Stummgebohrner, lernte dennoch einige Rechnungen machen (b).
Es ist aber diese Aufmerksamkeit beschwerlich, und wir können uns kaum für die Spuren von Dingen in acht nehmen, welche von unbekannten Ursachen in uns hervor- gebracht werden, und sich wider unsern Willen, und zum Verdrusse uns aufbürden. Daher ist die Morgen- röthe den Studirenden günstig, und die Dichter begeben sich in Wälder, nämlich in die Einsamkeit, wo sie von keinen fremden Objecten gestört werden. Diejenigen, wel- che schwere Rechnungen auflösen wollen, unterstehen sich kaum Athem zu holen, und verhindern, daß keine fremde Empfindung die Dauer ihrer Jdee unterbrechen möge. Vieta hat ganzer drei Tage lang weder gegessen, noch getrunken, noch was anders gehöret, wenn er geheime Zeichen dechiffrirte (c).
Daher sind Poeten und Entdekker von melancholi- schem Geiste, dessen Eigenschaft eine stärkere Aufmerksam- keit ist. Und dahin gehörte Tassus, der mehr als ein- mal wahnwizzig war, Hugenius(d) und Swam- merdamm.
Es scheint die Starrsucht ein Exempel von einer ti- rannischen Jdee zu sein, welche sich ganz allein zur herr- schenden macht, und alle andre Sinne (e), oder den Wil- len (e*) um Bewegungen hervorzubringen, hindert, da- durch der Kranke gleichsam in eine Bildsäule verwandelt wird, und jede Lage, in welche man ihn bringt (e**)
bei-
(b)[Spaltenumbruch]K. Swensk. Wetensk. hand- ling. 1759. p. 265 Von einem Dum- men LOCKE phil. trans. n. 272.
(c)POPEBLOUNT. pag. 604. aus THUANO.
(d)ZIMMERMANN de bile atra p. 8. LISTER Iourny to Pa- ris. p. 110.
(e)DEIDIER Conf. l. p. 332. Recueil d'obs. de Med. 1756. m. Iul. davon Unlust zum Essen. SCHLE- GEL beim SCHURIG l. c.
(e*)[Spaltenumbruch]G. v. SWIETEN T. III. p. 312. lourn. de Medec. ibid.
(e**)De HEERS pag. 39. de HAEN IV. p. 186. 187. Recueil. d'obs. de medec. ibid. TRIOEN p. 1. DEIDIER l. c. Iourn. de med. 1759. m. Oct. PETZOLD obs. 32. GUISARD gegen das Ende La METTRIE nouv. prat. obs. 35. & descr. d' une catal. histeriq. Ren- nes. 1737 12.
I. Abſchnitt. Der Verſtand.
Stummgebohrner, lernte dennoch einige Rechnungen machen (b).
Es iſt aber dieſe Aufmerkſamkeit beſchwerlich, und wir koͤnnen uns kaum fuͤr die Spuren von Dingen in acht nehmen, welche von unbekannten Urſachen in uns hervor- gebracht werden, und ſich wider unſern Willen, und zum Verdruſſe uns aufbuͤrden. Daher iſt die Morgen- roͤthe den Studirenden guͤnſtig, und die Dichter begeben ſich in Waͤlder, naͤmlich in die Einſamkeit, wo ſie von keinen fremden Objecten geſtoͤrt werden. Diejenigen, wel- che ſchwere Rechnungen aufloͤſen wollen, unterſtehen ſich kaum Athem zu holen, und verhindern, daß keine fremde Empfindung die Dauer ihrer Jdee unterbrechen moͤge. Vieta hat ganzer drei Tage lang weder gegeſſen, noch getrunken, noch was anders gehoͤret, wenn er geheime Zeichen dechiffrirte (c).
Daher ſind Poeten und Entdekker von melancholi- ſchem Geiſte, deſſen Eigenſchaft eine ſtaͤrkere Aufmerkſam- keit iſt. Und dahin gehoͤrte Taſſus, der mehr als ein- mal wahnwizzig war, Hugenius(d) und Swam- merdamm.
