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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Das Sehen. XVI. Buch.
so zweifeln wir sehr daran, ob sich dieselbigen gleich an
diese Linse anhängen lassen (b).

Jn allen Arten von Thieren, sind diese Fortsäzze der
Aderhaut ganz und gar nicht muskelhaft, sondern beste-
hen blos aus Gefässen, welche von schlangenförmig ge-
wundenen Gefässen durchlaufen werden, und aus einer
welchen Membran bestehen (c). Jhr Anhängen an der
Kapsel der Crystallinse hat nicht viel zu sagen, und kömmt
blos auf einen Schein an (d), welcher sich leicht verzer-
ren lassen würde, wenn man sie auseinander zöge, wo-
durch die Dauer der Linse unfehlbar vernichtet werden
müste. Die würkliche Jnserirung der Radien an einigen
Thieren, als am Haasen, geschicht offenbar in die Trau-
benhaut.

Könnten gleich diese Fortsäzze etwas ausrichten, so
würden sie doch schwerlich die Figur der Linse verändern
(e), und die elastische Kapsel der Crystallinse schwerlich
niederdrükken (f): wenn hingegen an ihnen eine Wir-
kung von Gefässen angenommen werden könnte, so wür-
de diese Folge davon grade das Gegentheil sein, was
man haben will. Es würde nemlich von dem aufgenom-
menen Blute, diese Gefässe aufschwellen, und weil sie
sich in engen Krümmen verwikkeln, die Linsenkapsel aus-
dehnen, und flach machen. Nun aber strengen wir uns,
wofern wir gar im Sehen eine Anstrengung verrichten, in
einer genauern Aufmerksamkeit auf die nahen Dinge an (g).

Hierzu kömmt noch, daß die Fische kein Sternbänd-
chen haben (h), und sich dennoch in eben solche Nothwen-

digkeit
(b) [Spaltenumbruch] A MOULINS, A LAUREN-
TIUS de l' oeil. c.
4.
(c) RUYSCH Thes. II. ass. I.
n. 15. la HIRE p. 622. Le ROI
Mem. de l'Acad. 1755. p.
597.
(d) pag. 381. 382.
(e) Daß sie hart sei MOULINS
p.
55. Es widerlegt PORTER-
FIELD
die Aenderung der Figur,
Ess. T. III. p. 187.
(f) [Spaltenumbruch] Die Weiche der äussern Lin-
senschale beim ILL. MORGAGNUS
Adv. VI. p. 91. Epist. XVIII. n.
19. & C. WINTRINGHAM pag.

249. doch die Kapsel ist zehnmal
härter, als die Membran der proc.
ciliari.
(g) ZINN.
(h) pag. 381.

Das Sehen. XVI. Buch.
ſo zweifeln wir ſehr daran, ob ſich dieſelbigen gleich an
dieſe Linſe anhaͤngen laſſen (b).

Jn allen Arten von Thieren, ſind dieſe Fortſaͤzze der
Aderhaut ganz und gar nicht muſkelhaft, ſondern beſte-
hen blos aus Gefaͤſſen, welche von ſchlangenfoͤrmig ge-
wundenen Gefaͤſſen durchlaufen werden, und aus einer
welchen Membran beſtehen (c). Jhr Anhaͤngen an der
Kapſel der Cryſtallinſe hat nicht viel zu ſagen, und koͤmmt
blos auf einen Schein an (d), welcher ſich leicht verzer-
ren laſſen wuͤrde, wenn man ſie auseinander zoͤge, wo-
durch die Dauer der Linſe unfehlbar vernichtet werden
muͤſte. Die wuͤrkliche Jnſerirung der Radien an einigen
Thieren, als am Haaſen, geſchicht offenbar in die Trau-
benhaut.

Koͤnnten gleich dieſe Fortſaͤzze etwas ausrichten, ſo
wuͤrden ſie doch ſchwerlich die Figur der Linſe veraͤndern
(e), und die elaſtiſche Kapſel der Cryſtallinſe ſchwerlich
niederdruͤkken (f): wenn hingegen an ihnen eine Wir-
kung von Gefaͤſſen angenommen werden koͤnnte, ſo wuͤr-
de dieſe Folge davon grade das Gegentheil ſein, was
man haben will. Es wuͤrde nemlich von dem aufgenom-
menen Blute, dieſe Gefaͤſſe aufſchwellen, und weil ſie
ſich in engen Kruͤmmen verwikkeln, die Linſenkapſel aus-
dehnen, und flach machen. Nun aber ſtrengen wir uns,
wofern wir gar im Sehen eine Anſtrengung verrichten, in
einer genauern Aufmerkſamkeit auf die nahen Dinge an (g).

