§. 40. Ob das Gehirn diese Bewegung von der Luft her bekomme.
Auch darinn haben die Alten die Wahrheit getrof- fen, daß sie die Anmerkung gemacht, wie sich die Be- wegung des Gehirns nach dem Athemholen richte. Es pflegt sich aber gemeiniglich ein Jrrthum unter unsere Meinungen zu mischen. Folglich war in dem Alterthu- me die Hipotese sehr gemein, daß man die Luft durch die Nase und durch die Löcher des Siebknochens ins Ge- hirn ziehe, daß sie dieses ausdähne, und folglich die nächste Materie zu den Lebensgeistern sei [Spaltenumbruch](l).
Sie lehrten, daß diese Luft ebenfals wechselsweise eingezogen, und wieder ausgestoßen werde (l*), damit das Gehirn bei dem Ausathmen niedersinken, und im Einathmen aufschwellen könnte. Sie zeichnen auch da- zu die Wege an demienigen Knochen vor, welcher, wenn er getrocknet wird, einem Siebe ähnlich ist, und sie be- richteten, daß der feine Staub von den Tabacksblättern das Gehirn geschwärzt (m), und daß Wasser zwischen der harten Gehirnhaut und dem Gehirn einen Weg gefun- den habe (m*). Man habe auch Exempel, daß eine helle Feuchtigkeit aus der Nase geflossen (n), von der es wahrscheinlich sey, daß sie vom Gehirn hergerührt
habe.
(l)GALEN. de util. respir. ad fin. ORIBAS. S. 8. 52. V. BAVH. n. 320. SANCTO- RIVS angeführt. Ort. in 1. Fen. AVICENNA S. 330. FRA- CASSAT. de cerebr. S. 328. DVNCAN S. 89. ROSET- TVS nov. syst. S. 27.
(l*) Daß es sich seltener, als das Herz bewege, sagt C. BAVH. S. 321.
(m)STELLA de Tabaco. [Spaltenumbruch]
S. 269. 282. TAPP. de Tabaco FRACASSAT. de Cerebro S. 328. LANCIS. de nox. pal. effluv. Lib. I. P. I. cap. 14.
(m*)PACCHION. S. 34.
(n)BIDLOO in exercit. HAGEDORN Cent. 1. n. 65. Thue hinzu GLASER S. 84. Durch solchen Ausfluß ist der Staar gemildert. C. BARTHOLIN. act. Hafniens. Vol. III. S. 3 und das Kopfwehe, COLLINS S. 1041.
V. Abſchn. Die Pulsadern des Gehirns.
§. 40. Ob das Gehirn dieſe Bewegung von der Luft her bekomme.
Auch darinn haben die Alten die Wahrheit getrof- fen, daß ſie die Anmerkung gemacht, wie ſich die Be- wegung des Gehirns nach dem Athemholen richte. Es pflegt ſich aber gemeiniglich ein Jrrthum unter unſere Meinungen zu miſchen. Folglich war in dem Alterthu- me die Hipoteſe ſehr gemein, daß man die Luft durch die Naſe und durch die Loͤcher des Siebknochens ins Ge- hirn ziehe, daß ſie dieſes ausdaͤhne, und folglich die naͤchſte Materie zu den Lebensgeiſtern ſei [Spaltenumbruch](l).
Sie lehrten, daß dieſe Luft ebenfals wechſelsweiſe eingezogen, und wieder ausgeſtoßen werde (l*), damit das Gehirn bei dem Ausathmen niederſinken, und im Einathmen aufſchwellen koͤnnte. Sie zeichnen auch da- zu die Wege an demienigen Knochen vor, welcher, wenn er getrocknet wird, einem Siebe aͤhnlich iſt, und ſie be- richteten, daß der feine Staub von den Tabacksblaͤttern das Gehirn geſchwaͤrzt (m), und daß Waſſer zwiſchen der harten Gehirnhaut und dem Gehirn einen Weg gefun- den habe (m*). Man habe auch Exempel, daß eine helle Feuchtigkeit aus der Naſe gefloſſen (n), von der es wahrſcheinlich ſey, daß ſie vom Gehirn hergeruͤhrt
habe.
