Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
lebhaft und klar bleiben. Es wird sich eine andere Ge-
legenheit zeigen, wo wir von diesem bewundernswürdi-
gen Leben und der langen Fortdauer der Jdeen mit bes-
serm Rechte reden können. Es ist hier genug, wenn
ich die Sache selbst durch Versuche erweislich mache.

Es kann demnach diese Fortdauer der sinnlichen Bil-
der, welche sich im Gehirn eines Menschen, wie in ei-
nem Archive sammlen, durch verschiedene Gewaltthätig-
keiten und Gehirnkrankheiten zernichtet werden.

Es verschwindet überhaupt das Gedächtniß, wenn
das Uebel groß ist, oder nach dem Verluste des Ge-
hirns [Spaltenumbruch] l, nach einem Geschwüre desselben, wenn die
Hirnschwiele angefressen ist m, oder nach andern Gehirn-
wunden n, oder nach dem Drucke, von einem harten Ge-
wächse (gumate) o, oder, wenn das Gehirn in ein Was-
ser zerfließt p, oder auch blos von der Erschütterung des
Kopfes [Spaltenumbruch] q, von Kopfstössen q*, wie auch von andern
Ursachen q+ mehr.

Es blieb ein Mensch, dem man das Gehirn ein-
drückte, achtzehn Monate ganz dumm r, und man weiß,
daß das Gedächtniß vergangen, als iemand einen Theil
des Gehirns verlor s, welches auch durch einen Fall t
verursacht worden. Es verfiel iemand in seine erste
Kindheit wieder zurücke, bei dem man das Gehirn
trocken, zerreiblich, und gelb angelaufen fand u, da

sich
l Caldani controvers. |zu Lib.
2. Tr. 1. contr.
7.
m la Peyronie mem. de l'Acad.
1741. Extr. de l'Acad. de Mont-
pelli
1708.
n Amat. cent. 7. cur. 32. Von
einer Verwundung mit dem Ver-
luste des Auges Iordan. pest. phae-
nom. p.
275. 276.
o Daher die Tollheit Heister in
diss. Goekel n.
15.
p Vieussens nov. vas. syst. ad
fin.
q Tanaron chirurg. T. 2. p. 351.
Thue hinzu Diomed. Corn. obs. med.
c. 24. Helwig obs. p. 230. Tulp.
L. 4. c.
15.
q* Scultet. addit. obs. 38.
q+ Arvieux mem. T. 1. p. 402.
r Cabrol. alphab. obs. 21.
s Cardan. in aphorisin Hipp.
n.
451.
t Valer. Max. L. 1. Plinius L. 7.
c.
24.
u H. de Heers obs. p. 45.

Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
lebhaft und klar bleiben. Es wird ſich eine andere Ge-
legenheit zeigen, wo wir von dieſem bewundernswuͤrdi-
gen Leben und der langen Fortdauer der Jdeen mit beſ-
ſerm Rechte reden koͤnnen. Es iſt hier genug, wenn
ich die Sache ſelbſt durch Verſuche erweislich mache.

Es kann demnach dieſe Fortdauer der ſinnlichen Bil-
der, welche ſich im Gehirn eines Menſchen, wie in ei-
nem Archive ſammlen, durch verſchiedene Gewaltthaͤtig-
keiten und Gehirnkrankheiten zernichtet werden.

Es verſchwindet uͤberhaupt das Gedaͤchtniß, wenn
das Uebel groß iſt, oder nach dem Verluſte des Ge-
hirns [Spaltenumbruch] l, nach einem Geſchwuͤre deſſelben, wenn die
Hirnſchwiele angefreſſen iſt m, oder nach andern Gehirn-
wunden n, oder nach dem Drucke, von einem harten Ge-
waͤchſe (gumate) o, oder, wenn das Gehirn in ein Waſ-
ſer zerfließt p, oder auch blos von der Erſchuͤtterung des
Kopfes [Spaltenumbruch] q, von Kopfſtoͤſſen q*, wie auch von andern
Urſachen q† mehr.

