worden, daß Früchte die man vor kurzem aus Mutter- leibe geschnitten, und im Amnios läst, mitten im Wasser lebe (b), durch den Mund schnappen, sich bewegen, und nur denn umkommen, wenn man glauben kann, daß ein so zartes Thier, welches sehr wenig eigne Wärme hat, ohnedem sonst umkommen müste, welches endlich nach einigen Stunden, oder den folgenden Tag zu geschehen pflegt (d). Nachgehens, wenn man die Fruchthaut zerreist, und die Frucht herausnimmt, und an die freie Luft bringt, so wird es nach Luft schnappen, und entwe- der lebhafter, oder schläfrig Luft schöpfen (e). Wenn sie dieses gethan, so verliert die Frucht zu gleicher Zeit das Vermögen unter Wasser zu leben, und sie stirbt so gleich, so bald ihr der Gebrauch der Luft benommen wird. Dieses ist ein Problem, welches Harvey(f) vorgetragen, und verschiedne Männer auf mancherlei Weise aufzulösen ge- sucht haben.
Erstlich, mus man das Wunder nicht über die Ge- bühr vergrössern. Es verliert die Frucht das Vermö- gen, die Luft zu entbehren, nicht durch einen glözzlichen, oder einen einzigen Atemzug. Jch habe ein Hündchen, welches einmal Atem geholt hatte, und dessen Lunge im Wasser schwamm, doch eine halbe Stunde lang in lauli- chem Wasser leben gesehen (g). Es hat Bohn(h), und zwar zu zweien malen, gesehen, daß eine Frucht, welche Atem geholt hatte, und lebte, etliche Stunden, so gar unter der Erde, ohne Luft gelebt. Doch es leben auch neugeborne Thiere, wenn die Luftröhre unterbunden, oder gehemmt worden, noch, und sie leben ganzer 24 (c)
Stun-
[Spaltenumbruch]Gall. ann. I. M. Jan. birch. T. II. S. 232. 233. T. III. S. 404. MOE- BIVS diss. inaug. obs. 13.
(b)[Spaltenumbruch]
Daß das Herz schlage, nym- mann de vit. fet. S. 31.
(d)BIRCH. T. III. S. 404.
(e)Mem. sur la respir. ang. Ort.
(f)De gener. anim. S. 263.
(g) Angef. Ort. exp. 128.
(h)Infanticid. S. 79.
(c)Exp. 126. 127. 128. 129. 130. [Spaltenumbruch]Plater, Birch, Vesal, u. s. f.
V. Abſchn. Der Nuzzen.
worden, daß Fruͤchte die man vor kurzem aus Mutter- leibe geſchnitten, und im Amnios laͤſt, mitten im Waſſer lebe (b), durch den Mund ſchnappen, ſich bewegen, und nur denn umkommen, wenn man glauben kann, daß ein ſo zartes Thier, welches ſehr wenig eigne Waͤrme hat, ohnedem ſonſt umkommen muͤſte, welches endlich nach einigen Stunden, oder den folgenden Tag zu geſchehen pflegt (d). Nachgehens, wenn man die Fruchthaut zerreiſt, und die Frucht herausnimmt, und an die freie Luft bringt, ſo wird es nach Luft ſchnappen, und entwe- der lebhafter, oder ſchlaͤfrig Luft ſchoͤpfen (e). Wenn ſie dieſes gethan, ſo verliert die Frucht zu gleicher Zeit das Vermoͤgen unter Waſſer zu leben, und ſie ſtirbt ſo gleich, ſo bald ihr der Gebrauch der Luft benommen wird. Dieſes iſt ein Problem, welches Harvey(f) vorgetragen, und verſchiedne Maͤnner auf mancherlei Weiſe aufzuloͤſen ge- ſucht haben.