(l)GALEN. de util. reſpir. ad fin. ORIBAS. S. 8. 52. V. BAVH. n. 320. SANCTO- RIVS angefuͤhrt. Ort. in 1. Fen. AVICENNA S. 330. FRA- CASSAT. de cerebr. S. 328. DVNCAN S. 89. ROSET- TVS nov. ſyſt. S. 27.
(l*) Daß es ſich ſeltener, als das Herz bewege, ſagt C. BAVH. S. 321.
(m)STELLA de Tabaco. [Spaltenumbruch]
S. 269. 282. TAPP. de Tabaco FRACASSAT. de Cerebro S. 328. LANCIS. de nox. pal. effluv. Lib. I. P. I. cap. 14.
(m*)PACCHION. S. 34.
(n)BIDLOO in exercit. HAGEDORN Cent. 1. n. 65. Thue hinzu GLASER S. 84. Durch ſolchen Ausfluß iſt der Staar gemildert. C. BARTHOLIN. act. Hafniens. Vol. III. S. 3 und das Kopfwehe, COLLINS S. 1041.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0307"n="271"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">V.</hi> Abſchn. Die Pulsadern des Gehirns.</hi></fw><lb/><divn="3"><head>§. 40.<lb/>
Ob das Gehirn dieſe Bewegung von der Luft<lb/>
her bekomme.</head><lb/><p>Auch darinn haben die Alten die Wahrheit getrof-<lb/>
fen, daß ſie die Anmerkung gemacht, wie ſich die Be-<lb/>
wegung des Gehirns nach dem Athemholen richte. Es<lb/>
pflegt ſich aber gemeiniglich ein Jrrthum unter unſere<lb/>
Meinungen zu miſchen. Folglich war in dem Alterthu-<lb/>
me die Hipoteſe ſehr gemein, daß man die Luft durch<lb/>
die Naſe und durch die Loͤcher des Siebknochens ins Ge-<lb/>
hirn ziehe, daß ſie dieſes ausdaͤhne, und folglich die<lb/>
naͤchſte Materie zu den Lebensgeiſtern ſei <cb/><noteplace="foot"n="(l)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">GALEN.</hi> de util. reſpir.<lb/>
ad fin. <hirendition="#g">ORIBAS.</hi></hi> S. 8. 52. V.<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">BAVH.</hi> n. 320. <hirendition="#g">SANCTO-<lb/>
RIVS</hi></hi> angefuͤhrt. Ort. <hirendition="#aq">in 1. Fen.<lb/><hirendition="#g">AVICENNA</hi></hi> S. 330. <hirendition="#aq"><hirendition="#g">FRA-<lb/>
CASSAT.</hi> de cerebr.</hi> S. 328.<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">DVNCAN</hi></hi> S. 89. <hirendition="#aq"><hirendition="#g">ROSET-<lb/>
TVS</hi> nov. ſyſt.</hi> S. 27.</note>.</p><lb/><p>Sie lehrten, daß dieſe Luft ebenfals wechſelsweiſe<lb/>
eingezogen, und wieder ausgeſtoßen werde <noteplace="foot"n="(l*)">Daß es ſich ſeltener, als<lb/>
das Herz bewege, ſagt <hirendition="#aq">C. BAVH.</hi><lb/>
S. 321.</note>, damit<lb/>
das Gehirn bei dem Ausathmen niederſinken, und im<lb/>
Einathmen aufſchwellen koͤnnte. Sie zeichnen auch da-<lb/>
zu die Wege an demienigen Knochen vor, welcher, wenn<lb/>
er getrocknet wird, einem Siebe aͤhnlich iſt, und ſie be-<lb/>
richteten, daß der feine Staub von den Tabacksblaͤttern<lb/>
das Gehirn geſchwaͤrzt <noteplace="foot"n="(m)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">STELLA</hi> de Tabaco.</hi><lb/><cb/>
S. 269. 282. <hirendition="#aq"><hirendition="#g">TAPP.</hi> de Tabaco<lb/><hirendition="#g">FRACASSAT.</hi> de Cerebro</hi><lb/>
S. 328. <hirendition="#aq"><hirendition="#g">LANCIS.</hi> de nox. pal.<lb/>
