Stimme verfallen können, und diesen Fehler hatte Gracchus an sich, woan ihn sein eigener Bedienter durch die Pfeife erinnern muste (f).
Derjenige, welcher einen gröbern Ton herausbringen will, als die Beschaffenheit seines Luftröhrenkopfes zu- läst, bringt ebenfalls nichts heraus (g), als einen Wind ohne Klang. Ein solcher läst nemlich die Bänder der Luströhrenspalte dergestalt nach, daß sie nicht einmal zit- tern, und er erweitert die Rizze dergestallt, daß das Ver- hältniß der Oefnung der Luftröhre gegen die Oeffnung der Spalte viel zu klein ist, und die Luft durch diese Spalte nicht so geschwinde durchfähret, als zum Zittern der Bän- der hinlänglich ist.
Man sieht daher, warum Sänger eine Anfeuchtung nöthig haben, und öfters trinken müssen, da sie, wenn sie etwas von den Theilen des Schleims zugesezzt (i), im Singen nicht weiter fortkommen können. Unsere Mem- branen werden von der Luft ausgetrokknet, sie schmerzen, wenn sie trokken werden, und sie sind, da sie weniger biegsam geworden, zu ihren Verrichtungen ungeschikkt. Jm Singen aber, und heftigen Reden, bewegt sich die Luft durch die Luftröhre geschwinder, und mit grösserer Gewalt hindurch; folglich trokknet sie den ganzen Stim- menkanal, durch den sie geht, stärker aus (i*).
§. 15. Der Unterscheid in der Sprache.
Hergenommen von der Verschiedenheit der Thiere.
Alle Thiere und Vögel, deren Karakter in allem sonst völlig gleich ist, haben demnach ihre besondere Stimme, (h)
wor-
(f)[Spaltenumbruch]
Jn dessen Leben, welches PLVTARCH beschreibt.
(g)DODART. 1707. S. 139.
(i)[Spaltenumbruch]boerh. ptael. T. V. P. 1. S. 231.
(i*) Von einem Singen entstand eine Heiserkeit von 5 Jahren, und ei- ne Stummheit, J. gottl.scheid.
(h)SCHVRIG Sialographie.
III. Abſchn. Die Toͤne.
Stimme verfallen koͤnnen, und dieſen Fehler hatte Gracchus an ſich, woan ihn ſein eigener Bedienter durch die Pfeife erinnern muſte (f).
Derjenige, welcher einen groͤbern Ton herausbringen will, als die Beſchaffenheit ſeines Luftroͤhrenkopfes zu- laͤſt, bringt ebenfalls nichts heraus (g), als einen Wind ohne Klang. Ein ſolcher laͤſt nemlich die Baͤnder der Luſtroͤhrenſpalte dergeſtalt nach, daß ſie nicht einmal zit- tern, und er erweitert die Rizze dergeſtallt, daß das Ver- haͤltniß der Oefnung der Luftroͤhre gegen die Oeffnung der Spalte viel zu klein iſt, und die Luft durch dieſe Spalte nicht ſo geſchwinde durchfaͤhret, als zum Zittern der Baͤn- der hinlaͤnglich iſt.
Man ſieht daher, warum Saͤnger eine Anfeuchtung noͤthig haben, und oͤfters trinken muͤſſen, da ſie, wenn ſie etwas von den Theilen des Schleims zugeſezzt (i), im Singen nicht weiter fortkommen koͤnnen. Unſere Mem- branen werden von der Luft ausgetrokknet, ſie ſchmerzen, wenn ſie trokken werden, und ſie ſind, da ſie weniger biegſam geworden, zu ihren Verrichtungen ungeſchikkt. Jm Singen aber, und heftigen Reden, bewegt ſich die Luft durch die Luftroͤhre geſchwinder, und mit groͤſſerer Gewalt hindurch; folglich trokknet ſie den ganzen Stim- menkanal, durch den ſie geht, ſtaͤrker aus (i*).
§. 15. Der Unterſcheid in der Sprache.
Hergenommen von der Verſchiedenheit der Thiere.
Alle Thiere und Voͤgel, deren Karakter in allem ſonſt voͤllig gleich iſt, haben demnach ihre beſondere Stimme, (h)
wor-
(f)[Spaltenumbruch]
Jn deſſen Leben, welches PLVTARCH beſchreibt.
(g)DODART. 1707. S. 139.
(i)[Spaltenumbruch]boerh. ptael. T. V. P. 1. S. 231.
(i*) Von einem Singen entſtand eine Heiſerkeit von 5 Jahren, und ei- ne Stummheit, J. gottl.ſcheid.