Erſtlich, mus man das Wunder nicht uͤber die Ge- buͤhr vergroͤſſern. Es verliert die Frucht das Vermoͤ- gen, die Luft zu entbehren, nicht durch einen gloͤzzlichen, oder einen einzigen Atemzug. Jch habe ein Huͤndchen, welches einmal Atem geholt hatte, und deſſen Lunge im Waſſer ſchwamm, doch eine halbe Stunde lang in lauli- chem Waſſer leben geſehen (g). Es hat Bohn(h), und zwar zu zweien malen, geſehen, daß eine Frucht, welche Atem geholt hatte, und lebte, etliche Stunden, ſo gar unter der Erde, ohne Luft gelebt. Doch es leben auch neugeborne Thiere, wenn die Luftroͤhre unterbunden, oder gehemmt worden, noch, und ſie leben ganzer 24 (c)
Stun-
[Spaltenumbruch]Gall. ann. I. M. Jan. birch. T. II. S. 232. 233. T. III. S. 404. MOE- BIVS diſſ. inaug. obſ. 13.
(b)[Spaltenumbruch]
Daß das Herz ſchlage, nym- mann de vit. fet. S. 31.
(d)BIRCH. T. III. S. 404.
(e)Mem. ſur la reſpir. ang. Ort.
(f)De gener. anim. S. 263.
(g) Angef. Ort. exp. 128.
(h)Infanticid. S. 79.
(c)Exp. 126. 127. 128. 129. 130. [Spaltenumbruch]Plater, Birch, Veſal, u. ſ. f.
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V. Abſchn. Der Nuzzen.
worden, daß Fruͤchte die man vor kurzem aus Mutter-
leibe geſchnitten, und im Amnios laͤſt, mitten im Waſſer
lebe (b), durch den Mund ſchnappen, ſich bewegen, und
nur denn umkommen, wenn man glauben kann, daß ein
ſo zartes Thier, welches ſehr wenig eigne Waͤrme hat,
ohnedem ſonſt umkommen muͤſte, welches endlich nach
einigen Stunden, oder den folgenden Tag zu geſchehen
pflegt (d). Nachgehens, wenn man die Fruchthaut
zerreiſt, und die Frucht herausnimmt, und an die freie
Luft bringt, ſo wird es nach Luft ſchnappen, und entwe-
der lebhafter, oder ſchlaͤfrig Luft ſchoͤpfen (e). Wenn ſie
dieſes gethan, ſo verliert die Frucht zu gleicher Zeit das
Vermoͤgen unter Waſſer zu leben, und ſie ſtirbt ſo gleich,
ſo bald ihr der Gebrauch der Luft benommen wird. Dieſes
iſt ein Problem, welches Harvey (f) vorgetragen, und
verſchiedne Maͤnner auf mancherlei Weiſe aufzuloͤſen ge-
ſucht haben.
Erſtlich, mus man das Wunder nicht uͤber die Ge-
buͤhr vergroͤſſern. Es verliert die Frucht das Vermoͤ-
gen, die Luft zu entbehren, nicht durch einen gloͤzzlichen,
oder einen einzigen Atemzug. Jch habe ein Huͤndchen,
welches einmal Atem geholt hatte, und deſſen Lunge im
Waſſer ſchwamm, doch eine halbe Stunde lang in lauli-
chem Waſſer leben geſehen (g). Es hat Bohn (h), und
zwar zu zweien malen, geſehen, daß eine Frucht, welche
Atem geholt hatte, und lebte, etliche Stunden, ſo gar
unter der Erde, ohne Luft gelebt. Doch es leben auch
neugeborne Thiere, wenn die Luftroͤhre unterbunden,
oder gehemmt worden, noch, und ſie leben ganzer 24
Stun-
(a)
(c)
(b)
Daß das Herz ſchlage, nym-
mann de vit. fet. S. 31.
(d) BIRCH. T. III. S. 404.
(e) Mem. ſur la reſpir. ang. Ort.
(f) De gener. anim. S. 263.
(g) Angef. Ort. exp. 128.
(h) Infanticid. S. 79.
(a)
Gall. ann. I. M. Jan. birch. T. II.
S. 232. 233. T. III. S. 404. MOE-
BIVS diſſ. inaug. obſ. 13.
(c) Exp. 126. 127. 128. 129. 130.
Plater, Birch, Veſal, u. ſ. f.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/499>, abgerufen am 16.02.2025.
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