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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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I. Abschnitt. Der Verstand.
gen dasjenige absondern, was sie besonders an sich haben,
und blos dasjenige übrig behalten, was sie unter sich ge-
mein haben, so wird dieses ein Eindrukk in einen weichen
Nerven sein (e). Man sollte so gar glauben, daß diese
Bewegung bis zum Gehirne fortlaufe, wenn im Gehirn
vom Krachen des groben Geschüzzes (f), so deutliche und
heftige Erschütterungen geschehen: die denjenigen Erschütte-
rungen ähnlich sind, die auf wirkliche Schläge auf den Kopf
zu erfolgen pflegen. Dieses lässet sich wiederum durch das
Exempel eines sehr ähnlichen Funkens (g), von dem wirk-
lichen Zusammenschlagen des Feuersteins und Stahles,
und eines andern eingebildeten Funkens der vom Reiben
des Auges, oder ohne einen Fehler am Auge, im schwe-
ren Gebrechen, und den Krämpfen hervorgebracht wird,
bekräftigen. Hier ist überall nichts, als eine Bewegung
da, welche sowol die Seele im Gehirn, als in der Em-
pfindung des äusserlichen Objects, den empfindenden
Nerven rührt.

Es könnte die Bewegung vermittelst der Schwingun-
gen der festen Faserchen des Sehnervens (h) ins Gehirn
gebracht werden: sie kann aber auch durch die schnelle
Bewegung des, in diesem Nerven enthaltnen Flüßigen,
davon wir an einem andern Orte reden wollen, verrichtet
werden: wir haben aber erwiesen, daß bei den Nerven
keine Schwingungen vorgehen; und folglich geschehen die
Eindrükke der Sinnen, vermittelst des flüßigen Elements
(i), und diese Eindrükke gelangen bis zu dem Orte, wo
sie sich der Seele darstellen. Und diese Stelle ist im Mar-
ke des grossen, und des kleinen Gehirns (k).

Dieses Mark besteht aus Fasern (l): und es sind die-
se Fasern weich (m). Folglich kann zulezzt das Flüßige

der
(e) [Spaltenumbruch] BERGER c. 23. &c.
(f) L. XV. p. 287. &c.
(g) LXVI. p. 527.
(h) L. X. p. 361.
(i) L. X. pag. 365 durch eine
Reihe Kügelchen, nach dem Ver-
suche des HUGENII Mem. avant.
[Spaltenumbruch] 1699. T. I. p. 284. de la lumiere
I. p. 11. 12 PERRAULT, WOLF
Würkung n.
124.
(k) L. X. p. 393. 394.
(l) L. X. p. 31.
(m) L. X. p. 361. seqq.
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I. Abſchnitt. Der Verſtand.
gen dasjenige abſondern, was ſie beſonders an ſich haben,
und blos dasjenige uͤbrig behalten, was ſie unter ſich ge-
mein haben, ſo wird dieſes ein Eindrukk in einen weichen
Nerven ſein (e). Man ſollte ſo gar glauben, daß dieſe
Bewegung bis zum Gehirne fortlaufe, wenn im Gehirn
vom Krachen des groben Geſchuͤzzes (f), ſo deutliche und
heftige Erſchuͤtterungen geſchehen: die denjenigen Erſchuͤtte-
rungen aͤhnlich ſind, die auf wirkliche Schlaͤge auf den Kopf
zu erfolgen pflegen. Dieſes laͤſſet ſich wiederum durch das
Exempel eines ſehr aͤhnlichen Funkens (g), von dem wirk-
lichen Zuſammenſchlagen des Feuerſteins und Stahles,
und eines andern eingebildeten Funkens der vom Reiben
des Auges, oder ohne einen Fehler am Auge, im ſchwe-
ren Gebrechen, und den Kraͤmpfen hervorgebracht wird,
bekraͤftigen. Hier iſt uͤberall nichts, als eine Bewegung
da, welche ſowol die Seele im Gehirn, als in der Em-
pfindung des aͤuſſerlichen Objects, den empfindenden
Nerven ruͤhrt.

