Außer der Aenlichkeit, war auch noch der folgende Versuch Ursache davon, daß sich der berümte Mann die Sache so einbildete, indem nemlich das Gehirn, wenn man es in Oel kocht [Spaltenumbruch](z), zu runden Hügelchens zusam- mengerinnt, und wenn man über die graue Markrinde des Gehirns Tinte gießet, so begiebt sich solche in einige Rizzen hinein, welche mitten zwischen diesen Hügelchen zerstreut liegen, welches indessen doch besser mit den Ge- hirn der Vögel und Fische angeht (a). Er zeigt auch einen Stein (b), wie eine Maulbere gestaltet, auf, wel- cher aus solchen Hügelchens zusammengepackt und im Gehirn gefunden worden war. Man könte noch hinzu- fügen, daß in den Vögeln die graue Markrinde aus ei- ner Menge Kügelchen bestehe (c), daß die hirsenförmige Hügelchen in der grauen Markrinde, vermittelst weißer Fasern, mit dem Marke verbunden sind, und daß man also diese Hügelchen, welche größer gewachsen waren, für wahre Drüsen der Markrinde selbst gehalten ha- be [Spaltenumbruch](d).
Es haben sich einige Schriftsteller des verfloßnen Jahrhunderts, diese Meinung wol gefallen lassen, und die- ser berümte Mann gab so gar von diesen Drüsen, welche er sich eingebildet hatte, Kupfer heraus (e). Selbst der große Boerhaave beliebte diesen Bau anzunemen, wie- wol er sich in den letzten Jahren seines Lebens mehr nach der Ruyschischen Theorie zuneigte (f).
Es
(z) S. 78. VIEUSSENS de ce- rebr. & nerv. cap. 10. S. 54. Sy- stem. Vas. S. 231. la CHARRIERE anat. de la tete S. 143.
(a)MALPIGH. angef. Ort; daß das Gehirn drüsig erscheine RID- LEY S. 18.
(b) Eben da. Aus dem KENT- MANN de lapid. cap. 1.
(c)COLLINS S. 1100.
(d)MANGET bibliothec. anat. praelim. S. 67.
(e)BIDLOO T. X. f. 2. BLAN- CARD anat. reform. T. 11. f. 3. Es vertheidigt auch die Gehirndrüsen LISTER exerc. anat. 2.
(f) Jn den Vorlesungen, die sonderlich von dem berühmten Feld- mann nachgeschrieben worden.
Vom Gehirne X. Buch.
Außer der Aenlichkeit, war auch noch der folgende Verſuch Urſache davon, daß ſich der beruͤmte Mann die Sache ſo einbildete, indem nemlich das Gehirn, wenn man es in Oel kocht [Spaltenumbruch](z), zu runden Huͤgelchens zuſam- mengerinnt, und wenn man uͤber die graue Markrinde des Gehirns Tinte gießet, ſo begiebt ſich ſolche in einige Rizzen hinein, welche mitten zwiſchen dieſen Huͤgelchen zerſtreut liegen, welches indeſſen doch beſſer mit den Ge- hirn der Voͤgel und Fiſche angeht (a). Er zeigt auch einen Stein (b), wie eine Maulbere geſtaltet, auf, wel- cher aus ſolchen Huͤgelchens zuſammengepackt und im Gehirn gefunden worden war. Man koͤnte noch hinzu- fuͤgen, daß in den Voͤgeln die graue Markrinde aus ei- ner Menge Kuͤgelchen beſtehe (c), daß die hirſenfoͤrmige Huͤgelchen in der grauen Markrinde, vermittelſt weißer Faſern, mit dem Marke verbunden ſind, und daß man alſo dieſe Huͤgelchen, welche groͤßer gewachſen waren, fuͤr wahre Druͤſen der Markrinde ſelbſt gehalten ha- be [Spaltenumbruch](d).