Es blieb ein Menſch, dem man das Gehirn ein-
druͤckte, achtzehn Monate ganz dumm r, und man weiß,
daß das Gedaͤchtniß vergangen, als iemand einen Theil
des Gehirns verlor s, welches auch durch einen Fall t
verurſacht worden. Es verfiel iemand in ſeine erſte
Kindheit wieder zuruͤcke, bei dem man das Gehirn
trocken, zerreiblich, und gelb angelaufen fand u, da

ſich
l Caldani controverſ. |zu Lib.
2. Tr. 1. contr.
7.
m la Peyronie mem. de l’Acad.
1741. Extr. de l’Acad. de Mont-
pelli
1708.
n Amat. cent. 7. cur. 32. Von
einer Verwundung mit dem Ver-
luſte des Auges Iordan. peſt. phae-
nom. p.
275. 276.
o Daher die Tollheit Heiſter in
diſſ. Goekel n.
15.
p Vieuſſens nov. vaſ. ſyſt. ad
fin.
q Tanaron chirurg. T. 2. p. 351.
Thue hinzu Diomed. Corn. obſ. med.
c. 24. Helwig obſ. p. 230. Tulp.
L. 4. c.
15.
q* Scultet. addit. obſ. 38.
q† Arvieux mem. T. 1. p. 402.
r Cabrol. alphab. obſ. 21.
s Cardan. in aphoriſin Hipp.
n.
451.
t Valer. Max. L. 1. Plinius L. 7.
c.
24.
u H. de Heers obſ. p. 45.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0532" n="496"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Gehirn und die Nerven. <hi rendition="#aq">X.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
lebhaft und klar bleiben. Es wird &#x017F;ich eine andere Ge-<lb/>
legenheit zeigen, wo wir von die&#x017F;em bewundernswu&#x0364;rdi-<lb/>
gen Leben und der langen Fortdauer der Jdeen mit be&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erm Rechte reden ko&#x0364;nnen. Es i&#x017F;t hier genug, wenn<lb/>
ich die Sache &#x017F;elb&#x017F;t durch Ver&#x017F;uche erweislich mache.</p><lb/>
            <p>Es kann demnach die&#x017F;e Fortdauer der &#x017F;innlichen Bil-<lb/>
der, welche &#x017F;ich im Gehirn eines Men&#x017F;chen, wie in ei-<lb/>
nem Archive &#x017F;ammlen, durch ver&#x017F;chiedene Gewalttha&#x0364;tig-<lb/>
keiten und Gehirnkrankheiten zernichtet werden.</p><lb/>
            <p>Es ver&#x017F;chwindet u&#x0364;berhaupt das Geda&#x0364;chtniß, wenn<lb/>
das Uebel groß i&#x017F;t, oder nach dem Verlu&#x017F;te des Ge-<lb/>
hirns <cb/>
<note place="foot" n="l"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Caldani</hi> controver&#x017F;.</hi> |zu <hi rendition="#aq">Lib.<lb/>
2. Tr. 1. contr.</hi> 7.</note>, nach einem Ge&#x017F;chwu&#x0364;re de&#x017F;&#x017F;elben, wenn die<lb/>
Hirn&#x017F;chwiele angefre&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t <note place="foot" n="m"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">la Peyronie</hi> mem. de l&#x2019;Acad.<lb/>
1741. Extr. de l&#x2019;Acad. de Mont-<lb/>
pelli</hi> 1708.</note>, oder nach andern Gehirn-<lb/>
wunden <note place="foot" n="n"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Amat.</hi> cent. 7. cur.</hi> 32. Von<lb/>
einer Verwundung mit dem Ver-<lb/>
lu&#x017F;te des Auges <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Iordan.</hi> pe&#x017F;t. phae-<lb/>
nom. p.</hi> 275. 276.</note>, oder nach dem Drucke, von einem harten Ge-<lb/>
wa&#x0364;ch&#x017F;e (<hi rendition="#aq">gumate</hi>) <note place="foot" n="o">Daher die Tollheit <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Hei&#x017F;ter</hi> in<lb/>
di&#x017F;&#x017F;. <hi rendition="#i">Goekel</hi> n.</hi> 15.</note>, oder, wenn das Gehirn in ein Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er zerfließt <note place="foot" n="p"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Vieu&#x017F;&#x017F;ens</hi> nov. va&#x017F;. &#x017F;y&#x017F;t. ad<lb/>
fin.</hi></note>, oder auch blos von der Er&#x017F;chu&#x0364;tterung des<lb/>
Kopfes <cb/>
<note place="foot" n="q"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Tanaron</hi> chirurg. T. 2. p.</hi> 351.<lb/>
