gungen hervorbringt, so kömmt diese von oben herab, das ist, es pflanzt sich diese Kraft von dem Gehirne und Rückenmarke herab, und bis zu den äussersten Enden der Nerven fort.
Wenn man nämlich einen ieden Nerven, er sei, wer er wolle, unterbindet oder zerschneidet, so leidet die Bewegung der Theile, welche oberhalb der Stelle des Bandes oder der Wunde ihre Nerven mitgetheilt bekom- men, nicht die geringste Unordnung, ob man gleich die Vollkommenheit des obern Nerventheils eben so wol, als die Unvollkommenheit des untern Theils verletzt hat. Es erhellet also hieraus, daß die bewegende Ursache, von dem Stamme eines Nerven, in dessen Aeste, und nicht von den Aesten in den Stamm übergehe.
Wenn ferner ein Nerve gereitzet wird, so entsteht an demienigen Muskel ein Krampf, der von diesem Nerven seine Aeste bekömmt [Spaltenumbruch]a. Wenn aber ein Nerve gereitzt wird, der vielen Muskeln zugleich oder auch ei- nem ganzen Gliede gemeinschaftlich angehört, so leiden alle dieienigen Muskeln Krämpfe, die von diesem Nerven Nerven bekommen, welche unterhalb der Gegend des Rei- tzes entspringen. Eben so werden dieienigen Gliedmas- sen lahm, die Nerven bekommen, welche unterhalb aus einem Nerven entspringen, den man gedrückt, gebunden, oder durchschnitten. Hingegen leiden dieienigen Glieder gar nichts, welche Nerven empfangen, die über dem Bande, oder der Wunde entspringen.
Wenn man daher an einem Hunde das Rückenmark reitzt, so leidet der Rücken c, und die Glieder Kräm- pfe d, welches auch vom chymischen Gifte e, vom elecktrischen Funken f, oder von einem aufgebrochenen
Ge-
aSchwammerdam angef. Ort.
cExp. nostr. 161.
dColleg. priv. Amsterd. obs. p. 30. 44. Pagani und Bonioli p. 185. Schulze de moment. mut. p. 18. exp. nostr. 155. 156. Zimmermann [Spaltenumbruch]
p. 35. 36. Vandenbos exp. 12. To- setti angef. Ort exp. 19. 20. Bagliv. p. 296. Lorry mem. des savans etrang. T. 3. p. 372.
eBagliv. p. 278.
fVandeubos angef. Ort.
Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
gungen hervorbringt, ſo koͤmmt dieſe von oben herab, das iſt, es pflanzt ſich dieſe Kraft von dem Gehirne und Ruͤckenmarke herab, und bis zu den aͤuſſerſten Enden der Nerven fort.
Wenn man naͤmlich einen ieden Nerven, er ſei, wer er wolle, unterbindet oder zerſchneidet, ſo leidet die Bewegung der Theile, welche oberhalb der Stelle des Bandes oder der Wunde ihre Nerven mitgetheilt bekom- men, nicht die geringſte Unordnung, ob man gleich die Vollkommenheit des obern Nerventheils eben ſo wol, als die Unvollkommenheit des untern Theils verletzt hat. Es erhellet alſo hieraus, daß die bewegende Urſache, von dem Stamme eines Nerven, in deſſen Aeſte, und nicht von den Aeſten in den Stamm uͤbergehe.
Wenn ferner ein Nerve gereitzet wird, ſo entſteht an demienigen Muskel ein Krampf, der von dieſem Nerven ſeine Aeſte bekoͤmmt [Spaltenumbruch]a. Wenn aber ein Nerve gereitzt wird, der vielen Muskeln zugleich oder auch ei- nem ganzen Gliede gemeinſchaftlich angehoͤrt, ſo leiden alle dieienigen Muskeln Kraͤmpfe, die von dieſem Nerven Nerven bekommen, welche unterhalb der Gegend des Rei- tzes entſpringen. Eben ſo werden dieienigen Gliedmaſ- ſen lahm, die Nerven bekommen, welche unterhalb aus einem Nerven entſpringen, den man gedruͤckt, gebunden, oder durchſchnitten. Hingegen leiden dieienigen Glieder gar nichts, welche Nerven empfangen, die uͤber dem Bande, oder der Wunde entſpringen.
