Jch lese, daß sich der berühmte Porterfield mit fol- gender Ausflucht entschuldigt (e). Die weise Seele än- dere ihr Auge nicht, so bald sie ohne dem deutlich sieht, deutlich aber sehe sie durch ein kleines Loch.
Jch lese ebenfals, was der berühmte Smith(f), von den Strahlen geschrieben, die durch ein kleines Loch nach auswendig gebogen würden, und also von einem nä- heren Körper herzukommen scheinen. Doch ich glaube überhaupt, aus den Figuren dieses berühmten Mannes selbst ersehen zu können, daß seiner Hipothese zuwider, die Vorstellung von einem entfernten Körper einfach, von ei- nem nahen aber doppelt geschehen müsse.
Wenn man nun, wie oben gezeiget worden, bedenkt, daß keine Kräfte da sind (g), die Figur oder Krümmung der Linse zu verändern: und daß keine gewisse Bewegung im Auge vorgehe, ausgenommen die Verengerung des Sterns: wenn man noch bedenkt, daß auch in der Ca- mera obscura, die Verengerung der Pupille (h), oder des Loches, durch welches das Licht einfält, macht, daß nahe Objecte deutlich erscheinen, so wird man mit mir wahrscheinlich finden, daß die Verengerung der Pupille dazu hinreichend sei, so wie sie in den Menschen statt fin- det, und sich zu dem Phänomenon passet (i). Warum man aber hin und wieder die Veränderung an der Linse, oder an dem inwendigen Auge (k) für nothwendig ange- sehen, davon scheint die Ursache in der gar zu grossen Breite des deutlichen Sehpunkts zu stekken, wie sie be- rühmte Männer angenommen haben. Wer ein Buch von kleinen Schriften lieset, wird leicht befinden, daß eine geringe Distanz unschädlich sei, wenn man dieses Buch näher oder weiter vom Auge halten darf, ohne
daß
(e)[Spaltenumbruch]Ess. of Edimb. T. II. p. 7.
(f)Remarks p. 3. f. 6. 7.
(g)pag. 515.
(h)le ROI p. 598.
(i)[Spaltenumbruch]la HIRE. le ROI.
(k)SMITH pop. tract. n. 85. remarks n. 13. 14 PEMBERTON, DERHAMO 3. p. 1.
H. Phisiol. 5. B. T t t
IV. Abſchnitt. Das Sehen.
Jch leſe, daß ſich der beruͤhmte Porterfield mit fol- gender Ausflucht entſchuldigt (e). Die weiſe Seele aͤn- dere ihr Auge nicht, ſo bald ſie ohne dem deutlich ſieht, deutlich aber ſehe ſie durch ein kleines Loch.
Jch leſe ebenfals, was der beruͤhmte Smith(f), von den Strahlen geſchrieben, die durch ein kleines Loch nach auswendig gebogen wuͤrden, und alſo von einem naͤ- heren Koͤrper herzukommen ſcheinen. Doch ich glaube uͤberhaupt, aus den Figuren dieſes beruͤhmten Mannes ſelbſt erſehen zu koͤnnen, daß ſeiner Hipotheſe zuwider, die Vorſtellung von einem entfernten Koͤrper einfach, von ei- nem nahen aber doppelt geſchehen muͤſſe.
Wenn man nun, wie oben gezeiget worden, bedenkt, daß keine Kraͤfte da ſind (g), die Figur oder Kruͤmmung der Linſe zu veraͤndern: und daß keine gewiſſe Bewegung im Auge vorgehe, ausgenommen die Verengerung des Sterns: wenn man noch bedenkt, daß auch in der Ca- mera obſcura, die Verengerung der Pupille (h), oder des Loches, durch welches das Licht einfaͤlt, macht, daß nahe Objecte deutlich erſcheinen, ſo wird man mit mir wahrſcheinlich finden, daß die Verengerung der Pupille dazu hinreichend ſei, ſo wie ſie in den Menſchen ſtatt fin- det, und ſich zu dem Phaͤnomenon paſſet (i). Warum man aber hin und wieder die Veraͤnderung an der Linſe, oder an dem inwendigen Auge (k) fuͤr nothwendig ange- ſehen, davon ſcheint die Urſache in der gar zu groſſen Breite des deutlichen Sehpunkts zu ſtekken, wie ſie be- ruͤhmte Maͤnner angenommen haben. Wer ein Buch von kleinen Schriften lieſet, wird leicht befinden, daß eine geringe Diſtanz unſchaͤdlich ſei, wenn man dieſes Buch naͤher oder weiter vom Auge halten darf, ohne
daß
(e)[Spaltenumbruch]Eſſ. of Edimb. T. II. p. 7.
(f)Remarks p. 3. f. 6. 7.
(g)pag. 515.
(h)le ROI p. 598.
(i)[Spaltenumbruch]la HIRE. le ROI.
(k)SMITH pop. tract. n. 85. remarks n. 13. 14 PEMBERTON, DERHAMO 3. p. 1.
H. Phiſiol. 5. B. T t t
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IV. Abſchnitt. Das Sehen.
Jch leſe, daß ſich der beruͤhmte Porterfield mit fol-
gender Ausflucht entſchuldigt (e). Die weiſe Seele aͤn-
dere ihr Auge nicht, ſo bald ſie ohne dem deutlich ſieht,
deutlich aber ſehe ſie durch ein kleines Loch.
Jch leſe ebenfals, was der beruͤhmte Smith (f),
von den Strahlen geſchrieben, die durch ein kleines Loch
nach auswendig gebogen wuͤrden, und alſo von einem naͤ-
heren Koͤrper herzukommen ſcheinen. Doch ich glaube
uͤberhaupt, aus den Figuren dieſes beruͤhmten Mannes
ſelbſt erſehen zu koͤnnen, daß ſeiner Hipotheſe zuwider, die
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nem nahen aber doppelt geſchehen muͤſſe.
Wenn man nun, wie oben gezeiget worden, bedenkt,
daß keine Kraͤfte da ſind (g), die Figur oder Kruͤmmung
der Linſe zu veraͤndern: und daß keine gewiſſe Bewegung
im Auge vorgehe, ausgenommen die Verengerung des
Sterns: wenn man noch bedenkt, daß auch in der Ca-
mera obſcura, die Verengerung der Pupille (h), oder
des Loches, durch welches das Licht einfaͤlt, macht, daß
nahe Objecte deutlich erſcheinen, ſo wird man mit mir
wahrſcheinlich finden, daß die Verengerung der Pupille
dazu hinreichend ſei, ſo wie ſie in den Menſchen ſtatt fin-
det, und ſich zu dem Phaͤnomenon paſſet (i). Warum
man aber hin und wieder die Veraͤnderung an der Linſe,
oder an dem inwendigen Auge (k) fuͤr nothwendig ange-
ſehen, davon ſcheint die Urſache in der gar zu groſſen
Breite des deutlichen Sehpunkts zu ſtekken, wie ſie be-
ruͤhmte Maͤnner angenommen haben. Wer ein Buch
von kleinen Schriften lieſet, wird leicht befinden, daß
eine geringe Diſtanz unſchaͤdlich ſei, wenn man dieſes
Buch naͤher oder weiter vom Auge halten darf, ohne
daß
(e)
Eſſ. of Edimb. T. II. p. 7.
(f) Remarks p. 3. f. 6. 7.
(g) pag. 515.
(h) le ROI p. 598.
(i)
la HIRE. le ROI.
(k) SMITH pop. tract. n. 85.
remarks n. 13. 14 PEMBERTON,
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1025. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1043>, abgerufen am 23.11.2024.
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