nis bringt. Die Zeichen können aber viele Eigenschaften der Dinge ausdrükken, die kein Bild kann, als das, was Dingen gemeinschaftlich ist, die Folgen auf einander, und die Begriffe des Verstandes. Doch es haben auch die zweete Zeichen den Nuzzen, daß sie dauerhaft sind; daß Jdeen, welche sie ausdrükken, so oft man will, wieder- holt, verglichen, getheilt, und in kleinere Begriffe re- solvirt werden, und unsere Jdeen endlich mehren, und auch abwesenden und nach unsrem Tode lebenden Perso- nen mitgetheilt werden können.
Folglich hat die Seele vornämlich durch Hülfe der Zeichen abstrahiren gelernet. Dieses heist, wenn wir von vielen Jdeen dasjenige sammeln, was sie unter sich gemein haben: so abstrahirt man vom Hunde und Pferde oder Ochsen, ein lebendiges oder vierfüßiges Thier; von dem Rothen, Weissen und Blauen, den Begriff Farbe. Es geschicht solches durch eine bestimmte Operation der Seele, denn ob das Rothe, Weise und Blaue gleich durch die Lichtstrahlen vorgestellt wird, so übernimmt es den- noch blos der Wille auf die Aehnlichkeit der drei Farben und ihren Unterschied acht zu geben, das lezztere zu ver- werfen, und blos die Aehnlichkeit übrig zu behalten. Es bekömmt aber die Seele Hülfe von den Zeichen, weil es viel leichter ist, auf gegenwärtige und fortwärende Din- ge seine Aufmerksamkeit zu richten, als eine Menge Jdeen zu behalten, sie der Seele wieder erneuert vorzustellen, und auf selbige von allen Seiten mit Aufmerksamkeit um- zublikken.
Es kann auch von einer zusammengesezzten Jdee der gröste Theil weggenommen werden, so daß nur ein gerin- ger Theil noch übrig bleibt; und daß man von einem Menschen nichts mehr übrig behält, als die schwarze Far- be, die einen zum Mohren macht.
Auf eben solche Weise abstrahiren wir auch die Ver- hältnisse, z. E. zwischen Ursache und Wirkung, Vater und Sohn, und unzählich andre Dinge mehr, die von
wenig
Der Verſtand. XVII. Buch.
nis bringt. Die Zeichen koͤnnen aber viele Eigenſchaften der Dinge ausdruͤkken, die kein Bild kann, als das, was Dingen gemeinſchaftlich iſt, die Folgen auf einander, und die Begriffe des Verſtandes. Doch es haben auch die zweete Zeichen den Nuzzen, daß ſie dauerhaft ſind; daß Jdeen, welche ſie ausdruͤkken, ſo oft man will, wieder- holt, verglichen, getheilt, und in kleinere Begriffe re- ſolvirt werden, und unſere Jdeen endlich mehren, und auch abweſenden und nach unſrem Tode lebenden Perſo- nen mitgetheilt werden koͤnnen.
Folglich hat die Seele vornaͤmlich durch Huͤlfe der Zeichen abſtrahiren gelernet. Dieſes heiſt, wenn wir von vielen Jdeen dasjenige ſammeln, was ſie unter ſich gemein haben: ſo abſtrahirt man vom Hunde und Pferde oder Ochſen, ein lebendiges oder vierfuͤßiges Thier; von dem Rothen, Weiſſen und Blauen, den Begriff Farbe. Es geſchicht ſolches durch eine beſtimmte Operation der Seele, denn ob das Rothe, Weiſe und Blaue gleich durch die Lichtſtrahlen vorgeſtellt wird, ſo uͤbernimmt es den- noch blos der Wille auf die Aehnlichkeit der drei Farben und ihren Unterſchied acht zu geben, das lezztere zu ver- werfen, und blos die Aehnlichkeit uͤbrig zu behalten. Es bekoͤmmt aber die Seele Huͤlfe von den Zeichen, weil es viel leichter iſt, auf gegenwaͤrtige und fortwaͤrende Din- ge ſeine Aufmerkſamkeit zu richten, als eine Menge Jdeen zu behalten, ſie der Seele wieder erneuert vorzuſtellen, und auf ſelbige von allen Seiten mit Aufmerkſamkeit um- zublikken.
Es kann auch von einer zuſammengeſezzten Jdee der groͤſte Theil weggenommen werden, ſo daß nur ein gerin- ger Theil noch uͤbrig bleibt; und daß man von einem Menſchen nichts mehr uͤbrig behaͤlt, als die ſchwarze Far- be, die einen zum Mohren macht.
Auf eben ſolche Weiſe abſtrahiren wir auch die Ver- haͤltniſſe, z. E. zwiſchen Urſache und Wirkung, Vater und Sohn, und unzaͤhlich andre Dinge mehr, die von
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Der Verſtand. XVII. Buch.
nis bringt. Die Zeichen koͤnnen aber viele Eigenſchaften
der Dinge ausdruͤkken, die kein Bild kann, als das, was
Dingen gemeinſchaftlich iſt, die Folgen auf einander, und
die Begriffe des Verſtandes. Doch es haben auch die
zweete Zeichen den Nuzzen, daß ſie dauerhaft ſind; daß
Jdeen, welche ſie ausdruͤkken, ſo oft man will, wieder-
holt, verglichen, getheilt, und in kleinere Begriffe re-
ſolvirt werden, und unſere Jdeen endlich mehren, und
auch abweſenden und nach unſrem Tode lebenden Perſo-
nen mitgetheilt werden koͤnnen.
Folglich hat die Seele vornaͤmlich durch Huͤlfe der
Zeichen abſtrahiren gelernet. Dieſes heiſt, wenn wir
von vielen Jdeen dasjenige ſammeln, was ſie unter ſich
gemein haben: ſo abſtrahirt man vom Hunde und Pferde
oder Ochſen, ein lebendiges oder vierfuͤßiges Thier; von
dem Rothen, Weiſſen und Blauen, den Begriff Farbe.
Es geſchicht ſolches durch eine beſtimmte Operation der
Seele, denn ob das Rothe, Weiſe und Blaue gleich durch
die Lichtſtrahlen vorgeſtellt wird, ſo uͤbernimmt es den-
noch blos der Wille auf die Aehnlichkeit der drei Farben
und ihren Unterſchied acht zu geben, das lezztere zu ver-
werfen, und blos die Aehnlichkeit uͤbrig zu behalten. Es
bekoͤmmt aber die Seele Huͤlfe von den Zeichen, weil es
viel leichter iſt, auf gegenwaͤrtige und fortwaͤrende Din-
ge ſeine Aufmerkſamkeit zu richten, als eine Menge Jdeen
zu behalten, ſie der Seele wieder erneuert vorzuſtellen,
und auf ſelbige von allen Seiten mit Aufmerkſamkeit um-
zublikken.
Es kann auch von einer zuſammengeſezzten Jdee der
groͤſte Theil weggenommen werden, ſo daß nur ein gerin-
ger Theil noch uͤbrig bleibt; und daß man von einem
Menſchen nichts mehr uͤbrig behaͤlt, als die ſchwarze Far-
be, die einen zum Mohren macht.
Auf eben ſolche Weiſe abſtrahiren wir auch die Ver-
haͤltniſſe, z. E. zwiſchen Urſache und Wirkung, Vater
und Sohn, und unzaͤhlich andre Dinge mehr, die von
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1092. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1110>, abgerufen am 23.11.2024.
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