Es koͤnnte die Bewegung vermittelſt der Schwingun-
gen der feſten Faſerchen des Sehnervens (h) ins Gehirn
gebracht werden: ſie kann aber auch durch die ſchnelle
Bewegung des, in dieſem Nerven enthaltnen Fluͤßigen,
davon wir an einem andern Orte reden wollen, verrichtet
werden: wir haben aber erwieſen, daß bei den Nerven
keine Schwingungen vorgehen; und folglich geſchehen die
Eindruͤkke der Sinnen, vermittelſt des fluͤßigen Elements
(i), und dieſe Eindruͤkke gelangen bis zu dem Orte, wo
ſie ſich der Seele darſtellen. Und dieſe Stelle iſt im Mar-
ke des groſſen, und des kleinen Gehirns (k).

Dieſes Mark beſteht aus Faſern (l): und es ſind die-
ſe Faſern weich (m). Folglich kann zulezzt das Fluͤßige

der
(e) [Spaltenumbruch] BERGER c. 23. &c.
(f) L. XV. p. 287. &c.
(g) LXVI. p. 527.
(h) L. X. p. 361.
(i) L. X. pag. 365 durch eine
Reihe Kuͤgelchen, nach dem Ver-
ſuche des HUGENII Mém. avant.
[Spaltenumbruch] 1699. T. I. p. 284. de la lumiere
I. p. 11. 12 PERRAULT, WOLF
Würkung n.
124.
(k) L. X. p. 393. 394.
(l) L. X. p. 31.
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[1045/1063] I. Abſchnitt. Der Verſtand. gen dasjenige abſondern, was ſie beſonders an ſich haben, und blos dasjenige uͤbrig behalten, was ſie unter ſich ge- mein haben, ſo wird dieſes ein Eindrukk in einen weichen Nerven ſein (e). Man ſollte ſo gar glauben, daß dieſe Bewegung bis zum Gehirne fortlaufe, wenn im Gehirn vom Krachen des groben Geſchuͤzzes (f), ſo deutliche und heftige Erſchuͤtterungen geſchehen: die denjenigen Erſchuͤtte- rungen aͤhnlich ſind, die auf wirkliche Schlaͤge auf den Kopf zu erfolgen pflegen. Dieſes laͤſſet ſich wiederum durch das Exempel eines ſehr aͤhnlichen Funkens (g), von dem wirk- lichen Zuſammenſchlagen des Feuerſteins und Stahles, und eines andern eingebildeten Funkens der vom Reiben des Auges, oder ohne einen Fehler am Auge, im ſchwe- ren Gebrechen, und den Kraͤmpfen hervorgebracht wird, bekraͤftigen. Hier iſt uͤberall nichts, als eine Bewegung da, welche ſowol die Seele im Gehirn, als in der Em- pfindung des aͤuſſerlichen Objects, den empfindenden Nerven ruͤhrt. Es koͤnnte die Bewegung vermittelſt der Schwingun- gen der feſten Faſerchen des Sehnervens (h) ins Gehirn gebracht werden: ſie kann aber auch durch die ſchnelle Bewegung des, in dieſem Nerven enthaltnen Fluͤßigen, davon wir an einem andern Orte reden wollen, verrichtet werden: wir haben aber erwieſen, daß bei den Nerven keine Schwingungen vorgehen; und folglich geſchehen die Eindruͤkke der Sinnen, vermittelſt des fluͤßigen Elements (i), und dieſe Eindruͤkke gelangen bis zu dem Orte, wo ſie ſich der Seele darſtellen. Und dieſe Stelle iſt im Mar- ke des groſſen, und des kleinen Gehirns (k). Dieſes Mark beſteht aus Faſern (l): und es ſind die- ſe Faſern weich (m). Folglich kann zulezzt das Fluͤßige der (e) BERGER c. 23. &c. (f) L. XV. p. 287. &c. (g) LXVI. p. 527. (h) L. X. p. 361. (i) L. X. pag. 365 durch eine Reihe Kuͤgelchen, nach dem Ver- ſuche des HUGENII Mém. avant. 1699. T. I. p. 284. de la lumiere I. p. 11. 12 PERRAULT, WOLF Würkung n. 124. (k) L. X. p. 393. 394. (l) L. X. p. 31. (m) L. X. p. 361. ſeqq. U u u 3

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1045. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1063>, abgerufen am 16.07.2024.