(h)SCHVRIG Sialographie.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0723"n="715[717]"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III.</hi> Abſchn. Die Toͤne.</hi></fw><lb/>
Stimme verfallen koͤnnen, und dieſen Fehler hatte<lb/><hirendition="#fr">Gracchus</hi> an ſich, woan ihn ſein eigener Bedienter<lb/>
durch die Pfeife erinnern muſte <noteplace="foot"n="(f)"><cb/>
Jn deſſen Leben, welches<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">PLVTARCH</hi></hi> beſchreibt.</note>.</p><lb/><p>Derjenige, welcher einen groͤbern Ton herausbringen<lb/>
will, als die Beſchaffenheit ſeines Luftroͤhrenkopfes zu-<lb/>
laͤſt, bringt ebenfalls nichts heraus <noteplace="foot"n="(g)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">DODART.</hi></hi> 1707. S. 139.</note>, als einen Wind<lb/>
ohne Klang. Ein ſolcher laͤſt nemlich die Baͤnder der<lb/>
Luſtroͤhrenſpalte dergeſtalt nach, daß ſie nicht einmal zit-<lb/>
tern, und er erweitert die Rizze dergeſtallt, daß das Ver-<lb/>
haͤltniß der Oefnung der Luftroͤhre gegen die Oeffnung der<lb/>
Spalte viel zu klein iſt, und die Luft durch dieſe Spalte<lb/>
nicht ſo geſchwinde durchfaͤhret, als zum Zittern der Baͤn-<lb/>
der hinlaͤnglich iſt.</p><lb/><p>Man ſieht daher, warum Saͤnger eine Anfeuchtung<lb/>
noͤthig haben, und oͤfters trinken muͤſſen, da ſie, wenn<lb/>ſie etwas von den Theilen des Schleims zugeſezzt <noteplace="foot"n="(i)"><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g"><hirendition="#k">boerh.</hi></hi> ptael. T. V. P.</hi> 1. S. 231.</note>, im<lb/>
Singen nicht weiter fortkommen koͤnnen. Unſere Mem-<lb/>
branen werden von der Luft ausgetrokknet, ſie ſchmerzen,<lb/>
wenn ſie trokken werden, und ſie ſind, da ſie weniger<lb/>
biegſam geworden, zu ihren Verrichtungen ungeſchikkt.<lb/>
Jm Singen aber, und heftigen Reden, bewegt ſich die<lb/>
Luft durch die Luftroͤhre geſchwinder, und mit groͤſſerer<lb/>
Gewalt hindurch; folglich trokknet ſie den ganzen Stim-<lb/>
menkanal, durch den ſie geht, ſtaͤrker aus <noteplace="foot"n="(i*)">Von einem Singen entſtand<lb/>
eine Heiſerkeit von 5 Jahren, und ei-<lb/>
ne Stummheit, <hirendition="#aq">J. <hirendition="#g"><hirendition="#k">gottl.</hi></hi><hirendition="#k">ſcheid.</hi></hi></note>.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 15.<lb/><hirendition="#b">Der Unterſcheid in der Sprache.</hi></head><lb/><p><hirendition="#fr">Hergenommen von der Verſchiedenheit der Thiere.</hi></p><lb/><p>Alle Thiere und Voͤgel, deren Karakter in allem ſonſt<lb/>
voͤllig gleich iſt, haben demnach ihre beſondere Stimme,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wor-</fw><lb/><noteplace="foot"n="(h)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">SCHVRIG</hi> Sialographie.</hi></note><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[715[717]/0723]
III. Abſchn. Die Toͤne.
Stimme verfallen koͤnnen, und dieſen Fehler hatte
Gracchus an ſich, woan ihn ſein eigener Bedienter
durch die Pfeife erinnern muſte (f).
Derjenige, welcher einen groͤbern Ton herausbringen
will, als die Beſchaffenheit ſeines Luftroͤhrenkopfes zu-
laͤſt, bringt ebenfalls nichts heraus (g), als einen Wind
ohne Klang. Ein ſolcher laͤſt nemlich die Baͤnder der
Luſtroͤhrenſpalte dergeſtalt nach, daß ſie nicht einmal zit-
tern, und er erweitert die Rizze dergeſtallt, daß das Ver-
haͤltniß der Oefnung der Luftroͤhre gegen die Oeffnung der
Spalte viel zu klein iſt, und die Luft durch dieſe Spalte
nicht ſo geſchwinde durchfaͤhret, als zum Zittern der Baͤn-
der hinlaͤnglich iſt.
Man ſieht daher, warum Saͤnger eine Anfeuchtung
noͤthig haben, und oͤfters trinken muͤſſen, da ſie, wenn
ſie etwas von den Theilen des Schleims zugeſezzt (i), im
Singen nicht weiter fortkommen koͤnnen. Unſere Mem-
branen werden von der Luft ausgetrokknet, ſie ſchmerzen,
wenn ſie trokken werden, und ſie ſind, da ſie weniger
biegſam geworden, zu ihren Verrichtungen ungeſchikkt.
Jm Singen aber, und heftigen Reden, bewegt ſich die
Luft durch die Luftroͤhre geſchwinder, und mit groͤſſerer
Gewalt hindurch; folglich trokknet ſie den ganzen Stim-
menkanal, durch den ſie geht, ſtaͤrker aus (i*).
§. 15.
Der Unterſcheid in der Sprache.
Hergenommen von der Verſchiedenheit der Thiere.
Alle Thiere und Voͤgel, deren Karakter in allem ſonſt
voͤllig gleich iſt, haben demnach ihre beſondere Stimme,
wor-
(h)
(f)
Jn deſſen Leben, welches
PLVTARCH beſchreibt.
(g) DODART. 1707. S. 139.
(i)
boerh. ptael. T. V. P. 1. S. 231.
(i*) Von einem Singen entſtand
eine Heiſerkeit von 5 Jahren, und ei-
ne Stummheit, J. gottl. ſcheid.
(h) SCHVRIG Sialographie.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 715[717]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/723>, abgerufen am 20.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.