dieser Leute sich noch zu näheren Dingen bequemen (r). Ein eiserner Drath, dem man einem entfernten Thurm gegen über hielte, wurde mit einem Auge deutlich, und der Thurm undeutlich erblikkt, und so sahe dagegen der Thurm deutlich, und der Drath nur wie ein Schatten- strich aus, woraus man offenbar ersehen könne, daß sich das Auge ändern lasse (s), und sich bald bequeme ganz nahe, bald aber wieder weite Dinge zu sehen, und daß es folglich nicht geschikkt sei, beiderlei Dinge mit einmal zu sehen.
Folglich müsse sich das Auge, um ganz nahe Dinge vollkommen zu sehen, in das Auge eines Kurzsichtigen verwandeln, und sich folglich lang machen (t), so wie die Crystallinse convex (u), und die Hornhaut ebenfals con- vex werden muß: Hingegen muß es bei entfernten Din- gen weitsehend, folglich kurz, und einerlei Linse und Horn- haut flächer gemacht werden. Daher geschehe es, wenn man nahe Dinge betrachtet, deren Brennpunkt also in diesem Falle von der Hornhaut weiter abstehe, daß nach dem obigen, dieser Brennpunkt dennoch auf die Nezzhaut fält. Es wird aber dieses geschehen, entweder wenn die Strahlen brechende Kräfte einen näheren Brennpunkt ma- chen, oder wenn die veränderte Figur des Auges, die Nezzhaut von der Hornhaut weiter entfernt, oder wenn man beide Kräfte miteinander verbindet.
Dahingegen begebe sich, wenn man entfernte Dinge sehen will (x), deren Brennpunkt disseits der Nezzhaut fält, an dem kürzer gewordenen Auge, die Nezzhaut in die Gegend des Brennpunkts, indessen daß sich zu glei- cher Zeit die Figur des Auges ändert, weil die schwäche-
ren
(r)[Spaltenumbruch]PORTERFIELD II. p. 3.
(s)Le CAT p. 511.
(t)SCHEINER ibid. p. 23. 167. 244. KEPLER prop. 64 PLEMP. p. 103. MOLINETTI ed. 1 p. 18. 19. le CAT p. 466. 495. HELS- HAM, S' GRAVEZANDE n. 3093.
(u)[Spaltenumbruch]SCHEINER p. 244. CAR- TES dioptric. c. 3. de homine 78. HARTSOEKER pag. 77 HELS- HAM p. 325. S' GRAVEZANDE n. 3094 le CAT p. 491. 495.
(x)Le CAT p. 467. 490. 496. CARTESIUS &c.
Das Sehen. XVI. Buch.
dieſer Leute ſich noch zu naͤheren Dingen bequemen (r). Ein eiſerner Drath, dem man einem entfernten Thurm gegen uͤber hielte, wurde mit einem Auge deutlich, und der Thurm undeutlich erblikkt, und ſo ſahe dagegen der Thurm deutlich, und der Drath nur wie ein Schatten- ſtrich aus, woraus man offenbar erſehen koͤnne, daß ſich das Auge aͤndern laſſe (s), und ſich bald bequeme ganz nahe, bald aber wieder weite Dinge zu ſehen, und daß es folglich nicht geſchikkt ſei, beiderlei Dinge mit einmal zu ſehen.
Folglich muͤſſe ſich das Auge, um ganz nahe Dinge vollkommen zu ſehen, in das Auge eines Kurzſichtigen verwandeln, und ſich folglich lang machen (t), ſo wie die Cryſtallinſe convex (u), und die Hornhaut ebenfals con- vex werden muß: Hingegen muß es bei entfernten Din- gen weitſehend, folglich kurz, und einerlei Linſe und Horn- haut flaͤcher gemacht werden. Daher geſchehe es, wenn man nahe Dinge betrachtet, deren Brennpunkt alſo in dieſem Falle von der Hornhaut weiter abſtehe, daß nach dem obigen, dieſer Brennpunkt dennoch auf die Nezzhaut faͤlt. Es wird aber dieſes geſchehen, entweder wenn die Strahlen brechende Kraͤfte einen naͤheren Brennpunkt ma- chen, oder wenn die veraͤnderte Figur des Auges, die Nezzhaut von der Hornhaut weiter entfernt, oder wenn man beide Kraͤfte miteinander verbindet.
