Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Stimme. IX. Buch
wohnern der kanarischen Jnseln. Eben diese Stimme
nimmt Melodeien und Veränderungen an, nachdem sich
die Rizze der Lippen bald so, bald anders verhält, und
schlaff, oder breit wird (x*).

Daß eine andere Art von Lefzen, welche mit einem
Schließmuskel versehen sind (y), entweder einen feinen,
oder groben Ton machen, nachdem die Pforte dazu enger,
oder breiter ist, wird ein solcher als eine lächerliche An-
merkung ansehen, der sich nicht erinnert, daß die Natur
allemal ernsthaft bleibe.

§. 13.
Was bei der Stimme gemeinschaftlich vorkomme.

Wenn man dasjenige, was man bisher von der Stim-
me erwiesen, in einem Vortrage zusammen nehmen will,
so erhellet daraus, daß die Luft, vermittelst der Kräfte des
Ausathmens (z), die ich an einem andern Ort vorgetra-
gen, aus der Lunge, durch die Luftröhre (a), und deren
Spalte mit veränderlichem Ueberflusse, und verschiedener
Geschwindigkeit herausgetrieben werde, daß auf diese Art
bald ein schwächerer, bald ein stärkerer Ton entstehe (b).
Daß dieser Schall durch die Luftröhrenspalte fare, und

deren
(x*) [Spaltenumbruch] Jch will hier der Theorie
zum Besten, die die Spannungen der
Saiten zum Grunde legt, eine klei-
ne Mechanik, die ganz neu ist, und
die ich als Erfinder, der Erfahrung
eines jeden Preis gebe, von dem Ent-
stehen der Töne im Menschen, zum
Scherze mit einschichen. Man ent-
ferne allmählich die Lippen von ein-
ander, daß der untere Kinnbakken
niedersteigt, man streiche zugleich
mit dem Fingernagel an den Win-
keln des Mundes nieder, so wird man
eine natürliche Tonleiter selbst
[Spaltenumbruch] durch die Halbtöne, in der Höle des
Mundes spielen hören, welches auch
sogar in einiger Entfernung von an-
dern gehöret werden kann. Der
Uebersezzer.
(y) Lettres sur la format. S. 44.
(z) Unter dem Singen schwillt,
und wird der Unterleib hart, wins-
low
Mem.
von 1738.
(a) An einer singenden Nachti-
gall, und schreienden Gans, zittert
die Kehle, hist. of english songbirds.
S. 85. und fabric. L. II. c. 6.
(b) Vorhergeh. Nr. 8.

Die Stimme. IX. Buch
wohnern der kanariſchen Jnſeln. Eben dieſe Stimme
nimmt Melodeien und Veraͤnderungen an, nachdem ſich
die Rizze der Lippen bald ſo, bald anders verhaͤlt, und
ſchlaff, oder breit wird (x*).

Daß eine andere Art von Lefzen, welche mit einem
Schließmuskel verſehen ſind (y), entweder einen feinen,
oder groben Ton machen, nachdem die Pforte dazu enger,
oder breiter iſt, wird ein ſolcher als eine laͤcherliche An-
merkung anſehen, der ſich nicht erinnert, daß die Natur
allemal ernſthaft bleibe.

§. 13.
Was bei der Stimme gemeinſchaftlich vorkomme.

Wenn man dasjenige, was man bisher von der Stim-
me erwieſen, in einem Vortrage zuſammen nehmen will,
ſo erhellet daraus, daß die Luft, vermittelſt der Kraͤfte des
Ausathmens (z), die ich an einem andern Ort vorgetra-
gen, aus der Lunge, durch die Luftroͤhre (a), und deren
Spalte mit veraͤnderlichem Ueberfluſſe, und verſchiedener
Geſchwindigkeit herausgetrieben werde, daß auf dieſe Art
bald ein ſchwaͤcherer, bald ein ſtaͤrkerer Ton entſtehe (b).
Daß dieſer Schall durch die Luftroͤhrenſpalte fare, und