effluv. Lib. I. P. I. cap.</hi> 14.</note>, und daß Waſſer zwiſchen<lb/>
der harten Gehirnhaut und dem Gehirn einen Weg gefun-<lb/>
den habe <noteplace="foot"n="(m*)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">PACCHION.</hi></hi> S. 34.</note>. Man habe auch Exempel, daß eine<lb/>
helle Feuchtigkeit aus der Naſe gefloſſen <noteplace="foot"n="(n)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">BIDLOO</hi> in exercit.<lb/><hirendition="#g">HAGEDORN</hi> Cent. 1. n.</hi> 65.<lb/>
Thue hinzu <hirendition="#aq"><hirendition="#g">GLASER</hi></hi> S. 84.<lb/>
Durch ſolchen Ausfluß iſt der Staar<lb/>
gemildert. <hirendition="#aq">C. <hirendition="#g">BARTHOLIN.</hi><lb/>
act. Hafniens. Vol. III.</hi> S. 3 und<lb/>
das Kopfwehe, <hirendition="#aq">COLLINS</hi> S. 1041.</note>, von der<lb/>
es wahrſcheinlich ſey, daß ſie vom Gehirn hergeruͤhrt<lb/><fwplace="bottom"type="catch">habe.</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[271/0307]
V. Abſchn. Die Pulsadern des Gehirns.
§. 40.
Ob das Gehirn dieſe Bewegung von der Luft
her bekomme.
Auch darinn haben die Alten die Wahrheit getrof-
fen, daß ſie die Anmerkung gemacht, wie ſich die Be-
wegung des Gehirns nach dem Athemholen richte. Es
pflegt ſich aber gemeiniglich ein Jrrthum unter unſere
Meinungen zu miſchen. Folglich war in dem Alterthu-
me die Hipoteſe ſehr gemein, daß man die Luft durch
die Naſe und durch die Loͤcher des Siebknochens ins Ge-
hirn ziehe, daß ſie dieſes ausdaͤhne, und folglich die
naͤchſte Materie zu den Lebensgeiſtern ſei
(l).
Sie lehrten, daß dieſe Luft ebenfals wechſelsweiſe
eingezogen, und wieder ausgeſtoßen werde (l*), damit
das Gehirn bei dem Ausathmen niederſinken, und im
Einathmen aufſchwellen koͤnnte. Sie zeichnen auch da-
zu die Wege an demienigen Knochen vor, welcher, wenn
er getrocknet wird, einem Siebe aͤhnlich iſt, und ſie be-
richteten, daß der feine Staub von den Tabacksblaͤttern
das Gehirn geſchwaͤrzt (m), und daß Waſſer zwiſchen
der harten Gehirnhaut und dem Gehirn einen Weg gefun-
den habe (m*). Man habe auch Exempel, daß eine
helle Feuchtigkeit aus der Naſe gefloſſen (n), von der
es wahrſcheinlich ſey, daß ſie vom Gehirn hergeruͤhrt
habe.
(l) GALEN. de util. reſpir.
ad fin. ORIBAS. S. 8. 52. V.
BAVH. n. 320. SANCTO-
RIVS angefuͤhrt. Ort. in 1. Fen.
AVICENNA S. 330. FRA-
CASSAT. de cerebr. S. 328.
DVNCAN S. 89. ROSET-
TVS nov. ſyſt. S. 27.
(l*) Daß es ſich ſeltener, als
das Herz bewege, ſagt C. BAVH.
S. 321.
(m) STELLA de Tabaco.
S. 269. 282. TAPP. de Tabaco
FRACASSAT. de Cerebro
S. 328. LANCIS. de nox. pal.
effluv. Lib. I. P. I. cap. 14.
(m*) PACCHION. S. 34.
(n) BIDLOO in exercit.
HAGEDORN Cent. 1. n. 65.
Thue hinzu GLASER S. 84.
Durch ſolchen Ausfluß iſt der Staar
gemildert. C. BARTHOLIN.
act. Hafniens. Vol. III. S. 3 und
das Kopfwehe, COLLINS S. 1041.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/307>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.