mehresten Theilen des menschlichen Körpers zuerst der Kopf und die harte Gehirnhaut an der Frucht zeigen, und daß hingegen die Glieder gleichsam zu allerletzt aus dem Körper der Frucht hervor zu keimen scheinen. Wir wollen aber an einem andern Orte untersuchen, ob es sich von einigen Theilen eines belebten Körpers sagen laße, daß sie früher, oder später erscheinen.
§. 5. Es hängt die harte Hirnhaut überall an der holen Hirnschaale feste an.
Man hat eine sehr berühmte Frage, die zugleich von großer Wichtigkeit ist, ob nämlich die harte Hirn- haut an der Hirnschaale frei und beweglich sey, oder ob sie ohne alle Bewegung an den Knochen dieses Haupt- theils fest anhänge. Es hat nicht an Leuten gefehlt, nicht zwar unter den Zergliederern, dennoch aber unter den Phisiologisten, oder unter solchen, deren Vortheil es war, daß sich die harte Gehirnhaut beständig bewege, und diese machten die gedachte Membrane völlig [Spaltenumbruch](p) und in allen Menschen von der Hirnschaale los. Es fehlt auch nicht an solchen, welche einen weiten Raum zwi- schen der harten Gehirnhaut, und der Hirnschaale an- nahmen (q), welche sie endlich mit Luft erfüllten (r), und da diese die Membranen durchgängig an der Hirn- schaale anhängen sahen, so vermutheten sie, daß dieses
von
(p)ORIBAS. S. 8. Jn einem gesunden Menschen PETRIOLI S. 266. daß sie schwebe, sagt CAR. DIONIS. in thes. ann. 1737. IN- GRAM cases S. 101. im Wahn- wizzigen.
(q) Daß sie von vorne von der Hirnschale abgesondert sey, sagt GLASER S. 7. daß sie weit abstehe [Spaltenumbruch]PACCHION. S. 141. Daß ein weiter Raum sey, BARTHOLIN. Instit. S. 247. vindic. anat. S. 17.
(r)MOSCA dell aere e de' mor- bi dell aria dipend. T. I. S. 230 et T. II. S. 65. Daß dieses das Gleichgewicht mit der Erweiterung des Gehirns verursache, sagt eben der an eben dem Ort.
Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
mehreſten Theilen des menſchlichen Koͤrpers zuerſt der Kopf und die harte Gehirnhaut an der Frucht zeigen, und daß hingegen die Glieder gleichſam zu allerletzt aus dem Koͤrper der Frucht hervor zu keimen ſcheinen. Wir wollen aber an einem andern Orte unterſuchen, ob es ſich von einigen Theilen eines belebten Koͤrpers ſagen laße, daß ſie fruͤher, oder ſpaͤter erſcheinen.
§. 5. Es haͤngt die harte Hirnhaut uͤberall an der holen Hirnſchaale feſte an.
Man hat eine ſehr beruͤhmte Frage, die zugleich von großer Wichtigkeit iſt, ob naͤmlich die harte Hirn- haut an der Hirnſchaale frei und beweglich ſey, oder ob ſie ohne alle Bewegung an den Knochen dieſes Haupt- theils feſt anhaͤnge. Es hat nicht an Leuten gefehlt, nicht zwar unter den Zergliederern, dennoch aber unter den Phiſiologiſten, oder unter ſolchen, deren Vortheil es war, daß ſich die harte Gehirnhaut beſtaͤndig bewege, und dieſe machten die gedachte Membrane voͤllig [Spaltenumbruch](p) und in allen Menſchen von der Hirnſchaale los. Es fehlt auch nicht an ſolchen, welche einen weiten Raum zwi- ſchen der harten Gehirnhaut, und der Hirnſchaale an- nahmen (q), welche ſie endlich mit Luft erfuͤllten (r), und da dieſe die Membranen durchgaͤngig an der Hirn- ſchaale anhaͤngen ſahen, ſo vermutheten ſie, daß dieſes
von
(p)ORIBAS. S. 8. Jn einem geſunden Menſchen PETRIOLI S. 266. daß ſie ſchwebe, ſagt CAR. DIONIS. in theſ. ann. 1737. IN- GRAM caſes S. 101. im Wahn- wizzigen.
(q) Daß ſie von vorne von der Hirnſchale abgeſondert ſey, ſagt GLASER S. 7. daß ſie weit abſtehe [Spaltenumbruch]PACCHION. S. 141. Daß ein weiter Raum ſey, BARTHOLIN. Inſtit. S. 247. vindic. anat. S. 17.
(r)MOSCA dell aere e de’ mor- bi dell aria dipend. T. I. S. 230 et T. II. S. 65. Daß dieſes das Gleichgewicht mit der Erweiterung des Gehirns verurſache, ſagt eben der an eben dem Ort.
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Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
mehreſten Theilen des menſchlichen Koͤrpers zuerſt der
Kopf und die harte Gehirnhaut an der Frucht zeigen,
und daß hingegen die Glieder gleichſam zu allerletzt aus
dem Koͤrper der Frucht hervor zu keimen ſcheinen. Wir
wollen aber an einem andern Orte unterſuchen, ob es
ſich von einigen Theilen eines belebten Koͤrpers ſagen
laße, daß ſie fruͤher, oder ſpaͤter erſcheinen.
§. 5.
Es haͤngt die harte Hirnhaut uͤberall an der holen
Hirnſchaale feſte an.
Man hat eine ſehr beruͤhmte Frage, die zugleich
von großer Wichtigkeit iſt, ob naͤmlich die harte Hirn-
haut an der Hirnſchaale frei und beweglich ſey, oder ob
ſie ohne alle Bewegung an den Knochen dieſes Haupt-
theils feſt anhaͤnge. Es hat nicht an Leuten gefehlt,
nicht zwar unter den Zergliederern, dennoch aber unter
den Phiſiologiſten, oder unter ſolchen, deren Vortheil
es war, daß ſich die harte Gehirnhaut beſtaͤndig bewege,
und dieſe machten die gedachte Membrane voͤllig
(p) und
in allen Menſchen von der Hirnſchaale los. Es fehlt
auch nicht an ſolchen, welche einen weiten Raum zwi-
ſchen der harten Gehirnhaut, und der Hirnſchaale an-
nahmen (q), welche ſie endlich mit Luft erfuͤllten (r),
und da dieſe die Membranen durchgaͤngig an der Hirn-
ſchaale anhaͤngen ſahen, ſo vermutheten ſie, daß dieſes
von
(p) ORIBAS. S. 8. Jn einem
geſunden Menſchen PETRIOLI
S. 266. daß ſie ſchwebe, ſagt CAR.
DIONIS. in theſ. ann. 1737. IN-
GRAM caſes S. 101. im Wahn-
wizzigen.
(q) Daß ſie von vorne von der
Hirnſchale abgeſondert ſey, ſagt
GLASER S. 7. daß ſie weit abſtehe
PACCHION. S. 141. Daß ein
weiter Raum ſey, BARTHOLIN.
Inſtit. S. 247. vindic. anat. S. 17.
(r) MOSCA dell aere e de’ mor-
bi dell aria dipend. T. I. S. 230
et T. II. S. 65. Daß dieſes das
Gleichgewicht mit der Erweiterung
des Gehirns verurſache, ſagt eben
der an eben dem Ort.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/180>, abgerufen am 22.07.2024.
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