Grund haben. Folglich müssen die Ausstrekker des Nak- kens zugleich mitwirken, das ist, es müssen die vielspal- tigen, heilige Lendenmuskeln, die allerlängste Muskeln, die absteigende Nakkenmuskeln, und diejenige ganze Na- tion Muskeln zugleich mitwirken, welche auf der Rükken- seite der Lenden und heiligen Wirbel aufliegen. Und nun kann erst der Deltamuskel von der vereinigten Kraft so vieler Muskeln, seine völlige Gewalt erlangen, und er kann vermittelst der Kraft, welche ihm eigen ist, die Schulter aufheben. Und daraus erhellet abermals, daß ein Abgang an aufgewandten Kräften, wie oben gezeigt worden, unvermeidlich sei. Da nämlich der Deltamus- kel das Schulterblat (m) und das Schlüsselbein eben so herniederzieht, als er die Schulter in die Höhe hebt, und da das Schulterblat und Schlüsselbein in der Erhebung der Schulter nicht niedersteigen müssen, so mus notwen- dig diejenige ganze halbe Kraft des Deltamuskels zunichte gehen (n), welche die angefürten Muskeln, die das Schlüsselbein und Schulterblat zurükke halten, überwäl- tigen müssen. Und folglich geht am Deltamuskel die Helfte Kraft, und die Kraft der Hebemuskel, welche die- ser Mittelkraft gleich ist, verloren.
Doch man lasse nunmehr den Menschen auf der Erde liegen, und man sezze, daß er sich an einem Baumaste aufhelfen, oder an einem andern festen Körper in die Höhe richten wolle, welchen er ergriffen hätte: so ist nun seine Hand unbeweglich, und da dieselbe durch ihre Beu- gemuskeln zurükkgehalten wird, so bekömmt sie mit dem ergriffnen Aste einerlei Festigkeit. Alsdenn ist der Stamm des Körpers unten, und der Arm oben.
Als
(m)[Spaltenumbruch]
Wenn die Fasern des Mus- kels gegen die Mitte zusammen- laufen, p 492.
(n)[Spaltenumbruch]
Dieser Fall beziehet sich auf denjenigen Fall, der p. 492. 493. gemeldet worden.
H 3
II. Abſchnitt. Erſcheinungen.
Grund haben. Folglich muͤſſen die Ausſtrekker des Nak- kens zugleich mitwirken, das iſt, es muͤſſen die vielſpal- tigen, heilige Lendenmuſkeln, die allerlaͤngſte Muſkeln, die abſteigende Nakkenmuſkeln, und diejenige ganze Na- tion Muſkeln zugleich mitwirken, welche auf der Ruͤkken- ſeite der Lenden und heiligen Wirbel aufliegen. Und nun kann erſt der Deltamuſkel von der vereinigten Kraft ſo vieler Muſkeln, ſeine voͤllige Gewalt erlangen, und er kann vermittelſt der Kraft, welche ihm eigen iſt, die Schulter aufheben. Und daraus erhellet abermals, daß ein Abgang an aufgewandten Kraͤften, wie oben gezeigt worden, unvermeidlich ſei. Da naͤmlich der Deltamuſ- kel das Schulterblat (m) und das Schluͤſſelbein eben ſo herniederzieht, als er die Schulter in die Hoͤhe hebt, und da das Schulterblat und Schluͤſſelbein in der Erhebung der Schulter nicht niederſteigen muͤſſen, ſo mus notwen- dig diejenige ganze halbe Kraft des Deltamuſkels zunichte gehen (n), welche die angefuͤrten Muſkeln, die das Schluͤſſelbein und Schulterblat zuruͤkke halten, uͤberwaͤl- tigen muͤſſen. Und folglich geht am Deltamuſkel die Helfte Kraft, und die Kraft der Hebemuſkel, welche die- ſer Mittelkraft gleich iſt, verloren.
Doch man laſſe nunmehr den Menſchen auf der Erde liegen, und man ſezze, daß er ſich an einem Baumaſte aufhelfen, oder an einem andern feſten Koͤrper in die Hoͤhe richten wolle, welchen er ergriffen haͤtte: ſo iſt nun ſeine Hand unbeweglich, und da dieſelbe durch ihre Beu- gemuſkeln zuruͤkkgehalten wird, ſo bekoͤmmt ſie mit dem ergriffnen Aſte einerlei Feſtigkeit. Alsdenn iſt der Stamm des Koͤrpers unten, und der Arm oben.
Als
(m)[Spaltenumbruch]
Wenn die Faſern des Muſ- kels gegen die Mitte zuſammen- laufen, p 492.
(n)[Spaltenumbruch]
Dieſer Fall beziehet ſich auf denjenigen Fall, der p. 492. 493. gemeldet worden.
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II. Abſchnitt. Erſcheinungen.
Grund haben. Folglich muͤſſen die Ausſtrekker des Nak-
kens zugleich mitwirken, das iſt, es muͤſſen die vielſpal-
tigen, heilige Lendenmuſkeln, die allerlaͤngſte Muſkeln,
die abſteigende Nakkenmuſkeln, und diejenige ganze Na-
tion Muſkeln zugleich mitwirken, welche auf der Ruͤkken-
ſeite der Lenden und heiligen Wirbel aufliegen. Und
nun kann erſt der Deltamuſkel von der vereinigten Kraft
ſo vieler Muſkeln, ſeine voͤllige Gewalt erlangen, und er
kann vermittelſt der Kraft, welche ihm eigen iſt, die
Schulter aufheben. Und daraus erhellet abermals, daß
ein Abgang an aufgewandten Kraͤften, wie oben gezeigt
worden, unvermeidlich ſei. Da naͤmlich der Deltamuſ-
kel das Schulterblat (m) und das Schluͤſſelbein eben ſo
herniederzieht, als er die Schulter in die Hoͤhe hebt, und
da das Schulterblat und Schluͤſſelbein in der Erhebung
der Schulter nicht niederſteigen muͤſſen, ſo mus notwen-
dig diejenige ganze halbe Kraft des Deltamuſkels zunichte
gehen (n), welche die angefuͤrten Muſkeln, die das
Schluͤſſelbein und Schulterblat zuruͤkke halten, uͤberwaͤl-
tigen muͤſſen. Und folglich geht am Deltamuſkel die
Helfte Kraft, und die Kraft der Hebemuſkel, welche die-
ſer Mittelkraft gleich iſt, verloren.
Doch man laſſe nunmehr den Menſchen auf der Erde
liegen, und man ſezze, daß er ſich an einem Baumaſte
aufhelfen, oder an einem andern feſten Koͤrper in die
Hoͤhe richten wolle, welchen er ergriffen haͤtte: ſo iſt nun
ſeine Hand unbeweglich, und da dieſelbe durch ihre Beu-
gemuſkeln zuruͤkkgehalten wird, ſo bekoͤmmt ſie mit dem
ergriffnen Aſte einerlei Feſtigkeit. Alsdenn iſt der Stamm
des Koͤrpers unten, und der Arm oben.
Als
(m)
Wenn die Faſern des Muſ-
kels gegen die Mitte zuſammen-
laufen, p 492.
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Dieſer Fall beziehet ſich auf
denjenigen Fall, der p. 492. 493.
gemeldet worden.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/135>, abgerufen am 22.11.2024.
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