vorgetragen (g), daß sie Raphel blos durch Lesung seiner Schrift erlernet hat (h). Sein Schüler war der berümte Ziegler, der noch jezzt zu Rinteln die Medicin lehrt, und vordem die Kunst eines Sprachlehrers an Tauben ge- trieben. Ausserdem hat noch ein neuerer Auctor die Re- geln des Ammann vorgetragen (i).
Kurz nach Ammann(k) gab W. Kerger, ein Li- centiat in der Mediein, einige Regeln heraus, welche er auf die deutsche Sprache gerichtet hatte, und er bemü- hete sich, Taube und Stumme in Unterricht zu nehmen (l).
Daß Elias Schulze dergleichen versprochen, als Ammann gethan, berichtet uns Raphel.
Dieser George Raphel, ein Prediger, schrieb ein vortrefliches Buch über diese Kunst, er lehrete seine eigene Tochter glükklich reden, und er gab nach eigener Erfahrung Regeln für die Kunst, die sich in so fern vom Ammann unterscheiden, daß jener reine Töne aussprechen lehrete; Raphel hingegen sogleich Silben, die aus Mit- und Selbstlautern zusammengesezzt sind, dafür lieber er- wählte. Er giebt von den Accenten, und Bedeutungen der Wörter, viele nüzzliche Erinnerungen.
Jch lese, daß man seit kurzem vom J. F. Supf(n), und Jak. Rodriguez Pereira(o), viel Rümens macht, daß ihre Schüler artig und genau, wiewohl lang- sam (p), und gleichsam aus tiefer Brust heraussprechen gelernt, indem er sich dabei eines eigenen Alphabets be- diente, wozu die Bewegungen mit den Händen die Buch- staben waren (q). Jch habe aber nichts rechts von den besondern Künsten dieses Mannes, so wenig, als von dem Kunststükke des berümten Ernault, erfaren können (q*).
(m)
§. 13.
(g)[Spaltenumbruch]Surdus loquens 1700. de lo- quela 1702. welche öfters aufgeleget worden.
(h) Vorrede seines Buchs.
(i)berard. S. 49. u. f.
(k) Jm Jahre 1704.
(l)Eph. Nat. Cur. Cent. II. app.
(n)Satur. Siles. mantiss. VIII. n. 1.
(o)bovff. hist. nat. T. III. S. 350. hist. de l'Acad 1749. S. 183.
(p)Journ. des sav. 1750. Febr.
(q) Ebenders. ebendas.
(q*) Bei dem tovssaint obs. de phys. 1757. Sept.
(m) Die Kunst, Tauben u. Stum- [Spaltenumbruch]
men reden zu lehren. Lüneb. 1718.
Die Stimme. IX. Buch.
vorgetragen (g), daß ſie Raphel blos durch Leſung ſeiner Schrift erlernet hat (h). Sein Schuͤler war der beruͤmte Ziegler, der noch jezzt zu Rinteln die Medicin lehrt, und vordem die Kunſt eines Sprachlehrers an Tauben ge- trieben. Auſſerdem hat noch ein neuerer Auctor die Re- geln des Ammann vorgetragen (i).
Kurz nach Ammann(k) gab W. Kerger, ein Li- centiat in der Mediein, einige Regeln heraus, welche er auf die deutſche Sprache gerichtet hatte, und er bemuͤ- hete ſich, Taube und Stumme in Unterricht zu nehmen (l).
Daß Elias Schulze dergleichen verſprochen, als Ammann gethan, berichtet uns Raphel.
Dieſer George Raphel, ein Prediger, ſchrieb ein vortrefliches Buch uͤber dieſe Kunſt, er lehrete ſeine eigene Tochter gluͤkklich reden, und er gab nach eigener Erfahrung Regeln fuͤr die Kunſt, die ſich in ſo fern vom Ammann unterſcheiden, daß jener reine Toͤne ausſprechen lehrete; Raphel hingegen ſogleich Silben, die aus Mit- und Selbſtlautern zuſammengeſezzt ſind, dafuͤr lieber er- waͤhlte. Er giebt von den Accenten, und Bedeutungen der Woͤrter, viele nuͤzzliche Erinnerungen.
