Lachen gefährlich (h). Jch glaube nicht, daß an unver- nünftigen Thieren ein wirkliches Lachen, das von der Fröhlichkeit entstünde, bemerkt werden könne, ob es gleich einige bejahen (i). Es scheint das Lachen dem Menschen so angeboren zu seyn, daß ein, unter den Bären gezog- ner Knabe, ob er gleich nicht redete, dennoch lachte (k).
§. 38. Das Weinen.
Die Wollust ist mit dem Schmerzen, das Weinen mit dem Lachen sehr nahe verwandt, wenigstens nach den Gesichtszügen betrachtet, welche sich bisweilen in beiden schwerlich von einander unterscheiden lassen (l). Jndes- sen wird doch die Unterlefze von den Zähnen mehr her- abgezogen, es wirft die Stirn Runzeln auf, die Au- genbranen sinken nieder, es drükkt sich keine solche Gru- be zwischen dem Lachmuskel, und dem Jochmuskel ein, im Weinen werden die Augen tiefer zusammengedrükkt, es vereinigen sich dabei fast nothwendiger Weise, und häufige Thränen, welches schon im Lachen seltner ge- schicht. Auch im Geschäfte des Atemholens haben beide viel Aehnlichkeit. Das Weinen fängt sich mit einem grössern Einatmen an, auf welches abgesezzte und häufige Ausatmungen folgen, indem das Zwerchfell wechselweise in die Höhe steigt, und geschwinde wieder niederfällt (m): dieses endigt sich in einem schallenden und stärkern Aus- atmen, worauf sogleich ein tiefes Einatmen, oder das Seufzen folgt.
Die
(h)[Spaltenumbruch]F. M. HELMONT. para- dox. discours. of man. S. 76.
(i)Eph. Nat. Cur. Dec. III. ann. V. VI. app.
(k)schelh. de voce. S. 20.
(l)Eph. Nat. Cur. Dec. II. ann. [Spaltenumbruch]
8. obs. 176.
(m)SCHREIBER. angef Ort. S. 8. Nicolai vom Weinen. S. 122. Schaarschwidt Berl. Nachricht. 1740. n. 46. walther de eru- bescont. S. 4.
H h 2
IIII. Abſchn. deſſen Erſcheinungen.
Lachen gefaͤhrlich (h). Jch glaube nicht, daß an unver- nuͤnftigen Thieren ein wirkliches Lachen, das von der Froͤhlichkeit entſtuͤnde, bemerkt werden koͤnne, ob es gleich einige bejahen (i). Es ſcheint das Lachen dem Menſchen ſo angeboren zu ſeyn, daß ein, unter den Baͤren gezog- ner Knabe, ob er gleich nicht redete, dennoch lachte (k).
§. 38. Das Weinen.
Die Wolluſt iſt mit dem Schmerzen, das Weinen mit dem Lachen ſehr nahe verwandt, wenigſtens nach den Geſichtszuͤgen betrachtet, welche ſich bisweilen in beiden ſchwerlich von einander unterſcheiden laſſen (l). Jndeſ- ſen wird doch die Unterlefze von den Zaͤhnen mehr her- abgezogen, es wirft die Stirn Runzeln auf, die Au- genbranen ſinken nieder, es druͤkkt ſich keine ſolche Gru- be zwiſchen dem Lachmuskel, und dem Jochmuskel ein, im Weinen werden die Augen tiefer zuſammengedruͤkkt, es vereinigen ſich dabei faſt nothwendiger Weiſe, und haͤufige Thraͤnen, welches ſchon im Lachen ſeltner ge- ſchicht. Auch im Geſchaͤfte des Atemholens haben beide viel Aehnlichkeit. Das Weinen faͤngt ſich mit einem groͤſſern Einatmen an, auf welches abgeſezzte und haͤufige Ausatmungen folgen, indem das Zwerchfell wechſelweiſe in die Hoͤhe ſteigt, und geſchwinde wieder niederfaͤllt (m): dieſes endigt ſich in einem ſchallenden und ſtaͤrkern Aus- atmen, worauf ſogleich ein tiefes Einatmen, oder das Seufzen folgt.
Die
(h)[Spaltenumbruch]F. M. HELMONT. para- dox. diſcourſ. of man. S. 76.
(i)Eph. Nat. Cur. Dec. III. ann. V. VI. app.
(k)ſchelh. de voce. S. 20.
(l)Eph. Nat. Cur. Dec. II. ann. [Spaltenumbruch]
8. obſ. 176.
(m)SCHREIBER. angef Ort. S. 8. Nicolai vom Weinen. S. 122. Schaarſchwidt Berl. Nachricht. 1740. n. 46. walther de eru- beſcont. S. 4.