Dahingegen begebe ſich, wenn man entfernte Dinge ſehen will (x), deren Brennpunkt diſſeits der Nezzhaut faͤlt, an dem kuͤrzer gewordenen Auge, die Nezzhaut in die Gegend des Brennpunkts, indeſſen daß ſich zu glei- cher Zeit die Figur des Auges aͤndert, weil die ſchwaͤche-
ren
(r)[Spaltenumbruch]PORTERFIELD II. p. 3.
(s)Le CAT p. 511.
(t)SCHEINER ibid. p. 23. 167. 244. KEPLER prop. 64 PLEMP. p. 103. MOLINETTI ed. 1 p. 18. 19. le CAT p. 466. 495. HELS- HAM, S’ GRAVEZANDE n. 3093.
(u)[Spaltenumbruch]SCHEINER p. 244. CAR- TES dioptric. c. 3. de homine 78. HARTSOEKER pag. 77 HELS- HAM p. 325. S’ GRAVEZANDE n. 3094 le CAT p. 491. 495.
(x)Le CAT p. 467. 490. 496. CARTESIUS &c.
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Das Sehen. XVI. Buch.
dieſer Leute ſich noch zu naͤheren Dingen bequemen (r).
Ein eiſerner Drath, dem man einem entfernten Thurm
gegen uͤber hielte, wurde mit einem Auge deutlich, und
der Thurm undeutlich erblikkt, und ſo ſahe dagegen der
Thurm deutlich, und der Drath nur wie ein Schatten-
ſtrich aus, woraus man offenbar erſehen koͤnne, daß ſich
das Auge aͤndern laſſe (s), und ſich bald bequeme ganz
nahe, bald aber wieder weite Dinge zu ſehen, und daß
es folglich nicht geſchikkt ſei, beiderlei Dinge mit einmal
zu ſehen.
Folglich muͤſſe ſich das Auge, um ganz nahe Dinge
vollkommen zu ſehen, in das Auge eines Kurzſichtigen
verwandeln, und ſich folglich lang machen (t), ſo wie die
Cryſtallinſe convex (u), und die Hornhaut ebenfals con-
vex werden muß: Hingegen muß es bei entfernten Din-
gen weitſehend, folglich kurz, und einerlei Linſe und Horn-
haut flaͤcher gemacht werden. Daher geſchehe es, wenn
man nahe Dinge betrachtet, deren Brennpunkt alſo in
dieſem Falle von der Hornhaut weiter abſtehe, daß nach
dem obigen, dieſer Brennpunkt dennoch auf die Nezzhaut
faͤlt. Es wird aber dieſes geſchehen, entweder wenn die
Strahlen brechende Kraͤfte einen naͤheren Brennpunkt ma-
chen, oder wenn die veraͤnderte Figur des Auges, die
Nezzhaut von der Hornhaut weiter entfernt, oder wenn
man beide Kraͤfte miteinander verbindet.
Dahingegen begebe ſich, wenn man entfernte Dinge
ſehen will (x), deren Brennpunkt diſſeits der Nezzhaut
faͤlt, an dem kuͤrzer gewordenen Auge, die Nezzhaut in
die Gegend des Brennpunkts, indeſſen daß ſich zu glei-
cher Zeit die Figur des Auges aͤndert, weil die ſchwaͤche-
ren
(r)
PORTERFIELD II. p. 3.
(s) Le CAT p. 511.
(t) SCHEINER ibid. p. 23. 167.
244. KEPLER prop. 64 PLEMP.
p. 103. MOLINETTI ed. 1 p. 18.
19. le CAT p. 466. 495. HELS-
HAM, S’ GRAVEZANDE n. 3093.
(u)
SCHEINER p. 244. CAR-
TES dioptric. c. 3. de homine 78.
HARTSOEKER pag. 77 HELS-
HAM p. 325. S’ GRAVEZANDE
n. 3094 le CAT p. 491. 495.
(x) Le CAT p. 467. 490. 496.
CARTESIUS &c.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1012. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1030>, abgerufen am 23.11.2024.
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