und es lässet dieser rechtwinkliche Theilgen, wie Dachziegel, theils sich einander berüren, theils aber vor einander vor- ragen. Diese bestreben sich, ihre Zwischenräume zu ver- engern, und sie lassen sich nach einer langen Parallelrich- tung ausstrekken, ohne zu befürchten, daß sie von einander weichen würden, wenn sie nicht von aller Berürung los- gemacht worden (c).
§. 2. Ursache von der einer Muskelfaser anerschaffnen Kraft.
Jch untersuche hier weder die mechanische, noch über- haupt die phisische Ursache von dieser Kraft, weil ich glau- be, daß eine thierische Faser ihre besondre eingepflanzte habe (d), von der man keine andre Ursache weiter sehen müsse, es mag nun selbige entweder einzig und allein ein stärkrer Grad des todten Zusammenziehens, oder eine an- dere Kraft sein, um daraus zu schlissen, daß die todte Kraft einer jeden thierischen und vegetabilischen Faser, diese hin- gegen der Muskelfaser in einem lebendigen Körper eigen sei (e). Gesezzt, sie sei grösser, als in den übrigen Fasern, so ist sie doch ein natürliches Zusammenziehen der Theile (f), und eine Verschiebung eines Grundstoffes unter den an- dern Grundstoff (g). Jch bin wenigstens nicht dawider. Ein berümter Mann liefert auch so gar eine Hipotese dar- über. Er zeigt, daß der Leim, welcher die Erdstoffe der Theile verbindet, die Fasern stärker nach der Runde binde, und daselbst häufiger anzutreffen sei; daß er nicht so stark nach der Länge binde, und wenn sich also ein Muskel zu-
sam-
(c)[Spaltenumbruch]Opusc. prop. 52. f. 8. 9. 10. SANTOR. de fibris.
(d)prem. mem. p. 82. confer. p. 462. etc. PETRINI p. 294.
und es laͤſſet dieſer rechtwinkliche Theilgen, wie Dachziegel, theils ſich einander beruͤren, theils aber vor einander vor- ragen. Dieſe beſtreben ſich, ihre Zwiſchenraͤume zu ver- engern, und ſie laſſen ſich nach einer langen Parallelrich- tung ausſtrekken, ohne zu befuͤrchten, daß ſie von einander weichen wuͤrden, wenn ſie nicht von aller Beruͤrung los- gemacht worden (c).
§. 2. Urſache von der einer Muſkelfaſer anerſchaffnen Kraft.
Jch unterſuche hier weder die mechaniſche, noch uͤber- haupt die phiſiſche Urſache von dieſer Kraft, weil ich glau- be, daß eine thieriſche Faſer ihre beſondre eingepflanzte habe (d), von der man keine andre Urſache weiter ſehen muͤſſe, es mag nun ſelbige entweder einzig und allein ein ſtaͤrkrer Grad des todten Zuſammenziehens, oder eine an- dere Kraft ſein, um daraus zu ſchliſſen, daß die todte Kraft einer jeden thieriſchen und vegetabiliſchen Faſer, dieſe hin- gegen der Muſkelfaſer in einem lebendigen Koͤrper eigen ſei (e). Geſezzt, ſie ſei groͤſſer, als in den uͤbrigen Faſern, ſo iſt ſie doch ein natuͤrliches Zuſammenziehen der Theile (f), und eine Verſchiebung eines Grundſtoffes unter den an- dern Grundſtoff (g). Jch bin wenigſtens nicht dawider. Ein beruͤmter Mann liefert auch ſo gar eine Hipoteſe dar- uͤber. Er zeigt, daß der Leim, welcher die Erdſtoffe der Theile verbindet, die Faſern ſtaͤrker nach der Runde binde, und daſelbſt haͤufiger anzutreffen ſei; daß er nicht ſo ſtark nach der Laͤnge binde, und wenn ſich alſo ein Muſkel zu-
ſam-
(c)[Spaltenumbruch]Opuſc. prop. 52. f. 8. 9. 10. SANTOR. de fibris.
(d)prem. mem. p. 82. confer. p. 462. etc. PETRINI p. 294.
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[122/0140]
Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
und es laͤſſet dieſer rechtwinkliche Theilgen, wie Dachziegel,
theils ſich einander beruͤren, theils aber vor einander vor-
ragen. Dieſe beſtreben ſich, ihre Zwiſchenraͤume zu ver-
engern, und ſie laſſen ſich nach einer langen Parallelrich-
tung ausſtrekken, ohne zu befuͤrchten, daß ſie von einander
weichen wuͤrden, wenn ſie nicht von aller Beruͤrung los-
gemacht worden (c).
§. 2.
Urſache von der einer Muſkelfaſer anerſchaffnen
Kraft.
Jch unterſuche hier weder die mechaniſche, noch uͤber-
haupt die phiſiſche Urſache von dieſer Kraft, weil ich glau-
be, daß eine thieriſche Faſer ihre beſondre eingepflanzte
habe (d), von der man keine andre Urſache weiter ſehen
muͤſſe, es mag nun ſelbige entweder einzig und allein ein
ſtaͤrkrer Grad des todten Zuſammenziehens, oder eine an-
dere Kraft ſein, um daraus zu ſchliſſen, daß die todte Kraft
einer jeden thieriſchen und vegetabiliſchen Faſer, dieſe hin-
gegen der Muſkelfaſer in einem lebendigen Koͤrper eigen
ſei (e). Geſezzt, ſie ſei groͤſſer, als in den uͤbrigen Faſern, ſo
iſt ſie doch ein natuͤrliches Zuſammenziehen der Theile (f),
und eine Verſchiebung eines Grundſtoffes unter den an-
dern Grundſtoff (g). Jch bin wenigſtens nicht dawider.
Ein beruͤmter Mann liefert auch ſo gar eine Hipoteſe dar-
uͤber. Er zeigt, daß der Leim, welcher die Erdſtoffe der
Theile verbindet, die Faſern ſtaͤrker nach der Runde binde,
und daſelbſt haͤufiger anzutreffen ſei; daß er nicht ſo ſtark
nach der Laͤnge binde, und wenn ſich alſo ein Muſkel zu-
ſam-
(c)
Opuſc. prop. 52. f. 8. 9. 10.
SANTOR. de fibris.
(d) prem. mem. p. 82. confer.
p. 462. etc. PETRINI p. 294.
(e) pag. 455. BATTIE prin-
cip. pag. 33. 34.
(f)
PEMPERTON apud
HARTLEY pag. 89. 90. ſeqq.
MORGAN. prop. 12. pag. 148.
CHEYNE fibra morb. pag. 5.
KNIGTH. vindic. p. 53.
(g) BOERHAAVE de vi-
rib. medic. p. 143.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/140>, abgerufen am 20.11.2024.
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