Es haben ſich einige Schriftſteller des verfloßnen Jahrhunderts, dieſe Meinung wol gefallen laſſen, und die- ſer beruͤmte Mann gab ſo gar von dieſen Druͤſen, welche er ſich eingebildet hatte, Kupfer heraus (e). Selbſt der große Boerhaave beliebte dieſen Bau anzunemen, wie- wol er ſich in den letzten Jahren ſeines Lebens mehr nach der Ruyſchiſchen Theorie zuneigte (f).
Es
(z) S. 78. VIEUSSENS de ce- rebr. & nerv. cap. 10. S. 54. Sy- ſtem. Vaſ. S. 231. la CHARRIERE anat. de la tête S. 143.
(a)MALPIGH. angef. Ort; daß das Gehirn druͤſig erſcheine RID- LEY S. 18.
(b) Eben da. Aus dem KENT- MANN de lapid. cap. 1.
(c)COLLINS S. 1100.
(d)MANGET bibliothec. anat. praelim. S. 67.
(e)BIDLOO T. X. f. 2. BLAN- CARD anat. reform. T. 11. f. 3. Es vertheidigt auch die Gehirndruͤſen LISTER exerc. anat. 2.
(f) Jn den Vorleſungen, die ſonderlich von dem beruͤhmten Feld- mann nachgeſchrieben worden.
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Vom Gehirne X. Buch.
Außer der Aenlichkeit, war auch noch der folgende
Verſuch Urſache davon, daß ſich der beruͤmte Mann die
Sache ſo einbildete, indem nemlich das Gehirn, wenn
man es in Oel kocht
(z), zu runden Huͤgelchens zuſam-
mengerinnt, und wenn man uͤber die graue Markrinde
des Gehirns Tinte gießet, ſo begiebt ſich ſolche in einige
Rizzen hinein, welche mitten zwiſchen dieſen Huͤgelchen
zerſtreut liegen, welches indeſſen doch beſſer mit den Ge-
hirn der Voͤgel und Fiſche angeht (a). Er zeigt auch
einen Stein (b), wie eine Maulbere geſtaltet, auf, wel-
cher aus ſolchen Huͤgelchens zuſammengepackt und im
Gehirn gefunden worden war. Man koͤnte noch hinzu-
fuͤgen, daß in den Voͤgeln die graue Markrinde aus ei-
ner Menge Kuͤgelchen beſtehe (c), daß die hirſenfoͤrmige
Huͤgelchen in der grauen Markrinde, vermittelſt weißer
Faſern, mit dem Marke verbunden ſind, und daß man
alſo dieſe Huͤgelchen, welche groͤßer gewachſen waren,
fuͤr wahre Druͤſen der Markrinde ſelbſt gehalten ha-
be
(d).
Es haben ſich einige Schriftſteller des verfloßnen
Jahrhunderts, dieſe Meinung wol gefallen laſſen, und die-
ſer beruͤmte Mann gab ſo gar von dieſen Druͤſen, welche
er ſich eingebildet hatte, Kupfer heraus (e). Selbſt der
große Boerhaave beliebte dieſen Bau anzunemen, wie-
wol er ſich in den letzten Jahren ſeines Lebens mehr nach
der Ruyſchiſchen Theorie zuneigte (f).
Es
(z) S. 78. VIEUSSENS de ce-
rebr. & nerv. cap. 10. S. 54. Sy-
ſtem. Vaſ. S. 231. la CHARRIERE
anat. de la tête S. 143.
(a) MALPIGH. angef. Ort; daß
das Gehirn druͤſig erſcheine RID-
LEY S. 18.
(b) Eben da. Aus dem KENT-
MANN de lapid. cap. 1.
(c) COLLINS S. 1100.
(d) MANGET bibliothec. anat.
praelim. S. 67.
(e) BIDLOO T. X. f. 2. BLAN-
CARD anat. reform. T. 11. f. 3. Es
vertheidigt auch die Gehirndruͤſen
LISTER exerc. anat. 2.
(f) Jn den Vorleſungen, die
ſonderlich von dem beruͤhmten Feld-
mann nachgeſchrieben worden.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/74>, abgerufen am 22.11.2024.
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