Thue hinzu <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Diomed. Corn.</hi> ob&#x017F;. med.<lb/>
c. 24. <hi rendition="#i">Helwig</hi> ob&#x017F;. p. 230. <hi rendition="#i">Tulp.</hi><lb/>
L. 4. c.</hi> 15.</note>, von Kopf&#x017F;to&#x0364;&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="q*"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Scultet.</hi> addit. ob&#x017F;.</hi> 38.</note>, wie auch von andern<lb/>
Ur&#x017F;achen <note place="foot" n="q&#x2020;"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Arvieux</hi> mem. T. 1. p.</hi> 402.</note> mehr.</p><lb/>
            <p>Es blieb ein Men&#x017F;ch, dem man das Gehirn ein-<lb/>
dru&#x0364;ckte, achtzehn Monate ganz dumm <note place="foot" n="r"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Cabrol.</hi> alphab. ob&#x017F;.</hi> 21.</note>, und man weiß,<lb/>
daß das Geda&#x0364;chtniß vergangen, als iemand einen Theil<lb/>
des Gehirns verlor <note place="foot" n="s"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Cardan.</hi> in aphori&#x017F;in Hipp.<lb/>
n.</hi> 451.</note>, welches auch durch einen Fall <note place="foot" n="t"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Valer. Max.</hi> L. 1. <hi rendition="#i">Plinius</hi> L. 7.<lb/>
c.</hi> 24.</note><lb/>
verur&#x017F;acht worden. Es verfiel iemand in &#x017F;eine er&#x017F;te<lb/>
Kindheit wieder zuru&#x0364;cke, bei dem man das Gehirn<lb/>
trocken, zerreiblich, und gelb angelaufen fand <note place="foot" n="u"><hi rendition="#aq">H. <hi rendition="#i">de Heers</hi> ob&#x017F;. p.</hi> 45.</note>, da<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ich</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[496/0532] Das Gehirn und die Nerven. X. Buch. lebhaft und klar bleiben. Es wird ſich eine andere Ge- legenheit zeigen, wo wir von dieſem bewundernswuͤrdi- gen Leben und der langen Fortdauer der Jdeen mit beſ- ſerm Rechte reden koͤnnen. Es iſt hier genug, wenn ich die Sache ſelbſt durch Verſuche erweislich mache. Es kann demnach dieſe Fortdauer der ſinnlichen Bil- der, welche ſich im Gehirn eines Menſchen, wie in ei- nem Archive ſammlen, durch verſchiedene Gewaltthaͤtig- keiten und Gehirnkrankheiten zernichtet werden. Es verſchwindet uͤberhaupt das Gedaͤchtniß, wenn das Uebel groß iſt, oder nach dem Verluſte des Ge- hirns l, nach einem Geſchwuͤre deſſelben, wenn die Hirnſchwiele angefreſſen iſt m, oder nach andern Gehirn- wunden n, oder nach dem Drucke, von einem harten Ge- waͤchſe (gumate) o, oder, wenn das Gehirn in ein Waſ- ſer zerfließt p, oder auch blos von der Erſchuͤtterung des Kopfes q, von Kopfſtoͤſſen q*, wie auch von andern Urſachen q† mehr. Es blieb ein Menſch, dem man das Gehirn ein- druͤckte, achtzehn Monate ganz dumm r, und man weiß, daß das Gedaͤchtniß vergangen, als iemand einen Theil des Gehirns verlor s, welches auch durch einen Fall t verurſacht worden. Es verfiel iemand in ſeine erſte Kindheit wieder zuruͤcke, bei dem man das Gehirn trocken, zerreiblich, und gelb angelaufen fand u, da ſich l Caldani controverſ. |zu Lib. 2. Tr. 1. contr. 7. m la Peyronie mem. de l’Acad. 1741. Extr. de l’Acad. de Mont- pelli 1708. n Amat. cent. 7. cur. 32. Von einer Verwundung mit dem Ver- luſte des Auges Iordan. peſt. phae- nom. p. 275. 276. o Daher die Tollheit Heiſter in diſſ. Goekel n. 15. p Vieuſſens nov. vaſ. ſyſt. ad fin. q Tanaron chirurg. T. 2. p. 351. Thue hinzu Diomed. Corn. obſ. med. c. 24. Helwig obſ. p. 230. Tulp. L. 4. c. 15. q* Scultet. addit. obſ. 38. q† Arvieux mem. T. 1. p. 402. r Cabrol. alphab. obſ. 21. s Cardan. in aphoriſin Hipp. n. 451. t Valer. Max. L. 1. Plinius L. 7. c. 24. u H. de Heers obſ. p. 45.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/532
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/532>, abgerufen am 22.11.2024.