H h 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0489"n="483"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">IIII.</hi> Abſchn. deſſen Erſcheinungen.</hi></fw><lb/>
Lachen gefaͤhrlich <noteplace="foot"n="(h)"><cb/><hirendition="#aq">F. M. <hirendition="#g">HELMONT.</hi> para-<lb/>
dox. diſcourſ. of man.</hi> S. 76.</note>. Jch glaube nicht, daß an unver-<lb/>
nuͤnftigen Thieren ein wirkliches Lachen, das von der<lb/>
Froͤhlichkeit entſtuͤnde, bemerkt werden koͤnne, ob es gleich<lb/>
einige bejahen <noteplace="foot"n="(i)"><hirendition="#aq">Eph. Nat. Cur. Dec. III. ann.<lb/>
V. VI. app.</hi></note>. Es ſcheint das Lachen dem Menſchen<lb/>ſo angeboren zu ſeyn, daß ein, unter den Baͤren gezog-<lb/>
ner Knabe, ob er gleich nicht redete, dennoch lachte <noteplace="foot"n="(k)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g"><hirendition="#k">ſchelh.</hi></hi> de voce.</hi> S. 20.</note>.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 38.<lb/><hirendition="#b">Das Weinen.</hi></head><lb/><p>Die Wolluſt iſt mit dem Schmerzen, das Weinen<lb/>
mit dem Lachen ſehr nahe verwandt, wenigſtens nach den<lb/>
Geſichtszuͤgen betrachtet, welche ſich bisweilen in beiden<lb/>ſchwerlich von einander unterſcheiden laſſen <noteplace="foot"n="(l)"><hirendition="#aq">Eph. Nat. Cur. Dec. II. ann.</hi><lb/><cb/>
8. <hirendition="#aq">obſ.</hi> 176.</note>. Jndeſ-<lb/>ſen wird doch die Unterlefze von den Zaͤhnen mehr her-<lb/>
abgezogen, es wirft die Stirn Runzeln auf, die Au-<lb/>
genbranen ſinken nieder, es druͤkkt ſich keine ſolche Gru-<lb/>
be zwiſchen dem Lachmuskel, und dem Jochmuskel ein,<lb/>
im Weinen werden die Augen tiefer zuſammengedruͤkkt,<lb/>
es vereinigen ſich dabei faſt nothwendiger Weiſe, und<lb/>
haͤufige Thraͤnen, welches ſchon im Lachen ſeltner ge-<lb/>ſchicht. Auch im Geſchaͤfte des Atemholens haben beide<lb/>
viel Aehnlichkeit. Das Weinen faͤngt ſich mit einem<lb/>
groͤſſern Einatmen an, auf welches abgeſezzte und haͤufige<lb/>
Ausatmungen folgen, indem das Zwerchfell wechſelweiſe<lb/>
in die Hoͤhe ſteigt, und geſchwinde wieder niederfaͤllt <noteplace="foot"n="(m)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">SCHREIBER.</hi></hi> angef Ort.<lb/>
S. 8. <hirendition="#fr">Nicolai</hi> vom Weinen. S. 122.<lb/><hirendition="#fr">Schaarſchwidt</hi> Berl. Nachricht.<lb/>
1740. <hirendition="#aq">n. 46. <hirendition="#g"><hirendition="#k">walther</hi></hi> de eru-<lb/>
beſcont.</hi> S. 4.</note>:<lb/>
dieſes endigt ſich in einem ſchallenden und ſtaͤrkern Aus-<lb/>
atmen, worauf ſogleich ein tiefes Einatmen, oder das<lb/>
Seufzen folgt.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">H h 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[483/0489]
IIII. Abſchn. deſſen Erſcheinungen.
Lachen gefaͤhrlich (h). Jch glaube nicht, daß an unver-
nuͤnftigen Thieren ein wirkliches Lachen, das von der
Froͤhlichkeit entſtuͤnde, bemerkt werden koͤnne, ob es gleich
einige bejahen (i). Es ſcheint das Lachen dem Menſchen
ſo angeboren zu ſeyn, daß ein, unter den Baͤren gezog-
ner Knabe, ob er gleich nicht redete, dennoch lachte (k).
§. 38.
Das Weinen.
Die Wolluſt iſt mit dem Schmerzen, das Weinen
mit dem Lachen ſehr nahe verwandt, wenigſtens nach den
Geſichtszuͤgen betrachtet, welche ſich bisweilen in beiden
ſchwerlich von einander unterſcheiden laſſen (l). Jndeſ-
ſen wird doch die Unterlefze von den Zaͤhnen mehr her-
abgezogen, es wirft die Stirn Runzeln auf, die Au-
genbranen ſinken nieder, es druͤkkt ſich keine ſolche Gru-
be zwiſchen dem Lachmuskel, und dem Jochmuskel ein,
im Weinen werden die Augen tiefer zuſammengedruͤkkt,
es vereinigen ſich dabei faſt nothwendiger Weiſe, und
haͤufige Thraͤnen, welches ſchon im Lachen ſeltner ge-
ſchicht. Auch im Geſchaͤfte des Atemholens haben beide
viel Aehnlichkeit. Das Weinen faͤngt ſich mit einem
groͤſſern Einatmen an, auf welches abgeſezzte und haͤufige
Ausatmungen folgen, indem das Zwerchfell wechſelweiſe
in die Hoͤhe ſteigt, und geſchwinde wieder niederfaͤllt (m):
dieſes endigt ſich in einem ſchallenden und ſtaͤrkern Aus-
atmen, worauf ſogleich ein tiefes Einatmen, oder das
Seufzen folgt.
Die
(h)
F. M. HELMONT. para-
dox. diſcourſ. of man. S. 76.
(i) Eph. Nat. Cur. Dec. III. ann.
V. VI. app.
(k) ſchelh. de voce. S. 20.
(l) Eph. Nat. Cur. Dec. II. ann.
8. obſ. 176.
(m) SCHREIBER. angef Ort.
S. 8. Nicolai vom Weinen. S. 122.
Schaarſchwidt Berl. Nachricht.
1740. n. 46. walther de eru-
beſcont. S. 4.
H h 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/489>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.