Jch leſe, daß man ſeit kurzem vom J. F. Supf(n), und Jak. Rodriguez Pereira(o), viel Ruͤmens macht, daß ihre Schuͤler artig und genau, wiewohl lang- ſam (p), und gleichſam aus tiefer Bruſt herausſprechen gelernt, indem er ſich dabei eines eigenen Alphabets be- diente, wozu die Bewegungen mit den Haͤnden die Buch- ſtaben waren (q). Jch habe aber nichts rechts von den beſondern Kuͤnſten dieſes Mannes, ſo wenig, als von dem Kunſtſtuͤkke des beruͤmten Ernault, erfaren koͤnnen (q*).
(m)
§. 13.
(g)[Spaltenumbruch]Surdus loquens 1700. de lo- quela 1702. welche oͤfters aufgeleget worden.
(h) Vorrede ſeines Buchs.
(i)berard. S. 49. u. f.
(k) Jm Jahre 1704.
(l)Eph. Nat. Cur. Cent. II. app.
(n)Satur. Sileſ. mantiſſ. VIII. n. 1.
(o)bovff. hiſt. nat. T. III. S. 350. hiſt. de l’Acad 1749. S. 183.
(p)Journ. des ſav. 1750. Febr.
(q) Ebenderſ. ebendaſ.
(q*) Bei dem tovſſaint obſ. de phyſ. 1757. Sept.
(m) Die Kunſt, Tauben u. Stum- [Spaltenumbruch]
men reden zu lehren. Luͤneb. 1718.
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[748[750]/0756]
Die Stimme. IX. Buch.
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Ziegler, der noch jezzt zu Rinteln die Medicin lehrt, und
vordem die Kunſt eines Sprachlehrers an Tauben ge-
trieben. Auſſerdem hat noch ein neuerer Auctor die Re-
geln des Ammann vorgetragen (i).
Kurz nach Ammann (k) gab W. Kerger, ein Li-
centiat in der Mediein, einige Regeln heraus, welche er
auf die deutſche Sprache gerichtet hatte, und er bemuͤ-
hete ſich, Taube und Stumme in Unterricht zu nehmen (l).
Daß Elias Schulze dergleichen verſprochen, als
Ammann gethan, berichtet uns Raphel.
Dieſer George Raphel, ein Prediger, ſchrieb ein
vortrefliches Buch uͤber dieſe Kunſt, er lehrete ſeine
eigene Tochter gluͤkklich reden, und er gab nach eigener
Erfahrung Regeln fuͤr die Kunſt, die ſich in ſo fern vom
Ammann unterſcheiden, daß jener reine Toͤne ausſprechen
lehrete; Raphel hingegen ſogleich Silben, die aus Mit-
und Selbſtlautern zuſammengeſezzt ſind, dafuͤr lieber er-
waͤhlte. Er giebt von den Accenten, und Bedeutungen
der Woͤrter, viele nuͤzzliche Erinnerungen.
Jch leſe, daß man ſeit kurzem vom J. F. Supf (n),
und Jak. Rodriguez Pereira (o), viel Ruͤmens
macht, daß ihre Schuͤler artig und genau, wiewohl lang-
ſam (p), und gleichſam aus tiefer Bruſt herausſprechen
gelernt, indem er ſich dabei eines eigenen Alphabets be-
diente, wozu die Bewegungen mit den Haͤnden die Buch-
ſtaben waren (q). Jch habe aber nichts rechts von den
beſondern Kuͤnſten dieſes Mannes, ſo wenig, als von dem
Kunſtſtuͤkke des beruͤmten Ernault, erfaren koͤnnen (q*).
§. 13.
(m)
(g)
Surdus loquens 1700. de lo-
quela 1702. welche oͤfters aufgeleget
worden.
(h) Vorrede ſeines Buchs.
(i) berard. S. 49. u. f.
(k) Jm Jahre 1704.
(l) Eph. Nat. Cur. Cent. II. app.
(n) Satur. Sileſ. mantiſſ. VIII. n. 1.
(o) bovff. hiſt. nat. T. III. S.
350. hiſt. de l’Acad 1749. S. 183.
(p) Journ. des ſav. 1750. Febr.
(q) Ebenderſ. ebendaſ.
(q*) Bei dem tovſſaint obſ.
de phyſ. 1757. Sept.
(m) Die Kunſt, Tauben u. Stum-
men reden zu lehren. Luͤneb. 1718.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 748[750]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/756>, abgerufen am 27.11.2024.
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