Hierzu koͤmmt noch, daß die Fiſche kein Sternbaͤnd-
chen haben (h), und ſich dennoch in eben ſolche Nothwen-

digkeit
(b) [Spaltenumbruch] A MOULINS, A LAUREN-
TIUS de l’ oeil. c.
4.
(c) RUYSCH Theſ. II. aſſ. I.
n. 15. la HIRE p. 622. Le ROI
Mém. de l’Acad. 1755. p.
597.
(d) pag. 381. 382.
(e) Daß ſie hart ſei MOULINS
p.
55. Es widerlegt PORTER-
FIELD
die Aenderung der Figur,
Eſſ. T. III. p. 187.
(f) [Spaltenumbruch] Die Weiche der aͤuſſern Lin-
ſenſchale beim ILL. MORGAGNUS
Adv. VI. p. 91. Epiſt. XVIII. n.
19. & C. WINTRINGHAM pag.

249. doch die Kapſel iſt zehnmal
haͤrter, als die Membran der proc.
ciliari.
(g) ZINN.
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[1020/1038] Das Sehen. XVI. Buch. ſo zweifeln wir ſehr daran, ob ſich dieſelbigen gleich an dieſe Linſe anhaͤngen laſſen (b). Jn allen Arten von Thieren, ſind dieſe Fortſaͤzze der Aderhaut ganz und gar nicht muſkelhaft, ſondern beſte- hen blos aus Gefaͤſſen, welche von ſchlangenfoͤrmig ge- wundenen Gefaͤſſen durchlaufen werden, und aus einer welchen Membran beſtehen (c). Jhr Anhaͤngen an der Kapſel der Cryſtallinſe hat nicht viel zu ſagen, und koͤmmt blos auf einen Schein an (d), welcher ſich leicht verzer- ren laſſen wuͤrde, wenn man ſie auseinander zoͤge, wo- durch die Dauer der Linſe unfehlbar vernichtet werden muͤſte. Die wuͤrkliche Jnſerirung der Radien an einigen Thieren, als am Haaſen, geſchicht offenbar in die Trau- benhaut. Koͤnnten gleich dieſe Fortſaͤzze etwas ausrichten, ſo wuͤrden ſie doch ſchwerlich die Figur der Linſe veraͤndern (e), und die elaſtiſche Kapſel der Cryſtallinſe ſchwerlich niederdruͤkken (f): wenn hingegen an ihnen eine Wir- kung von Gefaͤſſen angenommen werden koͤnnte, ſo wuͤr- de dieſe Folge davon grade das Gegentheil ſein, was man haben will. Es wuͤrde nemlich von dem aufgenom- menen Blute, dieſe Gefaͤſſe aufſchwellen, und weil ſie ſich in engen Kruͤmmen verwikkeln, die Linſenkapſel aus- dehnen, und flach machen. Nun aber ſtrengen wir uns, wofern wir gar im Sehen eine Anſtrengung verrichten, in einer genauern Aufmerkſamkeit auf die nahen Dinge an (g). Hierzu koͤmmt noch, daß die Fiſche kein Sternbaͤnd- chen haben (h), und ſich dennoch in eben ſolche Nothwen- digkeit (b) A MOULINS, A LAUREN- TIUS de l’ oeil. c. 4. (c) RUYSCH Theſ. II. aſſ. I. n. 15. la HIRE p. 622. Le ROI Mém. de l’Acad. 1755. p. 597. (d) pag. 381. 382. (e) Daß ſie hart ſei MOULINS p. 55. Es widerlegt PORTER- FIELD die Aenderung der Figur, Eſſ. T. III. p. 187. (f) Die Weiche der aͤuſſern Lin- ſenſchale beim ILL. MORGAGNUS Adv. VI. p. 91. Epiſt. XVIII. n. 19. & C. WINTRINGHAM pag. 249. doch die Kapſel iſt zehnmal haͤrter, als die Membran der proc. ciliari. (g) ZINN. (h) pag. 381.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1020. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1038>, abgerufen am 23.11.2024.