Wenn man daher an einem Hunde das Ruͤckenmark reitzt, ſo leidet der Ruͤcken c, und die Glieder Kraͤm- pfe d, welches auch vom chymiſchen Gifte e, vom elecktriſchen Funken f, oder von einem aufgebrochenen
Ge-
aSchwammerdam angef. Ort.
cExp. noſtr. 161.
dColleg. priv. Amſterd. obſ. p. 30. 44. Pagani und Bonioli p. 185. Schulze de moment. mut. p. 18. exp. noſtr. 155. 156. Zimmermann [Spaltenumbruch]
p. 35. 36. Vandenbos exp. 12. To- ſetti angef. Ort exp. 19. 20. Bagliv. p. 296. Lorry mem. des ſavans etrang. T. 3. p. 372.
eBagliv. p. 278.
fVandeubos angef. Ort.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0546"n="510"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das Gehirn und die Nerven. <hirendition="#aq">X.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
gungen hervorbringt, ſo koͤmmt dieſe von oben herab,<lb/>
das iſt, es pflanzt ſich dieſe Kraft von dem Gehirne und<lb/>
Ruͤckenmarke herab, und bis zu den aͤuſſerſten Enden<lb/>
der Nerven fort.</p><lb/><p>Wenn man naͤmlich einen ieden Nerven, er ſei,<lb/>
wer er wolle, unterbindet oder zerſchneidet, ſo leidet die<lb/>
Bewegung der Theile, welche oberhalb der Stelle des<lb/>
Bandes oder der Wunde ihre Nerven mitgetheilt bekom-<lb/>
men, nicht die geringſte Unordnung, ob man gleich die<lb/>
Vollkommenheit des obern Nerventheils eben ſo wol, als<lb/>
die Unvollkommenheit des untern Theils verletzt hat. Es<lb/>
erhellet alſo hieraus, daß die bewegende Urſache, von<lb/>
dem Stamme eines Nerven, in deſſen Aeſte, und nicht<lb/>
von den Aeſten in den Stamm uͤbergehe.</p><lb/><p>Wenn ferner ein Nerve gereitzet wird, ſo entſteht<lb/>
an demienigen Muskel ein Krampf, der von dieſem<lb/>
Nerven ſeine Aeſte bekoͤmmt <cb/><noteplace="foot"n="a"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Schwammerdam</hi></hi> angef. Ort.</note>. Wenn aber ein Nerve<lb/>
gereitzt wird, der vielen Muskeln zugleich oder auch ei-<lb/>
nem ganzen Gliede gemeinſchaftlich angehoͤrt, ſo leiden<lb/>
alle dieienigen Muskeln Kraͤmpfe, die von dieſem Nerven<lb/>
Nerven bekommen, welche unterhalb der Gegend des Rei-<lb/>
tzes entſpringen. Eben ſo werden dieienigen Gliedmaſ-<lb/>ſen lahm, die Nerven bekommen, welche unterhalb aus<lb/>
einem Nerven entſpringen, den man gedruͤckt, gebunden,<lb/>
oder durchſchnitten. Hingegen leiden dieienigen Glieder<lb/>
gar nichts, welche Nerven empfangen, die uͤber dem<lb/>
Bande, oder der Wunde entſpringen.</p><lb/><p>Wenn man daher an einem Hunde das Ruͤckenmark<lb/>
reitzt, ſo leidet der Ruͤcken <noteplace="foot"n="c"><hirendition="#aq">Exp. noſtr.</hi> 161.</note>, und die Glieder Kraͤm-<lb/>
pfe <noteplace="foot"n="d"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Colleg.</hi> priv.</hi> Amſterd. <hirendition="#aq">obſ. p.<lb/>
30. 44. <hirendition="#i">Pagani</hi></hi> und <hirendition="#aq">B<hirendition="#i">onioli</hi> p. 185.<lb/><hirendition="#i">Schulze</hi> de moment. mut. p. 18.<lb/>