deren
(x*) [Spaltenumbruch] Jch will hier der Theorie
zum Beſten, die die Spannungen der
Saiten zum Grunde legt, eine klei-
ne Mechanik, die ganz neu iſt, und
die ich als Erfinder, der Erfahrung
eines jeden Preis gebe, von dem Ent-
ſtehen der Toͤne im Menſchen, zum
Scherze mit einſchichen. Man ent-
ferne allmaͤhlich die Lippen von ein-
ander, daß der untere Kinnbakken
niederſteigt, man ſtreiche zugleich
mit dem Fingernagel an den Win-
keln des Mundes nieder, ſo wird man
eine natuͤrliche Tonleiter ſelbſt
[Spaltenumbruch] durch die Halbtoͤne, in der Hoͤle des
Mundes ſpielen hoͤren, welches auch
ſogar in einiger Entfernung von an-
dern gehoͤret werden kann. Der
Ueberſezzer.
(y) Lettres ſur la format. S. 44.
(z) Unter dem Singen ſchwillt,
und wird der Unterleib hart, winſ-
low
Mem.
von 1738.
(a) An einer ſingenden Nachti-
gall, und ſchreienden Gans, zittert
die Kehle, hiſt. of english ſongbirds.
S. 85. und fabric. L. II. c. 6.
(b) Vorhergeh. Nr. 8.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0720" n="712[714]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Stimme. <hi rendition="#aq">IX.</hi> Buch</hi></fw><lb/>
wohnern der kanari&#x017F;chen Jn&#x017F;eln. Eben die&#x017F;e Stimme<lb/>
nimmt Melodeien und Vera&#x0364;nderungen an, nachdem &#x017F;ich<lb/>
die Rizze der Lippen bald &#x017F;o, bald anders verha&#x0364;lt, und<lb/>
&#x017F;chlaff, oder breit wird <note place="foot" n="(x*)"><cb/>
Jch will hier der Theorie<lb/>
zum Be&#x017F;ten, die die Spannungen der<lb/>
Saiten zum Grunde legt, eine klei-<lb/>
ne Mechanik, die ganz neu i&#x017F;t, und<lb/>
die ich als Erfinder, der Erfahrung<lb/>
eines jeden Preis gebe, von dem Ent-<lb/>
&#x017F;tehen der To&#x0364;ne im Men&#x017F;chen, zum<lb/>
Scherze mit ein&#x017F;chichen. Man ent-<lb/>
ferne allma&#x0364;hlich die Lippen von ein-<lb/>
ander, daß der untere Kinnbakken<lb/>
nieder&#x017F;teigt, man &#x017F;treiche zugleich<lb/>
mit dem Fingernagel an den Win-<lb/>
keln des Mundes nieder, &#x017F;o wird man<lb/>
eine natu&#x0364;rliche Tonleiter &#x017F;elb&#x017F;t<lb/><cb/>
durch die Halbto&#x0364;ne, in der Ho&#x0364;le des<lb/>
Mundes &#x017F;pielen ho&#x0364;ren, welches auch<lb/>
&#x017F;ogar in einiger Entfernung von an-<lb/>
dern geho&#x0364;ret werden kann. Der<lb/>
Ueber&#x017F;ezzer.</note>.</p><lb/>
            <p>Daß eine andere Art von Lefzen, welche mit einem<lb/>
Schließmuskel ver&#x017F;ehen &#x017F;ind <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq">Lettres &#x017F;ur la format.</hi> S. 44.</note>, entweder einen feinen,<lb/>
oder groben Ton machen, nachdem die Pforte dazu enger,<lb/>
oder breiter i&#x017F;t, wird ein &#x017F;olcher als eine la&#x0364;cherliche An-<lb/>
merkung an&#x017F;ehen, der &#x017F;ich nicht erinnert, daß die Natur<lb/>
allemal ern&#x017F;thaft bleibe.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 13.<lb/>
Was bei der Stimme gemein&#x017F;chaftlich vorkomme.</head><lb/>
            <p>Wenn man dasjenige, was man bisher von der Stim-<lb/>
me erwie&#x017F;en, in einem Vortrage zu&#x017F;ammen nehmen will,<lb/>
&#x017F;o erhellet daraus, daß die Luft, vermittel&#x017F;t der Kra&#x0364;fte des<lb/>
Ausathmens <note place="foot" n="(z)">Unter dem Singen &#x017F;chwillt,<lb/>
