Es erweisen die meisten von diesen Gründen offen- bar und ganz nicht, daß Sinnen und Bewegungen ohne Lebensgeister verrichtet werden, sondern sie veranlassen nur zu vermuthen, daß nicht einmal die Nerven dazu tüchtig sind. Doch es haben auch Pflanzen ihre cilin- drische Gefässe, es hat kein Körper eine grössere Geschwin- digkeit, als eine subtile Flüßigkeit, und wenn dieselbe an kleinen Nerven keine hinlänglich grosse Gewalt hervor- bringen können, so wird in einem so kleinen, höchstwei- chen und markigen Breie der Nervenschnüre, die Schwingung noch viel geringer sein müssen.
§. 10. Ein andrer Einwurf.
Jch habe bei einer so lange her bestrittnen Materie, alle Gründe genau erwogen, um nicht das geringste auf- ser Acht zu lassen, welches man gegen die flüßige Be- schaffenheit des empfindenden und bewegenden Grund- stoffes, mit Wahrscheinlichkeit einwenden könnte r.
Mich dünkt also, daß dieses einige noch was zu sa- gen habe. Es leidet nämlich wärender Empfindung das Mark des Nerven einen Druck, man mag diese Em- pfindung von einem scharfen Körper, oder von einem Ei- sen hernehmen. Jch sehe leicht ein, daß die festen Theile meines Körpers dem Eisen widerstehen, daß dieselben leiden müssen, wenn sie getheilt werden, und es scheint also darinnen nichts wunderbares zu stecken, daß ich das- ienige fühle, welches ein Theil von mir leidet, und daß sich daher die festen Theile, wenn man sie reitzt, zusam- menziehen, und enger machen müssen; ia es scheint die- ses mit der Natur sehr überein zu stimmen s. Es scheint nämlich dieses zusammenziehen, eine Wiederher-
stellung
r Auch hat sie berühret Frik in paradox. med. p. 24.
sConf. Winter orat. inaug. p. 86.
Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
Es erweiſen die meiſten von dieſen Gruͤnden offen- bar und ganz nicht, daß Sinnen und Bewegungen ohne Lebensgeiſter verrichtet werden, ſondern ſie veranlaſſen nur zu vermuthen, daß nicht einmal die Nerven dazu tuͤchtig ſind. Doch es haben auch Pflanzen ihre cilin- driſche Gefaͤſſe, es hat kein Koͤrper eine groͤſſere Geſchwin- digkeit, als eine ſubtile Fluͤßigkeit, und wenn dieſelbe an kleinen Nerven keine hinlaͤnglich groſſe Gewalt hervor- bringen koͤnnen, ſo wird in einem ſo kleinen, hoͤchſtwei- chen und markigen Breie der Nervenſchnuͤre, die Schwingung noch viel geringer ſein muͤſſen.
§. 10. Ein andrer Einwurf.
Jch habe bei einer ſo lange her beſtrittnen Materie, alle Gruͤnde genau erwogen, um nicht das geringſte auf- ſer Acht zu laſſen, welches man gegen die fluͤßige Be- ſchaffenheit des empfindenden und bewegenden Grund- ſtoffes, mit Wahrſcheinlichkeit einwenden koͤnnte r.
Mich duͤnkt alſo, daß dieſes einige noch was zu ſa- gen habe. Es leidet naͤmlich waͤrender Empfindung das Mark des Nerven einen Druck, man mag dieſe Em- pfindung von einem ſcharfen Koͤrper, oder von einem Ei- ſen hernehmen. Jch ſehe leicht ein, daß die feſten Theile meines Koͤrpers dem Eiſen widerſtehen, daß dieſelben leiden muͤſſen, wenn ſie getheilt werden, und es ſcheint alſo darinnen nichts wunderbares zu ſtecken, daß ich das- ienige fuͤhle, welches ein Theil von mir leidet, und daß ſich daher die feſten Theile, wenn man ſie reitzt, zuſam- menziehen, und enger machen muͤſſen; ia es ſcheint die- ſes mit der Natur ſehr uͤberein zu ſtimmen s. Es ſcheint naͤmlich dieſes zuſammenziehen, eine Wiederher-
ſtellung
r Auch hat ſie beruͤhret Frik in paradox. med. p. 24.
sConf. Winter orat. inaug. p. 86.
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Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
Es erweiſen die meiſten von dieſen Gruͤnden offen-
bar und ganz nicht, daß Sinnen und Bewegungen ohne
Lebensgeiſter verrichtet werden, ſondern ſie veranlaſſen
nur zu vermuthen, daß nicht einmal die Nerven dazu
tuͤchtig ſind. Doch es haben auch Pflanzen ihre cilin-
driſche Gefaͤſſe, es hat kein Koͤrper eine groͤſſere Geſchwin-
digkeit, als eine ſubtile Fluͤßigkeit, und wenn dieſelbe an
kleinen Nerven keine hinlaͤnglich groſſe Gewalt hervor-
bringen koͤnnen, ſo wird in einem ſo kleinen, hoͤchſtwei-
chen und markigen Breie der Nervenſchnuͤre, die
Schwingung noch viel geringer ſein muͤſſen.
§. 10.
Ein andrer Einwurf.
Jch habe bei einer ſo lange her beſtrittnen Materie,
alle Gruͤnde genau erwogen, um nicht das geringſte auf-
ſer Acht zu laſſen, welches man gegen die fluͤßige Be-
ſchaffenheit des empfindenden und bewegenden Grund-
ſtoffes, mit Wahrſcheinlichkeit einwenden koͤnnte r.
Mich duͤnkt alſo, daß dieſes einige noch was zu ſa-
gen habe. Es leidet naͤmlich waͤrender Empfindung das
Mark des Nerven einen Druck, man mag dieſe Em-
pfindung von einem ſcharfen Koͤrper, oder von einem Ei-
ſen hernehmen. Jch ſehe leicht ein, daß die feſten Theile
meines Koͤrpers dem Eiſen widerſtehen, daß dieſelben
leiden muͤſſen, wenn ſie getheilt werden, und es ſcheint
alſo darinnen nichts wunderbares zu ſtecken, daß ich das-
ienige fuͤhle, welches ein Theil von mir leidet, und daß
ſich daher die feſten Theile, wenn man ſie reitzt, zuſam-
menziehen, und enger machen muͤſſen; ia es ſcheint die-
ſes mit der Natur ſehr uͤberein zu ſtimmen s. Es
ſcheint naͤmlich dieſes zuſammenziehen, eine Wiederher-
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r Auch hat ſie beruͤhret Frik in paradox. med. p. 24.
s Conf. Winter orat. inaug. p. 86.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/616>, abgerufen am 20.11.2024.
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