Es ſcheint die Starrſucht ein Exempel von einer ti- ranniſchen Jdee zu ſein, welche ſich ganz allein zur herr- ſchenden macht, und alle andre Sinne (e), oder den Wil- len (e*) um Bewegungen hervorzubringen, hindert, da- durch der Kranke gleichſam in eine Bildſaͤule verwandelt wird, und jede Lage, in welche man ihn bringt (e**)
bei-
(b)[Spaltenumbruch]K. Swensk. Wetensk. hand- ling. 1759. p. 265 Von einem Dum- men LOCKE phil. tranſ. n. 272.
(c)POPEBLOUNT. pag. 604. aus THUANO.
(d)ZIMMERMANN de bile atra p. 8. LISTER Iourny to Pa- ris. p. 110.
(e)DEIDIER Conf. l. p. 332. Recueil d’obſ. de Méd. 1756. m. Iul. davon Unluſt zum Eſſen. SCHLE- GEL beim SCHURIG l. c.
(e*)[Spaltenumbruch]G. v. SWIETEN T. III. p. 312. lourn. de Médec. ibid.
(e**)De HEERS pag. 39. de HAEN IV. p. 186. 187. Recueil. d’obſ. de médec. ibid. TRIOEN p. 1. DEIDIER l. c. Iourn. de med. 1759. m. Oct. PETZOLD obſ. 32. GUISARD gegen das Ende La METTRIE nouv. prat. obſ. 35. & déſcr. d’ une catal. hiſteriq. Ren- nes. 1737 12.
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Stummgebohrner, lernte dennoch einige Rechnungen
machen (b).
Es iſt aber dieſe Aufmerkſamkeit beſchwerlich, und
wir koͤnnen uns kaum fuͤr die Spuren von Dingen in acht
nehmen, welche von unbekannten Urſachen in uns hervor-
gebracht werden, und ſich wider unſern Willen, und
zum Verdruſſe uns aufbuͤrden. Daher iſt die Morgen-
roͤthe den Studirenden guͤnſtig, und die Dichter begeben
ſich in Waͤlder, naͤmlich in die Einſamkeit, wo ſie von
keinen fremden Objecten geſtoͤrt werden. Diejenigen, wel-
che ſchwere Rechnungen aufloͤſen wollen, unterſtehen ſich
kaum Athem zu holen, und verhindern, daß keine fremde
Empfindung die Dauer ihrer Jdee unterbrechen moͤge.
Vieta hat ganzer drei Tage lang weder gegeſſen, noch
getrunken, noch was anders gehoͤret, wenn er geheime
Zeichen dechiffrirte (c).
Daher ſind Poeten und Entdekker von melancholi-
ſchem Geiſte, deſſen Eigenſchaft eine ſtaͤrkere Aufmerkſam-
keit iſt. Und dahin gehoͤrte Taſſus, der mehr als ein-
mal wahnwizzig war, Hugenius (d) und Swam-
merdamm.
Es ſcheint die Starrſucht ein Exempel von einer ti-
ranniſchen Jdee zu ſein, welche ſich ganz allein zur herr-
ſchenden macht, und alle andre Sinne (e), oder den Wil-
len (e*) um Bewegungen hervorzubringen, hindert, da-
durch der Kranke gleichſam in eine Bildſaͤule verwandelt
wird, und jede Lage, in welche man ihn bringt (e**)
bei-
(b)
K. Swensk. Wetensk. hand-
ling. 1759. p. 265 Von einem Dum-
men LOCKE phil. tranſ. n. 272.
(c) POPEBLOUNT. pag. 604.
aus THUANO.
(d) ZIMMERMANN de bile
atra p. 8. LISTER Iourny to Pa-
ris. p. 110.
(e) DEIDIER Conf. l. p. 332.
Recueil d’obſ. de Méd. 1756. m. Iul.
davon Unluſt zum Eſſen. SCHLE-
GEL beim SCHURIG l. c.
(e*)
G. v. SWIETEN T. III.
p. 312. lourn. de Médec. ibid.
(e**) De HEERS pag. 39. de
HAEN IV. p. 186. 187. Recueil.
d’obſ. de médec. ibid. TRIOEN
p. 1. DEIDIER l. c. Iourn. de med.
1759. m. Oct. PETZOLD obſ. 32.
GUISARD gegen das Ende La
METTRIE nouv. prat. obſ. 35. &
déſcr. d’ une catal. hiſteriq. Ren-
nes. 1737 12.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1083. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1101>, abgerufen am 23.11.2024.
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