
es hat nicht nur das Kind bereits eine zarte Oberhaut, ob
es gleich von der maͤnnlichen Ruthe noch keinen Gebrauch
macht, ſondern man findet auch an der Fusſole der Frucht
eine harte Oberhaut, ob ſie ſich gleich noch nicht auf die
Ferſen aufſtaͤmmt.

Der Malpighiſche Schleim, der ein Oel nebſt den
Haaren ausſchwizt, und die unter der Oberhaut zutre-
tende Dunſtmaterie, erhalten dieſe Waͤrzchen zart und
weich.

Ueberhaupt erwaͤrmen die Haare, und ſie ſind die
erſten Kleider der Thiere: daher kann man ſie am Men-
ſchen, wenn der Kopf von zu groſſer Hizze eingenommen
iſt, mit Nuzzen verſchneiden. Jm Wahnwize beſcheert
Aretaͤus (y), und andre in Kopfſchmerzen die Koͤpfe
der Kranken mit gutem Erfolge (z).

Nach der Meinung des beruͤmten Ludwigs (z*)
befoͤrdern eben dieſe Haare die Ausdaͤmpfung des Oels,
indem ſie das Loch frei erhalten, durch welches dieſes Oel
ausduͤnſtet, und indem ſie das Fadengewebe um die Haar-
zwiebel anſchlieſſen helfen.



An-
(y) [Spaltenumbruch] Curat. acut.
(z) HELWIG obſ. 73. p. 150.
(z*) [Spaltenumbruch] Hum. cut. inung. p. 28.
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[384/0402] Das Fuͤhlen XII. Buch. der Eichel an der Mannsruthe wenig, wenig den Lefzen, die zum Kuͤſſen gegeben ſind, wo ſie duͤnne iſt; ſie raubt ihr aber viel beim untern Anfange des groſſen Zees, an der Haut unter der Ferſe, worauf ſich der Koͤrper ſtuͤzzen mus. Beides iſt kein Werk der Notwendigkeit, ſondern eine deutliche Anlage von der goͤttlichen Vorſehung; denn es hat nicht nur das Kind bereits eine zarte Oberhaut, ob es gleich von der maͤnnlichen Ruthe noch keinen Gebrauch macht, ſondern man findet auch an der Fusſole der Frucht eine harte Oberhaut, ob ſie ſich gleich noch nicht auf die Ferſen aufſtaͤmmt. Der Malpighiſche Schleim, der ein Oel nebſt den Haaren ausſchwizt, und die unter der Oberhaut zutre- tende Dunſtmaterie, erhalten dieſe Waͤrzchen zart und weich. Ueberhaupt erwaͤrmen die Haare, und ſie ſind die erſten Kleider der Thiere: daher kann man ſie am Men- ſchen, wenn der Kopf von zu groſſer Hizze eingenommen iſt, mit Nuzzen verſchneiden. Jm Wahnwize beſcheert Aretaͤus (y), und andre in Kopfſchmerzen die Koͤpfe der Kranken mit gutem Erfolge (z). Nach der Meinung des beruͤmten Ludwigs (z*) befoͤrdern eben dieſe Haare die Ausdaͤmpfung des Oels, indem ſie das Loch frei erhalten, durch welches dieſes Oel ausduͤnſtet, und indem ſie das Fadengewebe um die Haar- zwiebel anſchlieſſen helfen. An- (y) Curat. acut. (z) HELWIG obſ. 73. p. 150. (z*) Hum. cut. inung. p. 28.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/402>, abgerufen am 22.11.2024.