überdem sein eigenes, oben erzähltes Vermögen besiz- zet, sich wechselweise nachzulassen, und anzustrengen.
Man sagt noch, dieses sei aus der Ursache nachdrükk- licher, weil der Umlauf des Blutes in der Lunge ge- schwinder geschicht (u): und man könnte vermuthen, daß die viermal stärkere Geschwindigkeit des Blutes, viermal grössere Wirkungen hervorbringe, als sonst das Blut in den Schlagadern eines belebten Körpers, wie wir ge- zeigt haben, erfährt. Ja man will, daß sich das Blut nicht nur viermal, sondern zehnmal (x), fünf und zwan- zig (y), und drei und vierzigmal (z) geschwinder in der Lunge, als in den Schlagaederchen der Muskeln bewe- ge, da die Blut-und Schlagadern (a) schlaffere Anasto- mosirungen, und eine besondere drükkende Kraft haben. Dieses will man augenscheinlich an den Fröschen bestä- tigen.
Daß die Bewegung durch die Lungenblutader nicht geschwinder geschehe, hat der berühmte Bussiere erin- nert (b), und ohnlängst der vortrefliche Senac(c) dagegen eingewandt, weil in einerlei Zeit aus dieser Blutader nicht mehr Blut zur linken Kammer, als aus der Hol- ader zur rechten Kammer käme.
Nach ihm hat Vieussens(d), und vor kurzem, der wegen der vortreflichen Thalente berühmte, aber durch einen frühzeitigen Tod der Welt entrissne J. Gott- lob Krüger(e) behauptet, daß die Geschwindigkeit des in der Lunge umlaufenden Blutes, anstatt grösser zu seyn,
viel-
(u)[Spaltenumbruch]
Daß das Blut in der Lungen- blutader schneller fliesse, als in der Holader, lancisivs. S. 58. Daß in der Lunge des Wassersala- manders das Blut reissend schnell laufe, MOLYNEVX beim BIRCH. T. IV. S. 305.
(x)HENSHAW.
(y)DAOVST. angef. Ort. n. 40. Dabei er sich des Arguments [Spaltenumbruch]
bedient, die Lunge sei nicht grösser, als des Körpers, welches nicht gegründet ist.
Man ſagt noch, dieſes ſei aus der Urſache nachdruͤkk- licher, weil der Umlauf des Blutes in der Lunge ge- ſchwinder geſchicht (u): und man koͤnnte vermuthen, daß die viermal ſtaͤrkere Geſchwindigkeit des Blutes, viermal groͤſſere Wirkungen hervorbringe, als ſonſt das Blut in den Schlagadern eines belebten Koͤrpers, wie wir ge- zeigt haben, erfaͤhrt. Ja man will, daß ſich das Blut nicht nur viermal, ſondern zehnmal (x), fuͤnf und zwan- zig (y), und drei und vierzigmal (z) geſchwinder in der Lunge, als in den Schlagaederchen der Muskeln bewe- ge, da die Blut-und Schlagadern (a) ſchlaffere Anaſto- moſirungen, und eine beſondere druͤkkende Kraft haben. Dieſes will man augenſcheinlich an den Froͤſchen beſtaͤ- tigen.
Daß die Bewegung durch die Lungenblutader nicht geſchwinder geſchehe, hat der beruͤhmte Buſſiere erin- nert (b), und ohnlaͤngſt der vortrefliche Senac(c) dagegen eingewandt, weil in einerlei Zeit aus dieſer Blutader nicht mehr Blut zur linken Kammer, als aus der Hol- ader zur rechten Kammer kaͤme.
Nach ihm hat Vieuſſens(d), und vor kurzem, der wegen der vortreflichen Thalente beruͤhmte, aber durch einen fruͤhzeitigen Tod der Welt entriſſne J. Gott- lob Kruͤger(e) behauptet, daß die Geſchwindigkeit des in der Lunge umlaufenden Blutes, anſtatt groͤſſer zu ſeyn,
viel-
(u)[Spaltenumbruch]
Daß das Blut in der Lungen- blutader ſchneller flieſſe, als in der Holader, lanciſivſ. S. 58. Daß in der Lunge des Waſſerſala- manders das Blut reiſſend ſchnell laufe, MOLYNEVX beim BIRCH. T. IV. S. 305.
(x)HENSHAW.
(y)DAOVST. angef. Ort. n. 40. Dabei er ſich des Arguments [Spaltenumbruch]
bedient, die Lunge ſei nicht groͤſſer, als des Koͤrpers, welches nicht gegruͤndet iſt.
(z)HALES haemaſt. S. 68.
(a)Phil. tranſ. n. 280.
(b)LETTRE a MERY. S. 27. 28. 29.
(c)Traite du coeur. T. II. S. 161.
(d) Ebendaſ. S. 97.
(e)Phyſiolog. n. 210. 213.
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[556[558]/0564]
Das Atemholen. VIII. Buch.
uͤberdem ſein eigenes, oben erzaͤhltes Vermoͤgen beſiz-
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Man ſagt noch, dieſes ſei aus der Urſache nachdruͤkk-
licher, weil der Umlauf des Blutes in der Lunge ge-
ſchwinder geſchicht (u): und man koͤnnte vermuthen, daß
die viermal ſtaͤrkere Geſchwindigkeit des Blutes, viermal
groͤſſere Wirkungen hervorbringe, als ſonſt das Blut
in den Schlagadern eines belebten Koͤrpers, wie wir ge-
zeigt haben, erfaͤhrt. Ja man will, daß ſich das Blut
nicht nur viermal, ſondern zehnmal (x), fuͤnf und zwan-
zig (y), und drei und vierzigmal (z) geſchwinder in der
Lunge, als in den Schlagaederchen der Muskeln bewe-
ge, da die Blut-und Schlagadern (a) ſchlaffere Anaſto-
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Dieſes will man augenſcheinlich an den Froͤſchen beſtaͤ-
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Daß die Bewegung durch die Lungenblutader nicht
geſchwinder geſchehe, hat der beruͤhmte Buſſiere erin-
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eingewandt, weil in einerlei Zeit aus dieſer Blutader
nicht mehr Blut zur linken Kammer, als aus der Hol-
ader zur rechten Kammer kaͤme.
Nach ihm hat Vieuſſens (d), und vor kurzem,
der wegen der vortreflichen Thalente beruͤhmte, aber
durch einen fruͤhzeitigen Tod der Welt entriſſne J. Gott-
lob Kruͤger (e) behauptet, daß die Geſchwindigkeit des
in der Lunge umlaufenden Blutes, anſtatt groͤſſer zu ſeyn,
viel-
(u)
Daß das Blut in der Lungen-
blutader ſchneller flieſſe, als in der
Holader, lanciſivſ. S. 58.
Daß in der Lunge des Waſſerſala-
manders das Blut reiſſend ſchnell
laufe, MOLYNEVX beim
BIRCH. T. IV. S. 305.
(x) HENSHAW.
(y) DAOVST. angef. Ort.
n. 40. Dabei er ſich des Arguments
bedient, die Lunge ſei nicht groͤſſer,
als [FORMEL] des Koͤrpers, welches nicht
gegruͤndet iſt.
(z) HALES haemaſt. S. 68.
(a) Phil. tranſ. n. 280.
(b) LETTRE a MERY. S.
27. 28. 29.
(c) Traite du coeur. T. II. S. 161.
(d) Ebendaſ. S. 97.
(e) Phyſiolog. n. 210. 213.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 556[558]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/564>, abgerufen am 22.11.2024.
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