und wird der Unterleib hart, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">win&#x017F;-<lb/>
low</hi></hi> Mem.</hi> von 1738.</note>, die ich an einem andern Ort vorgetra-<lb/>
gen, aus der Lunge, durch die Luftro&#x0364;hre <note place="foot" n="(a)">An einer &#x017F;ingenden Nachti-<lb/>
gall, und &#x017F;chreienden Gans, zittert<lb/>
die Kehle, <hi rendition="#aq">hi&#x017F;t. of english &#x017F;ongbirds.</hi><lb/>
S. 85. und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">fabric.</hi></hi> L. II. c.</hi> 6.</note>, und deren<lb/>
Spalte mit vera&#x0364;nderlichem Ueberflu&#x017F;&#x017F;e, und ver&#x017F;chiedener<lb/>
Ge&#x017F;chwindigkeit herausgetrieben werde, daß auf die&#x017F;e Art<lb/>
bald ein &#x017F;chwa&#x0364;cherer, bald ein &#x017F;ta&#x0364;rkerer Ton ent&#x017F;tehe <note place="foot" n="(b)">Vorhergeh. Nr. 8.</note>.<lb/>
Daß die&#x017F;er Schall durch die Luftro&#x0364;hren&#x017F;palte fare, und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">deren</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[712[714]/0720] Die Stimme. IX. Buch wohnern der kanariſchen Jnſeln. Eben dieſe Stimme nimmt Melodeien und Veraͤnderungen an, nachdem ſich die Rizze der Lippen bald ſo, bald anders verhaͤlt, und ſchlaff, oder breit wird (x*). Daß eine andere Art von Lefzen, welche mit einem Schließmuskel verſehen ſind (y), entweder einen feinen, oder groben Ton machen, nachdem die Pforte dazu enger, oder breiter iſt, wird ein ſolcher als eine laͤcherliche An- merkung anſehen, der ſich nicht erinnert, daß die Natur allemal ernſthaft bleibe. §. 13. Was bei der Stimme gemeinſchaftlich vorkomme. Wenn man dasjenige, was man bisher von der Stim- me erwieſen, in einem Vortrage zuſammen nehmen will, ſo erhellet daraus, daß die Luft, vermittelſt der Kraͤfte des Ausathmens (z), die ich an einem andern Ort vorgetra- gen, aus der Lunge, durch die Luftroͤhre (a), und deren Spalte mit veraͤnderlichem Ueberfluſſe, und verſchiedener Geſchwindigkeit herausgetrieben werde, daß auf dieſe Art bald ein ſchwaͤcherer, bald ein ſtaͤrkerer Ton entſtehe (b). Daß dieſer Schall durch die Luftroͤhrenſpalte fare, und deren (x*) Jch will hier der Theorie zum Beſten, die die Spannungen der Saiten zum Grunde legt, eine klei- ne Mechanik, die ganz neu iſt, und die ich als Erfinder, der Erfahrung eines jeden Preis gebe, von dem Ent- ſtehen der Toͤne im Menſchen, zum Scherze mit einſchichen. Man ent- ferne allmaͤhlich die Lippen von ein- ander, daß der untere Kinnbakken niederſteigt, man ſtreiche zugleich mit dem Fingernagel an den Win- keln des Mundes nieder, ſo wird man eine natuͤrliche Tonleiter ſelbſt durch die Halbtoͤne, in der Hoͤle des Mundes ſpielen hoͤren, welches auch ſogar in einiger Entfernung von an- dern gehoͤret werden kann. Der Ueberſezzer. (y) Lettres ſur la format. S. 44. (z) Unter dem Singen ſchwillt, und wird der Unterleib hart, winſ- low Mem. von 1738. (a) An einer ſingenden Nachti- gall, und ſchreienden Gans, zittert die Kehle, hiſt. of english ſongbirds. S. 85. und fabric. L. II. c. 6. (b) Vorhergeh. Nr. 8.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/720
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 712[714]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/720>, abgerufen am 20.11.2024.