exp. noſtr. 155. 156. <hirendition="#i">Zimmermann</hi><lb/><cb/>
p. 35. 36. <hirendition="#i">Vandenbos</hi> exp. 12. <hirendition="#i">To-<lb/>ſetti</hi></hi> angef. Ort <hirendition="#aq">exp. 19. 20. <hirendition="#i">Bagliv.</hi><lb/>
p. 296. <hirendition="#i">Lorry</hi> mem. des ſavans<lb/>
etrang. T. 3. p.</hi> 372.</note>, welches auch vom chymiſchen Gifte <noteplace="foot"n="e"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Bagliv.</hi> p.</hi> 278.</note>, vom<lb/>
elecktriſchen Funken <noteplace="foot"n="f"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Vandeubos</hi></hi> angef. Ort.</note>, oder von einem aufgebrochenen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ge-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[510/0546]
Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
gungen hervorbringt, ſo koͤmmt dieſe von oben herab,
das iſt, es pflanzt ſich dieſe Kraft von dem Gehirne und
Ruͤckenmarke herab, und bis zu den aͤuſſerſten Enden
der Nerven fort.
Wenn man naͤmlich einen ieden Nerven, er ſei,
wer er wolle, unterbindet oder zerſchneidet, ſo leidet die
Bewegung der Theile, welche oberhalb der Stelle des
Bandes oder der Wunde ihre Nerven mitgetheilt bekom-
men, nicht die geringſte Unordnung, ob man gleich die
Vollkommenheit des obern Nerventheils eben ſo wol, als
die Unvollkommenheit des untern Theils verletzt hat. Es
erhellet alſo hieraus, daß die bewegende Urſache, von
dem Stamme eines Nerven, in deſſen Aeſte, und nicht
von den Aeſten in den Stamm uͤbergehe.
Wenn ferner ein Nerve gereitzet wird, ſo entſteht
an demienigen Muskel ein Krampf, der von dieſem
Nerven ſeine Aeſte bekoͤmmt
a. Wenn aber ein Nerve
gereitzt wird, der vielen Muskeln zugleich oder auch ei-
nem ganzen Gliede gemeinſchaftlich angehoͤrt, ſo leiden
alle dieienigen Muskeln Kraͤmpfe, die von dieſem Nerven
Nerven bekommen, welche unterhalb der Gegend des Rei-
tzes entſpringen. Eben ſo werden dieienigen Gliedmaſ-
ſen lahm, die Nerven bekommen, welche unterhalb aus
einem Nerven entſpringen, den man gedruͤckt, gebunden,
oder durchſchnitten. Hingegen leiden dieienigen Glieder
gar nichts, welche Nerven empfangen, die uͤber dem
Bande, oder der Wunde entſpringen.
Wenn man daher an einem Hunde das Ruͤckenmark
reitzt, ſo leidet der Ruͤcken c, und die Glieder Kraͤm-
pfe d, welches auch vom chymiſchen Gifte e, vom
elecktriſchen Funken f, oder von einem aufgebrochenen
Ge-
a Schwammerdam angef. Ort.
c Exp. noſtr. 161.
d Colleg. priv. Amſterd. obſ. p.
30. 44. Pagani und Bonioli p. 185.
Schulze de moment. mut. p. 18.
exp. noſtr. 155. 156. Zimmermann
p. 35. 36. Vandenbos exp. 12. To-
ſetti angef. Ort exp. 19. 20. Bagliv.
p. 296. Lorry mem. des ſavans
etrang. T. 3. p. 372.
e Bagliv. p. 278.
f Vandeubos angef. Ort.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/546>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.